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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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läugnen Euer Schicksal erschwert. -- Hofschulze,
sagt ihm in's Gesicht, daß Ihr Euer ganzes Haus
danach vergeblich durchsucht habt, daß es also nicht
im Oberhofe liegen könne.

Wenn der Mensch keine Hexenmeisterkünste
ausgeübt und es in einen Balken inwendig hinein-
gehext hat, so liegt es draußen irgendwo und der
Bösewicht muß wissen, wo es liegt, sagte der Hof-
schulze, indem er einen Blick des grimmigsten Zor-
nes auf den Entwender warf.

Der Einäugige, der mehr seinen Feind im
Auge behielt, als den Richter, versetzte: Und den-
noch liegt es im Oberhofe, Hofschulze, aber finden
werdet Ihr es schwerlich, wenn Ihr nicht das
ganze Haus von Grund aus umreißt. Und das
ist eben meine Freude, daß Ihr das wissen sollt,
und daran vergehen, daß es Euch so nahe ist und
dennoch verborgen bleibt. Mein Schicksal weiß
ich. Daumenschrauben und Leiter gelten nicht mehr;
Ihr könnt mich also höchstens länger sitzen lassen,
Herr Richter, und das mögt Ihr thun, denn ich
schweige und werde schweigen, müßte ich auch hun-
dert Jahre absitzen. Wo das Schwert liegt, diese
Sache geht mit mir in die Grube.


läugnen Euer Schickſal erſchwert. — Hofſchulze,
ſagt ihm in’s Geſicht, daß Ihr Euer ganzes Haus
danach vergeblich durchſucht habt, daß es alſo nicht
im Oberhofe liegen könne.

Wenn der Menſch keine Hexenmeiſterkünſte
ausgeübt und es in einen Balken inwendig hinein-
gehext hat, ſo liegt es draußen irgendwo und der
Böſewicht muß wiſſen, wo es liegt, ſagte der Hof-
ſchulze, indem er einen Blick des grimmigſten Zor-
nes auf den Entwender warf.

Der Einäugige, der mehr ſeinen Feind im
Auge behielt, als den Richter, verſetzte: Und den-
noch liegt es im Oberhofe, Hofſchulze, aber finden
werdet Ihr es ſchwerlich, wenn Ihr nicht das
ganze Haus von Grund aus umreißt. Und das
iſt eben meine Freude, daß Ihr das wiſſen ſollt,
und daran vergehen, daß es Euch ſo nahe iſt und
dennoch verborgen bleibt. Mein Schickſal weiß
ich. Daumenſchrauben und Leiter gelten nicht mehr;
Ihr könnt mich alſo höchſtens länger ſitzen laſſen,
Herr Richter, und das mögt Ihr thun, denn ich
ſchweige und werde ſchweigen, müßte ich auch hun-
dert Jahre abſitzen. Wo das Schwert liegt, dieſe
Sache geht mit mir in die Grube.


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[233/0245] läugnen Euer Schickſal erſchwert. — Hofſchulze, ſagt ihm in’s Geſicht, daß Ihr Euer ganzes Haus danach vergeblich durchſucht habt, daß es alſo nicht im Oberhofe liegen könne. Wenn der Menſch keine Hexenmeiſterkünſte ausgeübt und es in einen Balken inwendig hinein- gehext hat, ſo liegt es draußen irgendwo und der Böſewicht muß wiſſen, wo es liegt, ſagte der Hof- ſchulze, indem er einen Blick des grimmigſten Zor- nes auf den Entwender warf. Der Einäugige, der mehr ſeinen Feind im Auge behielt, als den Richter, verſetzte: Und den- noch liegt es im Oberhofe, Hofſchulze, aber finden werdet Ihr es ſchwerlich, wenn Ihr nicht das ganze Haus von Grund aus umreißt. Und das iſt eben meine Freude, daß Ihr das wiſſen ſollt, und daran vergehen, daß es Euch ſo nahe iſt und dennoch verborgen bleibt. Mein Schickſal weiß ich. Daumenſchrauben und Leiter gelten nicht mehr; Ihr könnt mich alſo höchſtens länger ſitzen laſſen, Herr Richter, und das mögt Ihr thun, denn ich ſchweige und werde ſchweigen, müßte ich auch hun- dert Jahre abſitzen. Wo das Schwert liegt, dieſe Sache geht mit mir in die Grube.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/245>, abgerufen am 02.05.2024.