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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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Ernst vom Schwarzwalde bin, mit meiner Zu-
stimmung wird sie nicht Gräfin Waldburg-Bergheim.

Und mit meiner auch nicht, sprach hier eine
dritte Stimme. Die schöne Clelia war, von
ihrem Spaziergange zurückgekehrt, in den Saal
getreten, und hatte unbemerkt von den Männern,
gehört, wovon die Rede war. Nein, Herr Dia-
conus, sagte sie, Sie sehen die Sache doch etwas
zu sehr von Ihrem Standpuncte an. Ich bin ge-
wiß gut und freundlich gegen Jeden und wünsche
Allen ein solches Lebensglück, wie ich es erlangt
habe, aber auch meine Erfahrung hat mich gelehrt,
daß Mißbündnisse nie zum Heile führen, und da
es sich hier um das Loos meines theuersten An-
verwandten handelt, so stelle ich mich ganz auf
die Seite des Oberamtmannes.

Die schöne junge Frau sagte dieß so feierlich,
als hätte sie in ihrem zwanzigjährigen Leben schon
wenigstens hundert üble Erfahrungen von Miß-
bündnissen vor Augen gehabt. Der Oberamtmann
küßte ihr dankbar und gerührt die Hand und der
Diaconus schwieg.

Es war inzwischen im Nebenzimmer gedeckt
worden und man setzte sich zu Tische. Auch der

Ernſt vom Schwarzwalde bin, mit meiner Zu-
ſtimmung wird ſie nicht Gräfin Waldburg-Bergheim.

Und mit meiner auch nicht, ſprach hier eine
dritte Stimme. Die ſchöne Clelia war, von
ihrem Spaziergange zurückgekehrt, in den Saal
getreten, und hatte unbemerkt von den Männern,
gehört, wovon die Rede war. Nein, Herr Dia-
conus, ſagte ſie, Sie ſehen die Sache doch etwas
zu ſehr von Ihrem Standpuncte an. Ich bin ge-
wiß gut und freundlich gegen Jeden und wünſche
Allen ein ſolches Lebensglück, wie ich es erlangt
habe, aber auch meine Erfahrung hat mich gelehrt,
daß Mißbündniſſe nie zum Heile führen, und da
es ſich hier um das Loos meines theuerſten An-
verwandten handelt, ſo ſtelle ich mich ganz auf
die Seite des Oberamtmannes.

Die ſchöne junge Frau ſagte dieß ſo feierlich,
als hätte ſie in ihrem zwanzigjährigen Leben ſchon
wenigſtens hundert üble Erfahrungen von Miß-
bündniſſen vor Augen gehabt. Der Oberamtmann
küßte ihr dankbar und gerührt die Hand und der
Diaconus ſchwieg.

Es war inzwiſchen im Nebenzimmer gedeckt
worden und man ſetzte ſich zu Tiſche. Auch der

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[202/0214] Ernſt vom Schwarzwalde bin, mit meiner Zu- ſtimmung wird ſie nicht Gräfin Waldburg-Bergheim. Und mit meiner auch nicht, ſprach hier eine dritte Stimme. Die ſchöne Clelia war, von ihrem Spaziergange zurückgekehrt, in den Saal getreten, und hatte unbemerkt von den Männern, gehört, wovon die Rede war. Nein, Herr Dia- conus, ſagte ſie, Sie ſehen die Sache doch etwas zu ſehr von Ihrem Standpuncte an. Ich bin ge- wiß gut und freundlich gegen Jeden und wünſche Allen ein ſolches Lebensglück, wie ich es erlangt habe, aber auch meine Erfahrung hat mich gelehrt, daß Mißbündniſſe nie zum Heile führen, und da es ſich hier um das Loos meines theuerſten An- verwandten handelt, ſo ſtelle ich mich ganz auf die Seite des Oberamtmannes. Die ſchöne junge Frau ſagte dieß ſo feierlich, als hätte ſie in ihrem zwanzigjährigen Leben ſchon wenigſtens hundert üble Erfahrungen von Miß- bündniſſen vor Augen gehabt. Der Oberamtmann küßte ihr dankbar und gerührt die Hand und der Diaconus ſchwieg. Es war inzwiſchen im Nebenzimmer gedeckt worden und man ſetzte ſich zu Tiſche. Auch der

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/214>, abgerufen am 24.11.2024.