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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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ungern die Erlaubniß, anstatt der boshaften Eifer-
süchtigen Lisbeth als dritte Brautjungfer einzuklei-
den, mit welchem Bescheide sich die Zweite entfernte,
um den Putz zu Lisbeth zu tragen. Auch die Erste
ging, im Baumgarten den Strauß für den Bräu-
tigam zu pflücken.

In der Ferne ließen sich schon einzelne Töne
der Musik hören, welche das Herannahen des Braut-
wagens verkündigten. Aber auch dieses Zeichen,
daß der entscheidende Augenblick bevorstehe, der ein
Kind vom Hause der Eltern löset und den Vater
bei dem Kinde in den Hintergrund der Anhäng-
lichkeit schiebt, brachte keine Regungen in den Per-
sonen hervor, welche wie Musterbilder alter Bräuche
an den beiden Seiten der Hofthüre saßen. Die
Tochter spann, hochroth aber gleichgültig aussehend,
unverdrossen fort, der Vater sah gerade vor sich
hin, und beide, Braut und Brautvater, wechselten
mit einander kein Wort.

Die Brautjungfer suchte unterdessen im Baum-
garten den Strauß für den Bräutigam zusammen.
Sie wählte spät-blühende Rosen, Feuerlilien, oran-
gegelbe Sternblumen, Blumen, welche sie dort
Jelängerjelieber, an andern Orten Jesublümlein

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ungern die Erlaubniß, anſtatt der boshaften Eifer-
ſüchtigen Lisbeth als dritte Brautjungfer einzuklei-
den, mit welchem Beſcheide ſich die Zweite entfernte,
um den Putz zu Lisbeth zu tragen. Auch die Erſte
ging, im Baumgarten den Strauß für den Bräu-
tigam zu pflücken.

In der Ferne ließen ſich ſchon einzelne Töne
der Muſik hören, welche das Herannahen des Braut-
wagens verkündigten. Aber auch dieſes Zeichen,
daß der entſcheidende Augenblick bevorſtehe, der ein
Kind vom Hauſe der Eltern löſet und den Vater
bei dem Kinde in den Hintergrund der Anhäng-
lichkeit ſchiebt, brachte keine Regungen in den Per-
ſonen hervor, welche wie Muſterbilder alter Bräuche
an den beiden Seiten der Hofthüre ſaßen. Die
Tochter ſpann, hochroth aber gleichgültig ausſehend,
unverdroſſen fort, der Vater ſah gerade vor ſich
hin, und beide, Braut und Brautvater, wechſelten
mit einander kein Wort.

Die Brautjungfer ſuchte unterdeſſen im Baum-
garten den Strauß für den Bräutigam zuſammen.
Sie wählte ſpät-blühende Roſen, Feuerlilien, oran-
gegelbe Sternblumen, Blumen, welche ſie dort
Jelängerjelieber, an andern Orten Jeſublümlein

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[35/0049] ungern die Erlaubniß, anſtatt der boshaften Eifer- ſüchtigen Lisbeth als dritte Brautjungfer einzuklei- den, mit welchem Beſcheide ſich die Zweite entfernte, um den Putz zu Lisbeth zu tragen. Auch die Erſte ging, im Baumgarten den Strauß für den Bräu- tigam zu pflücken. In der Ferne ließen ſich ſchon einzelne Töne der Muſik hören, welche das Herannahen des Braut- wagens verkündigten. Aber auch dieſes Zeichen, daß der entſcheidende Augenblick bevorſtehe, der ein Kind vom Hauſe der Eltern löſet und den Vater bei dem Kinde in den Hintergrund der Anhäng- lichkeit ſchiebt, brachte keine Regungen in den Per- ſonen hervor, welche wie Muſterbilder alter Bräuche an den beiden Seiten der Hofthüre ſaßen. Die Tochter ſpann, hochroth aber gleichgültig ausſehend, unverdroſſen fort, der Vater ſah gerade vor ſich hin, und beide, Braut und Brautvater, wechſelten mit einander kein Wort. Die Brautjungfer ſuchte unterdeſſen im Baum- garten den Strauß für den Bräutigam zuſammen. Sie wählte ſpät-blühende Roſen, Feuerlilien, oran- gegelbe Sternblumen, Blumen, welche ſie dort Jelängerjelieber, an andern Orten Jeſublümlein 3*

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/49>, abgerufen am 28.03.2024.