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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Admeten die Schafe gehütet und masquirt sich als
guter Hirte, frech zeigt sich sogar der Phallus in
der Welt, welche Entsagung buchstabirend einlernt,
das allerschwerste Wort, das Wort, immer wieder
von der armen Menschenlippe vergessen.

Eigenthümliches Kampfgewimmel, schwärmen-
des Larvenspiel der Vorstellungen! Wunder auf
Wunder müssen geschehen, um die Macht des drän-
genden Paganismus abzuwehren; diese Zeiten,
die man zu den einfachsten, geistigsten des Chri-
stenthums hat umprägen wollen, sind die sinnlich-
sten, materiellsten; man will es mit Händen grei-
fen, das Heilige, der Glaube hat sich in seinen
eigenen Tiefen anstatt der Wolken, die Zeus ver-
sammelt, und der Furche, in welche Demeter das
Korn sät, einen neuen Stoff erzeugt. Dieser Stoff
ist die Thräne, das Leiden, das Geheimniß, die Ent-
zückung. Er schwelgt an dem Stoffe, er genießt ihn.

Und nun? -- Wer mag die Strömung nennen,
in welcher das Schiff unserer Tage fährt. Wer
das Wort des Räthsels aussprechen, an dem die
Geschlechter der Erde nagen? So viel ist richtig;
der Tod und der Himmel sind zurückgewichen in
den Hintergrund der Gedanken, und auf der Erde

Admeten die Schafe gehütet und masquirt ſich als
guter Hirte, frech zeigt ſich ſogar der Phallus in
der Welt, welche Entſagung buchſtabirend einlernt,
das allerſchwerſte Wort, das Wort, immer wieder
von der armen Menſchenlippe vergeſſen.

Eigenthümliches Kampfgewimmel, ſchwärmen-
des Larvenſpiel der Vorſtellungen! Wunder auf
Wunder müſſen geſchehen, um die Macht des drän-
genden Paganismus abzuwehren; dieſe Zeiten,
die man zu den einfachſten, geiſtigſten des Chri-
ſtenthums hat umprägen wollen, ſind die ſinnlich-
ſten, materiellſten; man will es mit Händen grei-
fen, das Heilige, der Glaube hat ſich in ſeinen
eigenen Tiefen anſtatt der Wolken, die Zeus ver-
ſammelt, und der Furche, in welche Demeter das
Korn ſät, einen neuen Stoff erzeugt. Dieſer Stoff
iſt die Thräne, das Leiden, das Geheimniß, die Ent-
zückung. Er ſchwelgt an dem Stoffe, er genießt ihn.

Und nun? — Wer mag die Strömung nennen,
in welcher das Schiff unſerer Tage fährt. Wer
das Wort des Räthſels ausſprechen, an dem die
Geſchlechter der Erde nagen? So viel iſt richtig;
der Tod und der Himmel ſind zurückgewichen in
den Hintergrund der Gedanken, und auf der Erde

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[397/0411] Admeten die Schafe gehütet und masquirt ſich als guter Hirte, frech zeigt ſich ſogar der Phallus in der Welt, welche Entſagung buchſtabirend einlernt, das allerſchwerſte Wort, das Wort, immer wieder von der armen Menſchenlippe vergeſſen. Eigenthümliches Kampfgewimmel, ſchwärmen- des Larvenſpiel der Vorſtellungen! Wunder auf Wunder müſſen geſchehen, um die Macht des drän- genden Paganismus abzuwehren; dieſe Zeiten, die man zu den einfachſten, geiſtigſten des Chri- ſtenthums hat umprägen wollen, ſind die ſinnlich- ſten, materiellſten; man will es mit Händen grei- fen, das Heilige, der Glaube hat ſich in ſeinen eigenen Tiefen anſtatt der Wolken, die Zeus ver- ſammelt, und der Furche, in welche Demeter das Korn ſät, einen neuen Stoff erzeugt. Dieſer Stoff iſt die Thräne, das Leiden, das Geheimniß, die Ent- zückung. Er ſchwelgt an dem Stoffe, er genießt ihn. Und nun? — Wer mag die Strömung nennen, in welcher das Schiff unſerer Tage fährt. Wer das Wort des Räthſels ausſprechen, an dem die Geſchlechter der Erde nagen? So viel iſt richtig; der Tod und der Himmel ſind zurückgewichen in den Hintergrund der Gedanken, und auf der Erde

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/411>, abgerufen am 24.11.2024.