Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

auch ganz gefährlich aus, und der Landbaumeister,
der gestern hier vorsprach, sagte, wenn nicht bald
reparirt werde, so müsse die Obrigkeit Einsehen
haben und auf Abtragung des Dinges dringen,
welches jeden Tag einstürzen könne.

Der Jäger verwunderte sich über diese Reden,
die mit Lisbeths Beschreibungen in so großem Wi-
derspruch standen. Die Anwesenheit eines Frem-
den in dem sogenannten Schlosse kam ihm störend
vor; er fragte den Wirth: Was für ein Fremder
das sei?

O, versetzte der Mann, diesen Menschen kann
keine Menschenseele beschreiben; ich glaube aber,
daß er Gold macht.

Der Jäger schüttelte den Kopf über die när-
rischen Nachrichten, die er hier empfing und machte
sich rasch auf den Weg, denn ihn drängte es,
das Geschäft, was seiner Liebe beigesellt war, zu
Ende zu bringen. An diese dachte er mit aller
Freude des Herzens und dennoch -- schlich ein
tragischer Hauch über die reinen Wellen, welche
in seinem Busen wallten. Denn so ist es mit der
Liebe. Am Tage nach der süßesten Erklärung wirst
du, all dein Glück inniglich durchfühlend, verlegen

Immermann's Münchhausen. 3. Th. 13

auch ganz gefährlich aus, und der Landbaumeiſter,
der geſtern hier vorſprach, ſagte, wenn nicht bald
reparirt werde, ſo müſſe die Obrigkeit Einſehen
haben und auf Abtragung des Dinges dringen,
welches jeden Tag einſtürzen könne.

Der Jäger verwunderte ſich über dieſe Reden,
die mit Lisbeths Beſchreibungen in ſo großem Wi-
derſpruch ſtanden. Die Anweſenheit eines Frem-
den in dem ſogenannten Schloſſe kam ihm ſtörend
vor; er fragte den Wirth: Was für ein Fremder
das ſei?

O, verſetzte der Mann, dieſen Menſchen kann
keine Menſchenſeele beſchreiben; ich glaube aber,
daß er Gold macht.

Der Jäger ſchüttelte den Kopf über die när-
riſchen Nachrichten, die er hier empfing und machte
ſich raſch auf den Weg, denn ihn drängte es,
das Geſchäft, was ſeiner Liebe beigeſellt war, zu
Ende zu bringen. An dieſe dachte er mit aller
Freude des Herzens und dennoch — ſchlich ein
tragiſcher Hauch über die reinen Wellen, welche
in ſeinem Buſen wallten. Denn ſo iſt es mit der
Liebe. Am Tage nach der ſüßeſten Erklärung wirſt
du, all dein Glück inniglich durchfühlend, verlegen

Immermann’s Münchhauſen. 3. Th. 13
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0207" n="193"/>
auch ganz gefährlich aus, und der Landbaumei&#x017F;ter,<lb/>
der ge&#x017F;tern hier vor&#x017F;prach, &#x017F;agte, wenn nicht bald<lb/>
reparirt werde, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;e die Obrigkeit Ein&#x017F;ehen<lb/>
haben und auf Abtragung des Dinges dringen,<lb/>
welches jeden Tag ein&#x017F;türzen könne.</p><lb/>
          <p>Der Jäger verwunderte &#x017F;ich über die&#x017F;e Reden,<lb/>
die mit Lisbeths Be&#x017F;chreibungen in &#x017F;o großem Wi-<lb/>
der&#x017F;pruch &#x017F;tanden. Die Anwe&#x017F;enheit eines Frem-<lb/>
den in dem &#x017F;ogenannten Schlo&#x017F;&#x017F;e kam ihm &#x017F;törend<lb/>
vor; er fragte den Wirth: Was für ein Fremder<lb/>
das &#x017F;ei?</p><lb/>
          <p>O, ver&#x017F;etzte der Mann, die&#x017F;en Men&#x017F;chen kann<lb/>
keine Men&#x017F;chen&#x017F;eele be&#x017F;chreiben; ich glaube aber,<lb/>
daß er Gold macht.</p><lb/>
          <p>Der Jäger &#x017F;chüttelte den Kopf über die när-<lb/>
ri&#x017F;chen Nachrichten, die er hier empfing und machte<lb/>
&#x017F;ich ra&#x017F;ch auf den Weg, denn ihn drängte es,<lb/>
das Ge&#x017F;chäft, was &#x017F;einer Liebe beige&#x017F;ellt war, zu<lb/>
Ende zu bringen. An die&#x017F;e dachte er mit aller<lb/>
Freude des Herzens und dennoch &#x2014; &#x017F;chlich ein<lb/>
tragi&#x017F;cher Hauch über die reinen Wellen, welche<lb/>
in &#x017F;einem Bu&#x017F;en wallten. Denn &#x017F;o i&#x017F;t es mit der<lb/>
Liebe. Am Tage nach der &#x017F;üße&#x017F;ten Erklärung wir&#x017F;t<lb/>
du, all dein Glück inniglich durchfühlend, verlegen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Immermann&#x2019;s Münchhau&#x017F;en. 3. Th. 13</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0207] auch ganz gefährlich aus, und der Landbaumeiſter, der geſtern hier vorſprach, ſagte, wenn nicht bald reparirt werde, ſo müſſe die Obrigkeit Einſehen haben und auf Abtragung des Dinges dringen, welches jeden Tag einſtürzen könne. Der Jäger verwunderte ſich über dieſe Reden, die mit Lisbeths Beſchreibungen in ſo großem Wi- derſpruch ſtanden. Die Anweſenheit eines Frem- den in dem ſogenannten Schloſſe kam ihm ſtörend vor; er fragte den Wirth: Was für ein Fremder das ſei? O, verſetzte der Mann, dieſen Menſchen kann keine Menſchenſeele beſchreiben; ich glaube aber, daß er Gold macht. Der Jäger ſchüttelte den Kopf über die när- riſchen Nachrichten, die er hier empfing und machte ſich raſch auf den Weg, denn ihn drängte es, das Geſchäft, was ſeiner Liebe beigeſellt war, zu Ende zu bringen. An dieſe dachte er mit aller Freude des Herzens und dennoch — ſchlich ein tragiſcher Hauch über die reinen Wellen, welche in ſeinem Buſen wallten. Denn ſo iſt es mit der Liebe. Am Tage nach der ſüßeſten Erklärung wirſt du, all dein Glück inniglich durchfühlend, verlegen Immermann’s Münchhauſen. 3. Th. 13

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/207
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/207>, abgerufen am 25.11.2024.