indessen meine Hand. Er scheint mir dennoch ein guter Kerl zu seyn, und spricht vermuthlich so dummes Zeug, weil Er auch nicht geschlafen hat, denn die Nacht war unruhig. Der Alte reichte dem Bedienten die Hand zum Kuß, dieser ergriff sie seufzend und drückte mit den halblauten Wor- ten: Was hilft mir die Hand, wenn ich den Söller nicht behalte? einen Kuß darauf, worüber der Schloßherr gerührt wurde und einige Thränen vergoß. Er befahl hierauf seinem Verehrer, den Herrn zu ihm zu rufen, da er nothwendig mit diesem sprechen müsse, und er solle auch wieder mitkommen. Karl Buttervogel ging die Söller- treppe hinab und murrte: Das weiß ich schon, auf all mein Glück legt der Teufel seinen Schwanz; wo soll ich nun in Zukunft meine stillen Mahlzeiten halten?
Er suchte seinen Herrn in der Stube, im Hofe; endlich fand er ihn im Garten in der Taxuslaube hinter dem Genius des Schweigens. Dort hatte Münchhausen, um dem unermüdlichen Sägen des Schulmeisters zu entrinnen, seinen Kaffee getrunken, und war dann auf der Moosbank etwas eingenickt. Abermals erweckt, machte er ein erbarmenswürdiges
indeſſen meine Hand. Er ſcheint mir dennoch ein guter Kerl zu ſeyn, und ſpricht vermuthlich ſo dummes Zeug, weil Er auch nicht geſchlafen hat, denn die Nacht war unruhig. Der Alte reichte dem Bedienten die Hand zum Kuß, dieſer ergriff ſie ſeufzend und drückte mit den halblauten Wor- ten: Was hilft mir die Hand, wenn ich den Söller nicht behalte? einen Kuß darauf, worüber der Schloßherr gerührt wurde und einige Thränen vergoß. Er befahl hierauf ſeinem Verehrer, den Herrn zu ihm zu rufen, da er nothwendig mit dieſem ſprechen müſſe, und er ſolle auch wieder mitkommen. Karl Buttervogel ging die Söller- treppe hinab und murrte: Das weiß ich ſchon, auf all mein Glück legt der Teufel ſeinen Schwanz; wo ſoll ich nun in Zukunft meine ſtillen Mahlzeiten halten?
Er ſuchte ſeinen Herrn in der Stube, im Hofe; endlich fand er ihn im Garten in der Taxuslaube hinter dem Genius des Schweigens. Dort hatte Münchhauſen, um dem unermüdlichen Sägen des Schulmeiſters zu entrinnen, ſeinen Kaffee getrunken, und war dann auf der Moosbank etwas eingenickt. Abermals erweckt, machte er ein erbarmenswürdiges
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0112"n="94"/>
indeſſen meine Hand. Er ſcheint mir dennoch ein<lb/>
guter Kerl zu ſeyn, und ſpricht vermuthlich ſo<lb/>
dummes Zeug, weil Er auch nicht geſchlafen hat,<lb/>
denn die Nacht war unruhig. Der Alte reichte<lb/>
dem Bedienten die Hand zum Kuß, dieſer ergriff<lb/>ſie ſeufzend und drückte mit den halblauten Wor-<lb/>
ten: Was hilft mir die Hand, wenn ich den Söller<lb/>
nicht behalte? einen Kuß darauf, worüber der<lb/>
Schloßherr gerührt wurde und einige Thränen<lb/>
vergoß. Er befahl hierauf ſeinem Verehrer, den<lb/>
Herrn zu ihm zu rufen, da er nothwendig mit<lb/>
dieſem ſprechen müſſe, und er ſolle auch wieder<lb/>
mitkommen. Karl Buttervogel ging die Söller-<lb/>
treppe hinab und murrte: Das weiß ich ſchon,<lb/>
auf all mein Glück legt der Teufel ſeinen Schwanz;<lb/>
wo ſoll ich nun in Zukunft meine ſtillen Mahlzeiten<lb/>
halten?</p><lb/><p>Er ſuchte ſeinen Herrn in der Stube, im Hofe;<lb/>
endlich fand er ihn im Garten in der Taxuslaube<lb/>
hinter dem Genius des Schweigens. Dort hatte<lb/>
Münchhauſen, um dem unermüdlichen Sägen des<lb/>
Schulmeiſters zu entrinnen, ſeinen Kaffee getrunken,<lb/>
und war dann auf der Moosbank etwas eingenickt.<lb/>
Abermals erweckt, machte er ein erbarmenswürdiges<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[94/0112]
indeſſen meine Hand. Er ſcheint mir dennoch ein
guter Kerl zu ſeyn, und ſpricht vermuthlich ſo
dummes Zeug, weil Er auch nicht geſchlafen hat,
denn die Nacht war unruhig. Der Alte reichte
dem Bedienten die Hand zum Kuß, dieſer ergriff
ſie ſeufzend und drückte mit den halblauten Wor-
ten: Was hilft mir die Hand, wenn ich den Söller
nicht behalte? einen Kuß darauf, worüber der
Schloßherr gerührt wurde und einige Thränen
vergoß. Er befahl hierauf ſeinem Verehrer, den
Herrn zu ihm zu rufen, da er nothwendig mit
dieſem ſprechen müſſe, und er ſolle auch wieder
mitkommen. Karl Buttervogel ging die Söller-
treppe hinab und murrte: Das weiß ich ſchon,
auf all mein Glück legt der Teufel ſeinen Schwanz;
wo ſoll ich nun in Zukunft meine ſtillen Mahlzeiten
halten?
Er ſuchte ſeinen Herrn in der Stube, im Hofe;
endlich fand er ihn im Garten in der Taxuslaube
hinter dem Genius des Schweigens. Dort hatte
Münchhauſen, um dem unermüdlichen Sägen des
Schulmeiſters zu entrinnen, ſeinen Kaffee getrunken,
und war dann auf der Moosbank etwas eingenickt.
Abermals erweckt, machte er ein erbarmenswürdiges
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/112>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.