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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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burtstägen und Weihnachten nur ganz erbärmliche
Präsente gemacht, bloß, damit er den armen Un-
terthanen, die ganz ausgesogen waren, nicht viel
koste. Dieses segnet ihm nun der liebe Gott an
seinen alten Tagen in Fülle, und er ist wieder
recht in guten Umständen und ganz wohlauf, und
Gott erhalte ihn lange dabei! Und noch neulich
hat er einem armen Menschen in unserer Nachbar-
schaft, den Einer wegen Zinsen und Lasten mitten
im Winter hatte vom Hofe herunter subhastiren
lassen wollen, das Geld aus seiner Tasche gegeben,
und wenn er kann, soll ihm der es wiedergeben,
und wenn er nicht kann, so thut es auch nichts,
hat der König gesagt.

Deßhalb haben wir immer, mochten wir auch
von vielen Geschichten um uns herum nichts wissen,
wenn wir anstießen, gerufen: Der König soll leben!

Jetzt komme ich auf meine letzte Sprache, Herr
Diaconus und Herr Richter. Wenn der Mensche
bei sich fertig ist, so gehen seine Gedanken wandern
mit den Wolken, die da ziehen, und mit den Last-
wagen, die vorbeifahren über den Hellweg. Und
so gingen die meinigen auch mitunter über Börde
und Haarstrang hinaus und ich dachte, wenn nun

16*

burtstägen und Weihnachten nur ganz erbärmliche
Präſente gemacht, bloß, damit er den armen Un-
terthanen, die ganz ausgeſogen waren, nicht viel
koſte. Dieſes ſegnet ihm nun der liebe Gott an
ſeinen alten Tagen in Fülle, und er iſt wieder
recht in guten Umſtänden und ganz wohlauf, und
Gott erhalte ihn lange dabei! Und noch neulich
hat er einem armen Menſchen in unſerer Nachbar-
ſchaft, den Einer wegen Zinſen und Laſten mitten
im Winter hatte vom Hofe herunter ſubhaſtiren
laſſen wollen, das Geld aus ſeiner Taſche gegeben,
und wenn er kann, ſoll ihm der es wiedergeben,
und wenn er nicht kann, ſo thut es auch nichts,
hat der König geſagt.

Deßhalb haben wir immer, mochten wir auch
von vielen Geſchichten um uns herum nichts wiſſen,
wenn wir anſtießen, gerufen: Der König ſoll leben!

Jetzt komme ich auf meine letzte Sprache, Herr
Diaconus und Herr Richter. Wenn der Menſche
bei ſich fertig iſt, ſo gehen ſeine Gedanken wandern
mit den Wolken, die da ziehen, und mit den Laſt-
wagen, die vorbeifahren über den Hellweg. Und
ſo gingen die meinigen auch mitunter über Börde
und Haarſtrang hinaus und ich dachte, wenn nun

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[243/0255] burtstägen und Weihnachten nur ganz erbärmliche Präſente gemacht, bloß, damit er den armen Un- terthanen, die ganz ausgeſogen waren, nicht viel koſte. Dieſes ſegnet ihm nun der liebe Gott an ſeinen alten Tagen in Fülle, und er iſt wieder recht in guten Umſtänden und ganz wohlauf, und Gott erhalte ihn lange dabei! Und noch neulich hat er einem armen Menſchen in unſerer Nachbar- ſchaft, den Einer wegen Zinſen und Laſten mitten im Winter hatte vom Hofe herunter ſubhaſtiren laſſen wollen, das Geld aus ſeiner Taſche gegeben, und wenn er kann, ſoll ihm der es wiedergeben, und wenn er nicht kann, ſo thut es auch nichts, hat der König geſagt. Deßhalb haben wir immer, mochten wir auch von vielen Geſchichten um uns herum nichts wiſſen, wenn wir anſtießen, gerufen: Der König ſoll leben! Jetzt komme ich auf meine letzte Sprache, Herr Diaconus und Herr Richter. Wenn der Menſche bei ſich fertig iſt, ſo gehen ſeine Gedanken wandern mit den Wolken, die da ziehen, und mit den Laſt- wagen, die vorbeifahren über den Hellweg. Und ſo gingen die meinigen auch mitunter über Börde und Haarſtrang hinaus und ich dachte, wenn nun 16*

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/255>, abgerufen am 08.05.2024.