Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

ganz still und ließ mit sich vornehmen, was der
rauhe Künstler wollte.

Das kann Euch eine theure Hochzeit werden,
sagte die erste Magd. Denn die Blässe ist melk,
und wenn sie verkalbt, so seid Ihr vom Hof.

Und wenn Ihr noch ein einzigesmal Euren
Rachen aufreißt, so kriegt Ihr auch den Zaunpfahl
an den Hirnkasten! rief der Zornige. -- Denn der
Baas hat mir lange keinen Spruch mitgetheilt und
jach seyn zum Hader thut auch mitunter gut, und
an so einem Ehrentage muß man keinen Menschen
cujoniren. -- Er gab der geschmückten Blässe einen
Schlag auf die Hüften und sagte: Nun stehe ge-
rade und halte die Hörner steif, damit du nach
etwas aussiehst, wenn die Herrschaften hier speisen.

Während auf diese nachdrückliche Weise unten
die Hochzeitsanstalten betrieben wurden, legte der
Hofschulze oben in der Kammer, worin er das
Schwert Karls des Großen verwahrte, seinen
Staat an. Das hauptsächlichste Stück des Feier-
putzes, welches die Bauern der dortigen Gegend
tragen, ist die Menge der Jacken, welche sie unter
dem Rocke anziehen. Je reicher der Bauer ist,
um so mehrere Jacken zieht er bei außerordentlichen

ganz ſtill und ließ mit ſich vornehmen, was der
rauhe Künſtler wollte.

Das kann Euch eine theure Hochzeit werden,
ſagte die erſte Magd. Denn die Bläſſe iſt melk,
und wenn ſie verkalbt, ſo ſeid Ihr vom Hof.

Und wenn Ihr noch ein einzigesmal Euren
Rachen aufreißt, ſo kriegt Ihr auch den Zaunpfahl
an den Hirnkaſten! rief der Zornige. — Denn der
Baas hat mir lange keinen Spruch mitgetheilt und
jach ſeyn zum Hader thut auch mitunter gut, und
an ſo einem Ehrentage muß man keinen Menſchen
cujoniren. — Er gab der geſchmückten Bläſſe einen
Schlag auf die Hüften und ſagte: Nun ſtehe ge-
rade und halte die Hörner ſteif, damit du nach
etwas ausſiehſt, wenn die Herrſchaften hier ſpeiſen.

Während auf dieſe nachdrückliche Weiſe unten
die Hochzeitsanſtalten betrieben wurden, legte der
Hofſchulze oben in der Kammer, worin er das
Schwert Karls des Großen verwahrte, ſeinen
Staat an. Das hauptſächlichſte Stück des Feier-
putzes, welches die Bauern der dortigen Gegend
tragen, iſt die Menge der Jacken, welche ſie unter
dem Rocke anziehen. Je reicher der Bauer iſt,
um ſo mehrere Jacken zieht er bei außerordentlichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0022" n="8"/>
ganz &#x017F;till und ließ mit &#x017F;ich vornehmen, was der<lb/>
rauhe Kün&#x017F;tler wollte.</p><lb/>
          <p>Das kann Euch eine theure Hochzeit werden,<lb/>
&#x017F;agte die er&#x017F;te Magd. Denn die Blä&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t melk,<lb/>
und wenn &#x017F;ie verkalbt, &#x017F;o &#x017F;eid Ihr vom Hof.</p><lb/>
          <p>Und wenn Ihr noch ein einzigesmal Euren<lb/>
Rachen aufreißt, &#x017F;o kriegt Ihr auch den Zaunpfahl<lb/>
an den Hirnka&#x017F;ten! rief der Zornige. &#x2014; Denn der<lb/>
Baas hat mir lange keinen Spruch mitgetheilt und<lb/>
jach &#x017F;eyn zum Hader thut auch mitunter gut, und<lb/>
an &#x017F;o einem Ehrentage muß man keinen Men&#x017F;chen<lb/>
cujoniren. &#x2014; Er gab der ge&#x017F;chmückten Blä&#x017F;&#x017F;e einen<lb/>
Schlag auf die Hüften und &#x017F;agte: Nun &#x017F;tehe ge-<lb/>
rade und halte die Hörner &#x017F;teif, damit du nach<lb/>
etwas aus&#x017F;ieh&#x017F;t, wenn die Herr&#x017F;chaften hier &#x017F;pei&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Während auf die&#x017F;e nachdrückliche Wei&#x017F;e unten<lb/>
die Hochzeitsan&#x017F;talten betrieben wurden, legte der<lb/>
Hof&#x017F;chulze oben in der Kammer, worin er das<lb/>
Schwert Karls des Großen verwahrte, &#x017F;einen<lb/>
Staat an. Das haupt&#x017F;ächlich&#x017F;te Stück des Feier-<lb/>
putzes, welches die Bauern der dortigen Gegend<lb/>
tragen, i&#x017F;t die Menge der Jacken, welche &#x017F;ie unter<lb/>
dem Rocke anziehen. Je reicher der Bauer i&#x017F;t,<lb/>
um &#x017F;o mehrere Jacken zieht er bei außerordentlichen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0022] ganz ſtill und ließ mit ſich vornehmen, was der rauhe Künſtler wollte. Das kann Euch eine theure Hochzeit werden, ſagte die erſte Magd. Denn die Bläſſe iſt melk, und wenn ſie verkalbt, ſo ſeid Ihr vom Hof. Und wenn Ihr noch ein einzigesmal Euren Rachen aufreißt, ſo kriegt Ihr auch den Zaunpfahl an den Hirnkaſten! rief der Zornige. — Denn der Baas hat mir lange keinen Spruch mitgetheilt und jach ſeyn zum Hader thut auch mitunter gut, und an ſo einem Ehrentage muß man keinen Menſchen cujoniren. — Er gab der geſchmückten Bläſſe einen Schlag auf die Hüften und ſagte: Nun ſtehe ge- rade und halte die Hörner ſteif, damit du nach etwas ausſiehſt, wenn die Herrſchaften hier ſpeiſen. Während auf dieſe nachdrückliche Weiſe unten die Hochzeitsanſtalten betrieben wurden, legte der Hofſchulze oben in der Kammer, worin er das Schwert Karls des Großen verwahrte, ſeinen Staat an. Das hauptſächlichſte Stück des Feier- putzes, welches die Bauern der dortigen Gegend tragen, iſt die Menge der Jacken, welche ſie unter dem Rocke anziehen. Je reicher der Bauer iſt, um ſo mehrere Jacken zieht er bei außerordentlichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/22
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/22>, abgerufen am 19.04.2024.