einschlief und Hölscher ganz verschlief, wo ich denn nun heute früh nachholen wollte, aber ...
Hölscher ließ das nicht gelten und sagte, es schicke sich nicht, erst am Hochzeitmorgen gebeten zu werden, es gehöre sich spätestens den Tag zuvor, nicht wahr? fiel der Hofschulze ein.
Ja wohl, antwortete der Bursche, und er sagte auch, es heiße in dem Spruch:
Kommt morgen auf den Hof, nicht heute -- wenn er aber morgen komme, so habe er das leere Nachsehen.
Der Hofschulze bohrte seinen Stock tief in die Erde. Das Blut war ihm dermaßen in das Antlitz getreten, daß seine Stirnadern geschwollen starrten. Er sah den Hochzeitbitter mit einem furchtbaren Blicke an, vor dem dieser den Hut abnahm und drei Schritte zurücktrat. Dann sagte er: Wenn ich mich nicht menagiren müßte, absonderlich heute, so kriegtest du diesen Stock hinter die Ohren, daß du das Aufstehen vergessen solltest. Hölscher kommt nicht, das weiß ich, ich kenne ihn darin, er ist Einer, der sich nicht vernegligiren läßt. Und wenn ich selbst zu ihm ginge, was sich aber auch durch- aus nicht schickt, er würde es abschlagen. Jedermann
einſchlief und Hölſcher ganz verſchlief, wo ich denn nun heute früh nachholen wollte, aber …
Hölſcher ließ das nicht gelten und ſagte, es ſchicke ſich nicht, erſt am Hochzeitmorgen gebeten zu werden, es gehöre ſich ſpäteſtens den Tag zuvor, nicht wahr? fiel der Hofſchulze ein.
Ja wohl, antwortete der Burſche, und er ſagte auch, es heiße in dem Spruch:
Kommt morgen auf den Hof, nicht heute — wenn er aber morgen komme, ſo habe er das leere Nachſehen.
Der Hofſchulze bohrte ſeinen Stock tief in die Erde. Das Blut war ihm dermaßen in das Antlitz getreten, daß ſeine Stirnadern geſchwollen ſtarrten. Er ſah den Hochzeitbitter mit einem furchtbaren Blicke an, vor dem dieſer den Hut abnahm und drei Schritte zurücktrat. Dann ſagte er: Wenn ich mich nicht menagiren müßte, abſonderlich heute, ſo kriegteſt du dieſen Stock hinter die Ohren, daß du das Aufſtehen vergeſſen ſollteſt. Hölſcher kommt nicht, das weiß ich, ich kenne ihn darin, er iſt Einer, der ſich nicht vernegligiren läßt. Und wenn ich ſelbſt zu ihm ginge, was ſich aber auch durch- aus nicht ſchickt, er würde es abſchlagen. Jedermann
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0046"n="32"/>
einſchlief und Hölſcher ganz verſchlief, wo ich denn<lb/>
nun heute früh nachholen wollte, aber …</p><lb/><p>Hölſcher ließ das nicht gelten und ſagte, es<lb/>ſchicke ſich nicht, erſt am Hochzeitmorgen gebeten<lb/>
zu werden, es gehöre ſich ſpäteſtens den Tag zuvor,<lb/>
nicht wahr? fiel der Hofſchulze ein.</p><lb/><p>Ja wohl, antwortete der Burſche, und er ſagte<lb/>
auch, es heiße in dem Spruch:</p><lb/><p>Kommt morgen auf den Hof, nicht heute —<lb/>
wenn er aber morgen komme, ſo habe er das leere<lb/>
Nachſehen.</p><lb/><p>Der Hofſchulze bohrte ſeinen Stock tief in die<lb/>
Erde. Das Blut war ihm dermaßen in das Antlitz<lb/>
getreten, daß ſeine Stirnadern geſchwollen ſtarrten.<lb/>
Er ſah den Hochzeitbitter mit einem furchtbaren<lb/>
Blicke an, vor dem dieſer den Hut abnahm und<lb/>
drei Schritte zurücktrat. Dann ſagte er: Wenn<lb/>
ich mich nicht menagiren müßte, abſonderlich heute,<lb/>ſo kriegteſt du dieſen Stock hinter die Ohren, daß<lb/>
du das Aufſtehen vergeſſen ſollteſt. Hölſcher kommt<lb/>
nicht, das weiß ich, ich kenne ihn darin, er iſt<lb/>
Einer, der ſich nicht vernegligiren läßt. Und wenn<lb/>
ich ſelbſt zu ihm ginge, was ſich aber auch durch-<lb/>
aus nicht ſchickt, er würde es abſchlagen. Jedermann<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[32/0046]
einſchlief und Hölſcher ganz verſchlief, wo ich denn
nun heute früh nachholen wollte, aber …
Hölſcher ließ das nicht gelten und ſagte, es
ſchicke ſich nicht, erſt am Hochzeitmorgen gebeten
zu werden, es gehöre ſich ſpäteſtens den Tag zuvor,
nicht wahr? fiel der Hofſchulze ein.
Ja wohl, antwortete der Burſche, und er ſagte
auch, es heiße in dem Spruch:
Kommt morgen auf den Hof, nicht heute —
wenn er aber morgen komme, ſo habe er das leere
Nachſehen.
Der Hofſchulze bohrte ſeinen Stock tief in die
Erde. Das Blut war ihm dermaßen in das Antlitz
getreten, daß ſeine Stirnadern geſchwollen ſtarrten.
Er ſah den Hochzeitbitter mit einem furchtbaren
Blicke an, vor dem dieſer den Hut abnahm und
drei Schritte zurücktrat. Dann ſagte er: Wenn
ich mich nicht menagiren müßte, abſonderlich heute,
ſo kriegteſt du dieſen Stock hinter die Ohren, daß
du das Aufſtehen vergeſſen ſollteſt. Hölſcher kommt
nicht, das weiß ich, ich kenne ihn darin, er iſt
Einer, der ſich nicht vernegligiren läßt. Und wenn
ich ſelbſt zu ihm ginge, was ſich aber auch durch-
aus nicht ſchickt, er würde es abſchlagen. Jedermann
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/46>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.