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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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ihres Stammes einem verdorbenen Elemente ein-
zupflanzen, machen wir Käfer und Fliege zu an-
ständigen Leuten, die in der guten Gesellschaft
fortkommen können!

Allgemeiner Beifall folgte dieser Rede. Ein-
stimmig beschloß man, das Roß des Trygäos und
die blaue Schwärmerin sollten sittlich und anstän-
dig werden, sie möchten wollen oder nicht. Vor-
sichtig scharrte der Redner, der Ziegengatte Solon
(sie hatten sich lauter Namen von weisen und
erhabenen Männern des Alterthums beigelegt;)
den Käfer von seinem Mahle mit der Klaue hin-
weg und trieb ihn in eine Felsritze, die sofort
durch einen vorgewälzten Kiesel zum Besserungs-
gemache erschaffen wurde. Diese Unternehmung
hatte wenig Schwierigkeiten gehabt, denn ehe ein
Käfer zum Fliegen gelangt, dauert es einige Zeit
mit Bauchdehnen und Halsrecken. Schlauer mußte
man mit der Fliege zu Werke gehen, der wohl-
beschwingten Schwärmerin. Indessen gelang es
dem jungen Plato, einem Ziegengatten von der
unerreichbarsten Hoheit der Gedanken, die zu Bes-
sernde zu beschleichen, sie mit seinen Lippen zu er-
schnappen und zwischen denselben nach dem Astloche

ihres Stammes einem verdorbenen Elemente ein-
zupflanzen, machen wir Käfer und Fliege zu an-
ſtändigen Leuten, die in der guten Geſellſchaft
fortkommen können!

Allgemeiner Beifall folgte dieſer Rede. Ein-
ſtimmig beſchloß man, das Roß des Trygäos und
die blaue Schwärmerin ſollten ſittlich und anſtän-
dig werden, ſie möchten wollen oder nicht. Vor-
ſichtig ſcharrte der Redner, der Ziegengatte Solon
(ſie hatten ſich lauter Namen von weiſen und
erhabenen Männern des Alterthums beigelegt;)
den Käfer von ſeinem Mahle mit der Klaue hin-
weg und trieb ihn in eine Felsritze, die ſofort
durch einen vorgewälzten Kieſel zum Beſſerungs-
gemache erſchaffen wurde. Dieſe Unternehmung
hatte wenig Schwierigkeiten gehabt, denn ehe ein
Käfer zum Fliegen gelangt, dauert es einige Zeit
mit Bauchdehnen und Halsrecken. Schlauer mußte
man mit der Fliege zu Werke gehen, der wohl-
beſchwingten Schwärmerin. Indeſſen gelang es
dem jungen Plato, einem Ziegengatten von der
unerreichbarſten Hoheit der Gedanken, die zu Beſ-
ſernde zu beſchleichen, ſie mit ſeinen Lippen zu er-
ſchnappen und zwiſchen denſelben nach dem Aſtloche

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[160/0178] ihres Stammes einem verdorbenen Elemente ein- zupflanzen, machen wir Käfer und Fliege zu an- ſtändigen Leuten, die in der guten Geſellſchaft fortkommen können! Allgemeiner Beifall folgte dieſer Rede. Ein- ſtimmig beſchloß man, das Roß des Trygäos und die blaue Schwärmerin ſollten ſittlich und anſtän- dig werden, ſie möchten wollen oder nicht. Vor- ſichtig ſcharrte der Redner, der Ziegengatte Solon (ſie hatten ſich lauter Namen von weiſen und erhabenen Männern des Alterthums beigelegt;) den Käfer von ſeinem Mahle mit der Klaue hin- weg und trieb ihn in eine Felsritze, die ſofort durch einen vorgewälzten Kieſel zum Beſſerungs- gemache erſchaffen wurde. Dieſe Unternehmung hatte wenig Schwierigkeiten gehabt, denn ehe ein Käfer zum Fliegen gelangt, dauert es einige Zeit mit Bauchdehnen und Halsrecken. Schlauer mußte man mit der Fliege zu Werke gehen, der wohl- beſchwingten Schwärmerin. Indeſſen gelang es dem jungen Plato, einem Ziegengatten von der unerreichbarſten Hoheit der Gedanken, die zu Beſ- ſernde zu beſchleichen, ſie mit ſeinen Lippen zu er- ſchnappen und zwiſchen denſelben nach dem Aſtloche

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/178>, abgerufen am 27.04.2024.