Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

junge Gemahl hatte sich nach seiner Sperlingsjagd,
die nicht sehr ergiebig gewesen war, zur Gesell-
schaft gefunden und nur Lisbeth fehlte. Der Dia-
conus suchte, so gut es ihm gelingen wollte, der
vorhergegangenen Scenen ungeachtet den beredten
Wirth zu machen. Es glückte ihm aber nicht ganz,
denn seine Seele war abwesend und in Bekümmer-
niß bei dem Paare, über dessen Häuptern sich
nach manchem Leiden noch zuletzt so schwere Wol-
ken anhäuften.

Die ganze Gesellschaft war eigentlich verstimmt
und redete wenig. Der Oberamtmann fühlte die
Schwierigkeit seiner Aufgabe, zwei Herzen zu
trennen, die einen geistlichen Beistand hatten, und
dachte über die Mittel nach, diesem Einflusse ent-
gegenzuarbeiten. Zwischen dem jungen Ehepaare
aber hatte sich der erste Streit erhoben und zwar
auch über das Liebespaar. Der Gemahl war näm-
lich nach seiner Rückkehr von dem Windbüchsen-
vergnügen unterrichtet worden, daß der Vetter
hergestellt sei und hatte, als er seine Gemahlin
von dem Spaziergange heimkommend gesprochen,
ihr in aller Freundlichkeit aber mit bestimmtem
Tone den Entschluß eröffnet, nunmehr abreisen zu

junge Gemahl hatte ſich nach ſeiner Sperlingsjagd,
die nicht ſehr ergiebig geweſen war, zur Geſell-
ſchaft gefunden und nur Lisbeth fehlte. Der Dia-
conus ſuchte, ſo gut es ihm gelingen wollte, der
vorhergegangenen Scenen ungeachtet den beredten
Wirth zu machen. Es glückte ihm aber nicht ganz,
denn ſeine Seele war abweſend und in Bekümmer-
niß bei dem Paare, über deſſen Häuptern ſich
nach manchem Leiden noch zuletzt ſo ſchwere Wol-
ken anhäuften.

Die ganze Geſellſchaft war eigentlich verſtimmt
und redete wenig. Der Oberamtmann fühlte die
Schwierigkeit ſeiner Aufgabe, zwei Herzen zu
trennen, die einen geiſtlichen Beiſtand hatten, und
dachte über die Mittel nach, dieſem Einfluſſe ent-
gegenzuarbeiten. Zwiſchen dem jungen Ehepaare
aber hatte ſich der erſte Streit erhoben und zwar
auch über das Liebespaar. Der Gemahl war näm-
lich nach ſeiner Rückkehr von dem Windbüchſen-
vergnügen unterrichtet worden, daß der Vetter
hergeſtellt ſei und hatte, als er ſeine Gemahlin
von dem Spaziergange heimkommend geſprochen,
ihr in aller Freundlichkeit aber mit beſtimmtem
Tone den Entſchluß eröffnet, nunmehr abreiſen zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0215" n="203"/>
junge Gemahl hatte &#x017F;ich nach &#x017F;einer Sperlingsjagd,<lb/>
die nicht &#x017F;ehr ergiebig gewe&#x017F;en war, zur Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft gefunden und nur Lisbeth fehlte. Der Dia-<lb/>
conus &#x017F;uchte, &#x017F;o gut es ihm gelingen wollte, der<lb/>
vorhergegangenen Scenen ungeachtet den beredten<lb/>
Wirth zu machen. Es glückte ihm aber nicht ganz,<lb/>
denn &#x017F;eine Seele war abwe&#x017F;end und in Bekümmer-<lb/>
niß bei dem Paare, über de&#x017F;&#x017F;en Häuptern &#x017F;ich<lb/>
nach manchem Leiden noch zuletzt &#x017F;o &#x017F;chwere Wol-<lb/>
ken anhäuften.</p><lb/>
          <p>Die ganze Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft war eigentlich ver&#x017F;timmt<lb/>
und redete wenig. Der Oberamtmann fühlte die<lb/>
Schwierigkeit &#x017F;einer Aufgabe, zwei Herzen zu<lb/>
trennen, die einen gei&#x017F;tlichen Bei&#x017F;tand hatten, und<lb/>
dachte über die Mittel nach, die&#x017F;em Einflu&#x017F;&#x017F;e ent-<lb/>
gegenzuarbeiten. Zwi&#x017F;chen dem jungen Ehepaare<lb/>
aber hatte &#x017F;ich der er&#x017F;te Streit erhoben und zwar<lb/>
auch über das Liebespaar. Der Gemahl war näm-<lb/>
lich nach &#x017F;einer Rückkehr von dem Windbüch&#x017F;en-<lb/>
vergnügen unterrichtet worden, daß der Vetter<lb/>
herge&#x017F;tellt &#x017F;ei und hatte, als er &#x017F;eine Gemahlin<lb/>
von dem Spaziergange heimkommend ge&#x017F;prochen,<lb/>
ihr in aller Freundlichkeit aber mit be&#x017F;timmtem<lb/>
Tone den Ent&#x017F;chluß eröffnet, nunmehr abrei&#x017F;en zu<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0215] junge Gemahl hatte ſich nach ſeiner Sperlingsjagd, die nicht ſehr ergiebig geweſen war, zur Geſell- ſchaft gefunden und nur Lisbeth fehlte. Der Dia- conus ſuchte, ſo gut es ihm gelingen wollte, der vorhergegangenen Scenen ungeachtet den beredten Wirth zu machen. Es glückte ihm aber nicht ganz, denn ſeine Seele war abweſend und in Bekümmer- niß bei dem Paare, über deſſen Häuptern ſich nach manchem Leiden noch zuletzt ſo ſchwere Wol- ken anhäuften. Die ganze Geſellſchaft war eigentlich verſtimmt und redete wenig. Der Oberamtmann fühlte die Schwierigkeit ſeiner Aufgabe, zwei Herzen zu trennen, die einen geiſtlichen Beiſtand hatten, und dachte über die Mittel nach, dieſem Einfluſſe ent- gegenzuarbeiten. Zwiſchen dem jungen Ehepaare aber hatte ſich der erſte Streit erhoben und zwar auch über das Liebespaar. Der Gemahl war näm- lich nach ſeiner Rückkehr von dem Windbüchſen- vergnügen unterrichtet worden, daß der Vetter hergeſtellt ſei und hatte, als er ſeine Gemahlin von dem Spaziergange heimkommend geſprochen, ihr in aller Freundlichkeit aber mit beſtimmtem Tone den Entſchluß eröffnet, nunmehr abreiſen zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/215
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/215>, abgerufen am 02.05.2024.