Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

In diesem Sinnen, Wiegen und Spielen hatte
ihre Seele die reizendsten und glänzendsten Bilder
der Vergangenheit hervorgezaubert, als sie plötzlich
durch den Ruf: Alle Donnerwetter! aus ihren
Phantasien erweckt wurde. Karl Buttervogel stand
vor ihr. Er war auf seinem Rückwege vom Vogel-
heerde durch ein Loch in der Hecke unter dem Schne-
ckenberge gekrochen, denn er ging, wie alle Bedien-
ten nicht gern auf dem geraden Wege nach Hause,
sondern pflegte sich, wo es nur möglich war, einen
heimlichen Katzensteig zu bahnen.

Nichts in der Welt hätte ihn mehr überraschen kön-
nen, als was er jetzt vor seiner Wohnung zu sehen be-
kam. Er stand, eine starre Bildsäule vor Emerentien,
musterte mit rollenden Augen ihre Gestalt und ihren
bunten Putz, der Mund lief ihm voll Wasser und:
Alle Donnerwetter! waren die einzigen Worte, die
er von Zeit zu Zeit hervorbringen konnte.

Emerentia sah, wie sie auf den Prätendenten
von Hechelkram wirkte. Ihre Brust schwoll von
dem süßen Triumphe, den sie erlebte. Nach
einer Pause, während welcher sie sich an seinem
Entzücken geweidet hatte, lispelte sie, ihr Antlitz
hinter dem Fächer verbergend: Nun? O Nizza!


In dieſem Sinnen, Wiegen und Spielen hatte
ihre Seele die reizendſten und glänzendſten Bilder
der Vergangenheit hervorgezaubert, als ſie plötzlich
durch den Ruf: Alle Donnerwetter! aus ihren
Phantaſien erweckt wurde. Karl Buttervogel ſtand
vor ihr. Er war auf ſeinem Rückwege vom Vogel-
heerde durch ein Loch in der Hecke unter dem Schne-
ckenberge gekrochen, denn er ging, wie alle Bedien-
ten nicht gern auf dem geraden Wege nach Hauſe,
ſondern pflegte ſich, wo es nur möglich war, einen
heimlichen Katzenſteig zu bahnen.

Nichts in der Welt hätte ihn mehr überraſchen kön-
nen, als was er jetzt vor ſeiner Wohnung zu ſehen be-
kam. Er ſtand, eine ſtarre Bildſäule vor Emerentien,
muſterte mit rollenden Augen ihre Geſtalt und ihren
bunten Putz, der Mund lief ihm voll Waſſer und:
Alle Donnerwetter! waren die einzigen Worte, die
er von Zeit zu Zeit hervorbringen konnte.

Emerentia ſah, wie ſie auf den Prätendenten
von Hechelkram wirkte. Ihre Bruſt ſchwoll von
dem ſüßen Triumphe, den ſie erlebte. Nach
einer Pauſe, während welcher ſie ſich an ſeinem
Entzücken geweidet hatte, lispelte ſie, ihr Antlitz
hinter dem Fächer verbergend: Nun? O Nizza!


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0298" n="284"/>
          <p>In die&#x017F;em Sinnen, Wiegen und Spielen hatte<lb/>
ihre Seele die reizend&#x017F;ten und glänzend&#x017F;ten Bilder<lb/>
der Vergangenheit hervorgezaubert, als &#x017F;ie plötzlich<lb/>
durch den Ruf: Alle Donnerwetter! aus ihren<lb/>
Phanta&#x017F;ien erweckt wurde. Karl Buttervogel &#x017F;tand<lb/>
vor ihr. Er war auf &#x017F;einem Rückwege vom Vogel-<lb/>
heerde durch ein Loch in der Hecke unter dem Schne-<lb/>
ckenberge gekrochen, denn er ging, wie alle Bedien-<lb/>
ten nicht gern auf dem geraden Wege nach Hau&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;ondern pflegte &#x017F;ich, wo es nur möglich war, einen<lb/>
heimlichen Katzen&#x017F;teig zu bahnen.</p><lb/>
          <p>Nichts in der Welt hätte ihn mehr überra&#x017F;chen kön-<lb/>
nen, als was er jetzt vor &#x017F;einer Wohnung zu &#x017F;ehen be-<lb/>
kam. Er &#x017F;tand, eine &#x017F;tarre Bild&#x017F;äule vor Emerentien,<lb/>
mu&#x017F;terte mit rollenden Augen ihre Ge&#x017F;talt und ihren<lb/>
bunten Putz, der Mund lief ihm voll Wa&#x017F;&#x017F;er und:<lb/>
Alle Donnerwetter! waren die einzigen Worte, die<lb/>
er von Zeit zu Zeit hervorbringen konnte.</p><lb/>
          <p>Emerentia &#x017F;ah, wie &#x017F;ie auf den Prätendenten<lb/>
von Hechelkram wirkte. Ihre Bru&#x017F;t &#x017F;chwoll von<lb/>
dem &#x017F;üßen Triumphe, den &#x017F;ie erlebte. Nach<lb/>
einer Pau&#x017F;e, während welcher &#x017F;ie &#x017F;ich an &#x017F;einem<lb/>
Entzücken geweidet hatte, lispelte &#x017F;ie, ihr Antlitz<lb/>
hinter dem Fächer verbergend: Nun? O Nizza!</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0298] In dieſem Sinnen, Wiegen und Spielen hatte ihre Seele die reizendſten und glänzendſten Bilder der Vergangenheit hervorgezaubert, als ſie plötzlich durch den Ruf: Alle Donnerwetter! aus ihren Phantaſien erweckt wurde. Karl Buttervogel ſtand vor ihr. Er war auf ſeinem Rückwege vom Vogel- heerde durch ein Loch in der Hecke unter dem Schne- ckenberge gekrochen, denn er ging, wie alle Bedien- ten nicht gern auf dem geraden Wege nach Hauſe, ſondern pflegte ſich, wo es nur möglich war, einen heimlichen Katzenſteig zu bahnen. Nichts in der Welt hätte ihn mehr überraſchen kön- nen, als was er jetzt vor ſeiner Wohnung zu ſehen be- kam. Er ſtand, eine ſtarre Bildſäule vor Emerentien, muſterte mit rollenden Augen ihre Geſtalt und ihren bunten Putz, der Mund lief ihm voll Waſſer und: Alle Donnerwetter! waren die einzigen Worte, die er von Zeit zu Zeit hervorbringen konnte. Emerentia ſah, wie ſie auf den Prätendenten von Hechelkram wirkte. Ihre Bruſt ſchwoll von dem ſüßen Triumphe, den ſie erlebte. Nach einer Pauſe, während welcher ſie ſich an ſeinem Entzücken geweidet hatte, lispelte ſie, ihr Antlitz hinter dem Fächer verbergend: Nun? O Nizza!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/298
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/298>, abgerufen am 25.11.2024.