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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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Endlich legt sich der Sturm und Alles lagert
sich wieder zum Schlummer. Ich aber liege, halb
todt von allen den Pfoten, Schnauzen, Köpfen,
Bäuchen, die mir Liebe hatten erzeigen wollen. Der
Schreck war freilich das Meiste gewesen, denn keines
der gutmüthigen Thiere hatte mir wehe gethan,
sie hatten sich vor jeglicher Rohheit zu hüten gewußt.
Nur das Schieben und Schroten der Kinnbacken
wollte nicht wieder geläufig in Gang kommen,
dieser ganze Hergang war durch die Heftigkeit der
Neigungen, die ich erdulden müssen, gehemmt wor-
den, ich empfand einige Störungen im Verdauungs-
geschäfte.

Aber wie wenig bedeuteten diese Unbequemlich-
keiten gegen den Seelenschmerz und die geistige
Unruhe, die ich in jener Nacht durchzudulden
hatte! Ist es möglich, daß du unter Ziegen auf-
gehört haben solltest, ein Mensch zu seyn? sprach
ich zu mir selber. -- Warum hast du dich gehen
lassen, warum deine angeborene Würde nicht im
Auge behalten, nicht treu und fest im Auge behal-
ten die schreckliche Gefahr herabziehenden Umgangs
und erschlaffender Gewohnheit? Noch zitterte in
mir ein schwacher Strahl der Hoffnung, daß Alles

Endlich legt ſich der Sturm und Alles lagert
ſich wieder zum Schlummer. Ich aber liege, halb
todt von allen den Pfoten, Schnauzen, Köpfen,
Bäuchen, die mir Liebe hatten erzeigen wollen. Der
Schreck war freilich das Meiſte geweſen, denn keines
der gutmüthigen Thiere hatte mir wehe gethan,
ſie hatten ſich vor jeglicher Rohheit zu hüten gewußt.
Nur das Schieben und Schroten der Kinnbacken
wollte nicht wieder geläufig in Gang kommen,
dieſer ganze Hergang war durch die Heftigkeit der
Neigungen, die ich erdulden müſſen, gehemmt wor-
den, ich empfand einige Störungen im Verdauungs-
geſchäfte.

Aber wie wenig bedeuteten dieſe Unbequemlich-
keiten gegen den Seelenſchmerz und die geiſtige
Unruhe, die ich in jener Nacht durchzudulden
hatte! Iſt es möglich, daß du unter Ziegen auf-
gehört haben ſollteſt, ein Menſch zu ſeyn? ſprach
ich zu mir ſelber. — Warum haſt du dich gehen
laſſen, warum deine angeborene Würde nicht im
Auge behalten, nicht treu und feſt im Auge behal-
ten die ſchreckliche Gefahr herabziehenden Umgangs
und erſchlaffender Gewohnheit? Noch zitterte in
mir ein ſchwacher Strahl der Hoffnung, daß Alles

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[142/0160] Endlich legt ſich der Sturm und Alles lagert ſich wieder zum Schlummer. Ich aber liege, halb todt von allen den Pfoten, Schnauzen, Köpfen, Bäuchen, die mir Liebe hatten erzeigen wollen. Der Schreck war freilich das Meiſte geweſen, denn keines der gutmüthigen Thiere hatte mir wehe gethan, ſie hatten ſich vor jeglicher Rohheit zu hüten gewußt. Nur das Schieben und Schroten der Kinnbacken wollte nicht wieder geläufig in Gang kommen, dieſer ganze Hergang war durch die Heftigkeit der Neigungen, die ich erdulden müſſen, gehemmt wor- den, ich empfand einige Störungen im Verdauungs- geſchäfte. Aber wie wenig bedeuteten dieſe Unbequemlich- keiten gegen den Seelenſchmerz und die geiſtige Unruhe, die ich in jener Nacht durchzudulden hatte! Iſt es möglich, daß du unter Ziegen auf- gehört haben ſollteſt, ein Menſch zu ſeyn? ſprach ich zu mir ſelber. — Warum haſt du dich gehen laſſen, warum deine angeborene Würde nicht im Auge behalten, nicht treu und feſt im Auge behal- ten die ſchreckliche Gefahr herabziehenden Umgangs und erſchlaffender Gewohnheit? Noch zitterte in mir ein ſchwacher Strahl der Hoffnung, daß Alles

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/160>, abgerufen am 23.12.2024.