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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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Es geht nicht, es geht wahrhaftig nicht. Mein
Gott, wären Sie doch nur -- aber -- Sie empfin-
den es, wenn Sie meinen Vetter aufrichtig lieben,
so dürfen Sie ihn nicht heirathen. Und nun
kommen Sie, mein armes Kind, kommen Sie an
meine Brust, und weinen Sie sich aus, denn
wahrhaftig, ich weiß mit Ihnen zu empfinden.

Sie breitete ihre Arme gegen Lisbeth aus.
Diese lehnte aber mit einer demüthigen Bewegung
das Liebeszeichen ab und sagte: Gnädige Frau,
entschuldigen Sie, wenn ich an dieser Stätte noch
nicht zu ruhen wage. -- O mein Gott, wie weit
sind wir aus einander, wie hätte ich das mir
denken können, und wie soll ich es nun anfangen,
Alles, was mir im Herzen wogt, Ihnen auszu-
sprechen und dennoch die Bescheidenheit gegen Sie
nicht zu verletzen? -- Sie wüßten mit mir zu
empfinden? Gnädige Frau, ich wenigstens weiß
mit Ihnen nicht zu empfinden.

Wie? Sie fühlen keine Verpflichtung, ihm zu
entsagen? fuhr Clelia auf.

O nein! nein! nein! rief Lisbeth muthig. Diese
Verpflichtung fühle ich durchaus nicht, Frau Ba-
ronesse. Entsagen soll ich ihm, das ist Ihre Mei-

Es geht nicht, es geht wahrhaftig nicht. Mein
Gott, wären Sie doch nur — aber — Sie empfin-
den es, wenn Sie meinen Vetter aufrichtig lieben,
ſo dürfen Sie ihn nicht heirathen. Und nun
kommen Sie, mein armes Kind, kommen Sie an
meine Bruſt, und weinen Sie ſich aus, denn
wahrhaftig, ich weiß mit Ihnen zu empfinden.

Sie breitete ihre Arme gegen Lisbeth aus.
Dieſe lehnte aber mit einer demüthigen Bewegung
das Liebeszeichen ab und ſagte: Gnädige Frau,
entſchuldigen Sie, wenn ich an dieſer Stätte noch
nicht zu ruhen wage. — O mein Gott, wie weit
ſind wir aus einander, wie hätte ich das mir
denken können, und wie ſoll ich es nun anfangen,
Alles, was mir im Herzen wogt, Ihnen auszu-
ſprechen und dennoch die Beſcheidenheit gegen Sie
nicht zu verletzen? — Sie wüßten mit mir zu
empfinden? Gnädige Frau, ich wenigſtens weiß
mit Ihnen nicht zu empfinden.

Wie? Sie fühlen keine Verpflichtung, ihm zu
entſagen? fuhr Clelia auf.

O nein! nein! nein! rief Lisbeth muthig. Dieſe
Verpflichtung fühle ich durchaus nicht, Frau Ba-
roneſſe. Entſagen ſoll ich ihm, das iſt Ihre Mei-

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[269/0281] Es geht nicht, es geht wahrhaftig nicht. Mein Gott, wären Sie doch nur — aber — Sie empfin- den es, wenn Sie meinen Vetter aufrichtig lieben, ſo dürfen Sie ihn nicht heirathen. Und nun kommen Sie, mein armes Kind, kommen Sie an meine Bruſt, und weinen Sie ſich aus, denn wahrhaftig, ich weiß mit Ihnen zu empfinden. Sie breitete ihre Arme gegen Lisbeth aus. Dieſe lehnte aber mit einer demüthigen Bewegung das Liebeszeichen ab und ſagte: Gnädige Frau, entſchuldigen Sie, wenn ich an dieſer Stätte noch nicht zu ruhen wage. — O mein Gott, wie weit ſind wir aus einander, wie hätte ich das mir denken können, und wie ſoll ich es nun anfangen, Alles, was mir im Herzen wogt, Ihnen auszu- ſprechen und dennoch die Beſcheidenheit gegen Sie nicht zu verletzen? — Sie wüßten mit mir zu empfinden? Gnädige Frau, ich wenigſtens weiß mit Ihnen nicht zu empfinden. Wie? Sie fühlen keine Verpflichtung, ihm zu entſagen? fuhr Clelia auf. O nein! nein! nein! rief Lisbeth muthig. Dieſe Verpflichtung fühle ich durchaus nicht, Frau Ba- roneſſe. Entſagen ſoll ich ihm, das iſt Ihre Mei-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/281>, abgerufen am 27.11.2024.