Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Kennen Sie das Wort: Ewig, Frau Baronesse?
Ich hatte es, glaube ich, früher nie gesprochen,
denn ich pflegte überhaupt nichts zu sagen, wobei
ich mir nichts zu denken wußte. Aber als er mich
in der Kirche aufhob und mich vor den Altar nie-
derwarf, ein Weihegeschenk der Liebe für Gott
den Allmächtigen, da durchtönte plötzlich das Wort
wie mit tausend Zungen mein Innerstes und seit
der Stunde singt es durch alle meine Gedanken
und Empfindungen immer und immer wie ein
himmlisches Hallelujah: Ewig! Denn wer die
wahre Liebe empfängt, der empfängt die Ewigkeit
in seinem Herzen. An der Ewigkeit aber ist kein
Vergang und so rühren Sie denn auch nicht weiter
das ewige Wort meines Herzens an, gnädige Ba-
ronesse! -- Die Frau unseres Wirthes hier, die
sich hin und wieder mit mir beschäftiget hat und
der Meinung ist, ein Mädchen brauche aus Büchern
nicht viel zu lernen, aber durch den Anblick schöner
Menschen lerne ein Mädchen etwas, gab mir in
den letzten Wochen Briefe von einer Freundin zu
lesen. Die Freundin hat mit ihrem Manne in
einer kurzen, himmlischen Ehe gestanden, und der
Mann hatte immer gesagt, das Glück sei zu schön,

Kennen Sie das Wort: Ewig, Frau Baroneſſe?
Ich hatte es, glaube ich, früher nie geſprochen,
denn ich pflegte überhaupt nichts zu ſagen, wobei
ich mir nichts zu denken wußte. Aber als er mich
in der Kirche aufhob und mich vor den Altar nie-
derwarf, ein Weihegeſchenk der Liebe für Gott
den Allmächtigen, da durchtönte plötzlich das Wort
wie mit tauſend Zungen mein Innerſtes und ſeit
der Stunde ſingt es durch alle meine Gedanken
und Empfindungen immer und immer wie ein
himmliſches Hallelujah: Ewig! Denn wer die
wahre Liebe empfängt, der empfängt die Ewigkeit
in ſeinem Herzen. An der Ewigkeit aber iſt kein
Vergang und ſo rühren Sie denn auch nicht weiter
das ewige Wort meines Herzens an, gnädige Ba-
roneſſe! — Die Frau unſeres Wirthes hier, die
ſich hin und wieder mit mir beſchäftiget hat und
der Meinung iſt, ein Mädchen brauche aus Büchern
nicht viel zu lernen, aber durch den Anblick ſchöner
Menſchen lerne ein Mädchen etwas, gab mir in
den letzten Wochen Briefe von einer Freundin zu
leſen. Die Freundin hat mit ihrem Manne in
einer kurzen, himmliſchen Ehe geſtanden, und der
Mann hatte immer geſagt, das Glück ſei zu ſchön,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0290" n="278"/>
          <p>Kennen Sie das Wort: Ewig, Frau Barone&#x017F;&#x017F;e?<lb/>
Ich hatte es, glaube ich, früher nie ge&#x017F;prochen,<lb/>
denn ich pflegte überhaupt nichts zu &#x017F;agen, wobei<lb/>
ich mir nichts zu denken wußte. Aber als er mich<lb/>
in der Kirche aufhob und mich vor den Altar nie-<lb/>
derwarf, ein Weihege&#x017F;chenk der Liebe für Gott<lb/>
den Allmächtigen, da durchtönte plötzlich das Wort<lb/>
wie mit tau&#x017F;end Zungen mein Inner&#x017F;tes und &#x017F;eit<lb/>
der Stunde &#x017F;ingt es durch alle meine Gedanken<lb/>
und Empfindungen immer und immer wie ein<lb/>
himmli&#x017F;ches Hallelujah: Ewig! Denn wer die<lb/>
wahre Liebe empfängt, der empfängt die Ewigkeit<lb/>
in &#x017F;einem Herzen. An der Ewigkeit aber i&#x017F;t kein<lb/>
Vergang und &#x017F;o rühren Sie denn auch nicht weiter<lb/>
das ewige Wort meines Herzens an, gnädige Ba-<lb/>
rone&#x017F;&#x017F;e! &#x2014; Die Frau un&#x017F;eres Wirthes hier, die<lb/>
&#x017F;ich hin und wieder mit mir be&#x017F;chäftiget hat und<lb/>
der Meinung i&#x017F;t, ein Mädchen brauche aus Büchern<lb/>
nicht viel zu lernen, aber durch den Anblick &#x017F;chöner<lb/>
Men&#x017F;chen lerne ein Mädchen etwas, gab mir in<lb/>
den letzten Wochen Briefe von einer Freundin zu<lb/>
le&#x017F;en. Die Freundin hat mit ihrem Manne in<lb/>
einer kurzen, himmli&#x017F;chen Ehe ge&#x017F;tanden, und der<lb/>
Mann hatte immer ge&#x017F;agt, das Glück &#x017F;ei zu &#x017F;chön,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0290] Kennen Sie das Wort: Ewig, Frau Baroneſſe? Ich hatte es, glaube ich, früher nie geſprochen, denn ich pflegte überhaupt nichts zu ſagen, wobei ich mir nichts zu denken wußte. Aber als er mich in der Kirche aufhob und mich vor den Altar nie- derwarf, ein Weihegeſchenk der Liebe für Gott den Allmächtigen, da durchtönte plötzlich das Wort wie mit tauſend Zungen mein Innerſtes und ſeit der Stunde ſingt es durch alle meine Gedanken und Empfindungen immer und immer wie ein himmliſches Hallelujah: Ewig! Denn wer die wahre Liebe empfängt, der empfängt die Ewigkeit in ſeinem Herzen. An der Ewigkeit aber iſt kein Vergang und ſo rühren Sie denn auch nicht weiter das ewige Wort meines Herzens an, gnädige Ba- roneſſe! — Die Frau unſeres Wirthes hier, die ſich hin und wieder mit mir beſchäftiget hat und der Meinung iſt, ein Mädchen brauche aus Büchern nicht viel zu lernen, aber durch den Anblick ſchöner Menſchen lerne ein Mädchen etwas, gab mir in den letzten Wochen Briefe von einer Freundin zu leſen. Die Freundin hat mit ihrem Manne in einer kurzen, himmliſchen Ehe geſtanden, und der Mann hatte immer geſagt, das Glück ſei zu ſchön,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/290
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/290>, abgerufen am 27.11.2024.