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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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linge in dieser Beleuchtung zu einer Gruppe
vereinigt sah, so fühlte sie sich in ihrem Bewußt-
seyn völlig vernichtet, und rang vergebens nach
einem Anker für ihre rathlose Seele. Zugleich
aber ängstigte sie das Schweigen, welches nach den
Verhandlungen zwischen dem Freiherrn und dem
Schulmeister in der Gesellschaft entstanden war,
und nicht weichen wollte. Denn ihr Vater schnitzte,
wie er zu thun pflegte, wenn er gänzlich verstimmt
war, mit seinem Federmesser Einkerbungen in den
schlechten hölzernen Tisch, um welchen Alle saßen,
und murrte nur halblaut vor sich hin: Der Schul-
meister schnappt noch gar über! Es war ja die
pure, blanke Gottes-Satire auf den Hirseschwenzel,
oder Schmirsehenzel, oder wie der Mensch sonst heißen
mag! Denn Dichterei und Romanenwesen ist meine
Sache nicht, sondern Natur- und Völkerkunde.

Der Schulmeister aber saß schweigend und
zornroth da. Er hatte zwar Münchhausen's Ant-
wort nicht eben ganz verstanden, fühlte jedoch, daß
darin ein Stich liegen müsse. In diesem Punkte
war nun nicht mit ihm zu scherzen, denn seine
Eitelkeit war nur seiner unbegrenzten Vorliebe für
die Sitten der alten Sparter gleich.


linge in dieſer Beleuchtung zu einer Gruppe
vereinigt ſah, ſo fühlte ſie ſich in ihrem Bewußt-
ſeyn völlig vernichtet, und rang vergebens nach
einem Anker für ihre rathloſe Seele. Zugleich
aber ängſtigte ſie das Schweigen, welches nach den
Verhandlungen zwiſchen dem Freiherrn und dem
Schulmeiſter in der Geſellſchaft entſtanden war,
und nicht weichen wollte. Denn ihr Vater ſchnitzte,
wie er zu thun pflegte, wenn er gänzlich verſtimmt
war, mit ſeinem Federmeſſer Einkerbungen in den
ſchlechten hölzernen Tiſch, um welchen Alle ſaßen,
und murrte nur halblaut vor ſich hin: Der Schul-
meiſter ſchnappt noch gar über! Es war ja die
pure, blanke Gottes-Satire auf den Hirſeſchwenzel,
oder Schmirſehenzel, oder wie der Menſch ſonſt heißen
mag! Denn Dichterei und Romanenweſen iſt meine
Sache nicht, ſondern Natur- und Völkerkunde.

Der Schulmeiſter aber ſaß ſchweigend und
zornroth da. Er hatte zwar Münchhauſen’s Ant-
wort nicht eben ganz verſtanden, fühlte jedoch, daß
darin ein Stich liegen müſſe. In dieſem Punkte
war nun nicht mit ihm zu ſcherzen, denn ſeine
Eitelkeit war nur ſeiner unbegrenzten Vorliebe für
die Sitten der alten Sparter gleich.


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[70/0078] linge in dieſer Beleuchtung zu einer Gruppe vereinigt ſah, ſo fühlte ſie ſich in ihrem Bewußt- ſeyn völlig vernichtet, und rang vergebens nach einem Anker für ihre rathloſe Seele. Zugleich aber ängſtigte ſie das Schweigen, welches nach den Verhandlungen zwiſchen dem Freiherrn und dem Schulmeiſter in der Geſellſchaft entſtanden war, und nicht weichen wollte. Denn ihr Vater ſchnitzte, wie er zu thun pflegte, wenn er gänzlich verſtimmt war, mit ſeinem Federmeſſer Einkerbungen in den ſchlechten hölzernen Tiſch, um welchen Alle ſaßen, und murrte nur halblaut vor ſich hin: Der Schul- meiſter ſchnappt noch gar über! Es war ja die pure, blanke Gottes-Satire auf den Hirſeſchwenzel, oder Schmirſehenzel, oder wie der Menſch ſonſt heißen mag! Denn Dichterei und Romanenweſen iſt meine Sache nicht, ſondern Natur- und Völkerkunde. Der Schulmeiſter aber ſaß ſchweigend und zornroth da. Er hatte zwar Münchhauſen’s Ant- wort nicht eben ganz verſtanden, fühlte jedoch, daß darin ein Stich liegen müſſe. In dieſem Punkte war nun nicht mit ihm zu ſcherzen, denn ſeine Eitelkeit war nur ſeiner unbegrenzten Vorliebe für die Sitten der alten Sparter gleich.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/78>, abgerufen am 24.11.2024.