darf sie so nennen, sie weiß, wie lieb ich sie ge- wonnen habe -- nicht in der ältesten Familie des Reichs haben wollte, und nun weigern Sie sich, ja Sie, zwei Lieblinge Ihres Herzens allen Nöthen zu entheben. Und weßhalb weigern Sie sich? Einer Form, einer armseligen Form wegen, deren Verletzung Ihnen möglicherweise eine kleine Unan- nehmlichkeit im Amte machen könnte. O Ihr Anderen, wann werdet Ihr doch ablassen, Euch über uns aufzuhalten? Ich bin doch besser als Sie. Denn ich ward wenigstens von dem königlichen Gemüthe dieses Kindes, welches ich nun mit Freuden für meine Verwandte, Gräfin Waldburg, erkenne, rasch bekehrt. Sie aber scheinen der Bitte einer Frau unnahbar zu seyn, die nur begehrt, was der Augen- blick gebietet, den Sie mir ja auch als Lehrer der Menschen angepriesen haben. -- Wohl, ich dringe nicht weiter in Sie. Aber die Zukunft der Beiden schiebe ich Ihnen in Ihr Gewissen. Für alle Quälereien, Hemmungen, Verdrießlichkeiten oder gar Mißgeschicke, welche Oswald und Lisbeth noch haben können, bin ich für meine Person nicht ferner verantwortlich.
Der Diaconus stand betreten. Von Anfang an hatte ja eine Stimme in seinem Inneren für
darf ſie ſo nennen, ſie weiß, wie lieb ich ſie ge- wonnen habe — nicht in der älteſten Familie des Reichs haben wollte, und nun weigern Sie ſich, ja Sie, zwei Lieblinge Ihres Herzens allen Nöthen zu entheben. Und weßhalb weigern Sie ſich? Einer Form, einer armſeligen Form wegen, deren Verletzung Ihnen möglicherweiſe eine kleine Unan- nehmlichkeit im Amte machen könnte. O Ihr Anderen, wann werdet Ihr doch ablaſſen, Euch über uns aufzuhalten? Ich bin doch beſſer als Sie. Denn ich ward wenigſtens von dem königlichen Gemüthe dieſes Kindes, welches ich nun mit Freuden für meine Verwandte, Gräfin Waldburg, erkenne, raſch bekehrt. Sie aber ſcheinen der Bitte einer Frau unnahbar zu ſeyn, die nur begehrt, was der Augen- blick gebietet, den Sie mir ja auch als Lehrer der Menſchen angeprieſen haben. — Wohl, ich dringe nicht weiter in Sie. Aber die Zukunft der Beiden ſchiebe ich Ihnen in Ihr Gewiſſen. Für alle Quälereien, Hemmungen, Verdrießlichkeiten oder gar Mißgeſchicke, welche Oswald und Lisbeth noch haben können, bin ich für meine Perſon nicht ferner verantwortlich.
Der Diaconus ſtand betreten. Von Anfang an hatte ja eine Stimme in ſeinem Inneren für
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0305"n="293"/>
darf ſie ſo nennen, ſie weiß, wie lieb ich ſie ge-<lb/>
wonnen habe — nicht in der älteſten Familie des<lb/>
Reichs haben wollte, und nun weigern Sie ſich,<lb/>
ja <hirendition="#g">Sie</hi>, zwei Lieblinge Ihres Herzens allen Nöthen<lb/>
zu entheben. Und weßhalb weigern Sie ſich?<lb/>
Einer Form, einer armſeligen Form wegen, deren<lb/>
Verletzung Ihnen möglicherweiſe eine kleine Unan-<lb/>
nehmlichkeit im Amte machen könnte. O Ihr Anderen,<lb/>
wann werdet Ihr doch ablaſſen, Euch über uns<lb/>
aufzuhalten? Ich bin doch beſſer als Sie. Denn<lb/>
ich ward wenigſtens von dem königlichen Gemüthe<lb/>
dieſes Kindes, welches ich nun mit Freuden für<lb/>
meine Verwandte, Gräfin Waldburg, erkenne, raſch<lb/>
bekehrt. Sie aber ſcheinen der Bitte einer Frau<lb/>
unnahbar zu ſeyn, die nur begehrt, was der Augen-<lb/>
blick gebietet, den Sie mir ja auch als Lehrer der<lb/>
Menſchen angeprieſen haben. — Wohl, ich dringe nicht<lb/>
weiter in Sie. Aber die Zukunft der Beiden ſchiebe<lb/>
ich Ihnen in Ihr Gewiſſen. Für alle Quälereien,<lb/>
Hemmungen, Verdrießlichkeiten oder gar Mißgeſchicke,<lb/>
welche Oswald und Lisbeth noch haben können, bin<lb/><hirendition="#g">ich</hi> für meine Perſon nicht ferner verantwortlich.</p><lb/><p>Der Diaconus ſtand betreten. Von Anfang<lb/>
an hatte ja eine Stimme in ſeinem Inneren für<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[293/0305]
darf ſie ſo nennen, ſie weiß, wie lieb ich ſie ge-
wonnen habe — nicht in der älteſten Familie des
Reichs haben wollte, und nun weigern Sie ſich,
ja Sie, zwei Lieblinge Ihres Herzens allen Nöthen
zu entheben. Und weßhalb weigern Sie ſich?
Einer Form, einer armſeligen Form wegen, deren
Verletzung Ihnen möglicherweiſe eine kleine Unan-
nehmlichkeit im Amte machen könnte. O Ihr Anderen,
wann werdet Ihr doch ablaſſen, Euch über uns
aufzuhalten? Ich bin doch beſſer als Sie. Denn
ich ward wenigſtens von dem königlichen Gemüthe
dieſes Kindes, welches ich nun mit Freuden für
meine Verwandte, Gräfin Waldburg, erkenne, raſch
bekehrt. Sie aber ſcheinen der Bitte einer Frau
unnahbar zu ſeyn, die nur begehrt, was der Augen-
blick gebietet, den Sie mir ja auch als Lehrer der
Menſchen angeprieſen haben. — Wohl, ich dringe nicht
weiter in Sie. Aber die Zukunft der Beiden ſchiebe
ich Ihnen in Ihr Gewiſſen. Für alle Quälereien,
Hemmungen, Verdrießlichkeiten oder gar Mißgeſchicke,
welche Oswald und Lisbeth noch haben können, bin
ich für meine Perſon nicht ferner verantwortlich.
Der Diaconus ſtand betreten. Von Anfang
an hatte ja eine Stimme in ſeinem Inneren für
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/305>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.