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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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in den Augen der Hausfrauen nicht verstehen! Es ist
auch gar keine Kleinigkeit, fünf Menschen mehr
im Hause zu haben, die man eigentlich nicht kennt,
und die Einem allen Platz wegnehmen. Der Herr
Gemahl laden in liebenswürdiger männlicher Un-
bekümmertheit ein und die arme Frau hat nachher
die Sorge. Aber lassen Sie das nur gut seyn.
Trotz der rothen Wangen und der glänzenden Augen
bleibt sie eine liebe, charmante Frau und soll in
Wien willkommen seyn. Dort ist Raum im Hause
und der Haushofmeister sorgt für Alles.

Der Diaconus, der sein Zartgefühl durch dieses
Gespräch unangenehm berührt fand, sagte, um es
zu unterbrechen: Sie wollten mit mir über das
menschliche Leben philosophiren, gnädige Frau.

Eigentlich wollte ich Sie nur fragen, ob das
menschliche Leben nicht ein Ding ohne Sinn und
Verstand sei? sagte Clelia. Ein junger Mann
läuft aus Schwaben weg, um mich an einem Men-
schen zu rächen, der seine Persifflage über mich ge-
trieben; er rächt mich aber nicht, sondern schießt
ein junges Mädchen und verliebt sich in sie. Dann
quälen die beiden Leutchen (wie wir nun nach und
nach herausgebracht haben, Ihre Frau und ich)

in den Augen der Hausfrauen nicht verſtehen! Es iſt
auch gar keine Kleinigkeit, fünf Menſchen mehr
im Hauſe zu haben, die man eigentlich nicht kennt,
und die Einem allen Platz wegnehmen. Der Herr
Gemahl laden in liebenswürdiger männlicher Un-
bekümmertheit ein und die arme Frau hat nachher
die Sorge. Aber laſſen Sie das nur gut ſeyn.
Trotz der rothen Wangen und der glänzenden Augen
bleibt ſie eine liebe, charmante Frau und ſoll in
Wien willkommen ſeyn. Dort iſt Raum im Hauſe
und der Haushofmeiſter ſorgt für Alles.

Der Diaconus, der ſein Zartgefühl durch dieſes
Geſpräch unangenehm berührt fand, ſagte, um es
zu unterbrechen: Sie wollten mit mir über das
menſchliche Leben philoſophiren, gnädige Frau.

Eigentlich wollte ich Sie nur fragen, ob das
menſchliche Leben nicht ein Ding ohne Sinn und
Verſtand ſei? ſagte Clelia. Ein junger Mann
läuft aus Schwaben weg, um mich an einem Men-
ſchen zu rächen, der ſeine Perſifflage über mich ge-
trieben; er rächt mich aber nicht, ſondern ſchießt
ein junges Mädchen und verliebt ſich in ſie. Dann
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nach herausgebracht haben, Ihre Frau und ich)

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[178/0190] in den Augen der Hausfrauen nicht verſtehen! Es iſt auch gar keine Kleinigkeit, fünf Menſchen mehr im Hauſe zu haben, die man eigentlich nicht kennt, und die Einem allen Platz wegnehmen. Der Herr Gemahl laden in liebenswürdiger männlicher Un- bekümmertheit ein und die arme Frau hat nachher die Sorge. Aber laſſen Sie das nur gut ſeyn. Trotz der rothen Wangen und der glänzenden Augen bleibt ſie eine liebe, charmante Frau und ſoll in Wien willkommen ſeyn. Dort iſt Raum im Hauſe und der Haushofmeiſter ſorgt für Alles. Der Diaconus, der ſein Zartgefühl durch dieſes Geſpräch unangenehm berührt fand, ſagte, um es zu unterbrechen: Sie wollten mit mir über das menſchliche Leben philoſophiren, gnädige Frau. Eigentlich wollte ich Sie nur fragen, ob das menſchliche Leben nicht ein Ding ohne Sinn und Verſtand ſei? ſagte Clelia. Ein junger Mann läuft aus Schwaben weg, um mich an einem Men- ſchen zu rächen, der ſeine Perſifflage über mich ge- trieben; er rächt mich aber nicht, ſondern ſchießt ein junges Mädchen und verliebt ſich in ſie. Dann quälen die beiden Leutchen (wie wir nun nach und nach herausgebracht haben, Ihre Frau und ich)

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/190>, abgerufen am 02.05.2024.