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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Der Schulze machte darauf eine dankende Ver-
beugung. Die Küsterin und die Magd trugen die
Körbe hinaus und packten sie auf den Wagen. Zu
gleicher Zeit sah der Jäger, daß die eine Hofes-
magd aus dem Zimmer, worin der Geistliche gespeist
hatte, Schüsseln und Teller auf den Flur trug,
und sie, indem Jener auf die Schwelle des Zim-
mers trat, vor seinen Augen wusch. Nachdem sie
diese Reinigung verrichtet, näherte sie sich dem
Geistlichen, er holte aus einem Papiere eine kleine
Münze und gab sie ihr.

Der Küster ließ sich indessen den Eaffee schmecken,
und da auch für den Jäger eine Tasse hingestellt
worden war, so setzte sich dieser zu ihm. Ich bin
hier fremd, sagte der junge Mann, und verstehe
zum Theil die Gebräuche nicht, welche ich heute
gesehen habe; wollen Sie mir dieselben nicht erklä-
ren, Herr Küster? Ist es eine Verpflichtung, daß
die Bauern den Herrn Diaconus in Naturalien
unterhalten müssen?

Verpflichtung in Betreff der Hühner, Eier und
Käse, nicht der Rollkuchen, welche der gute Wille
sind, jedoch auch jederzeit unweigerlich abgestattet
werden, erwiederte der Küster höchst ernsthaft.

Immermann's Münchhausen. 1. Th. 25

Der Schulze machte darauf eine dankende Ver-
beugung. Die Küſterin und die Magd trugen die
Körbe hinaus und packten ſie auf den Wagen. Zu
gleicher Zeit ſah der Jäger, daß die eine Hofes-
magd aus dem Zimmer, worin der Geiſtliche geſpeiſt
hatte, Schüſſeln und Teller auf den Flur trug,
und ſie, indem Jener auf die Schwelle des Zim-
mers trat, vor ſeinen Augen wuſch. Nachdem ſie
dieſe Reinigung verrichtet, näherte ſie ſich dem
Geiſtlichen, er holte aus einem Papiere eine kleine
Münze und gab ſie ihr.

Der Küſter ließ ſich indeſſen den Eaffee ſchmecken,
und da auch für den Jäger eine Taſſe hingeſtellt
worden war, ſo ſetzte ſich dieſer zu ihm. Ich bin
hier fremd, ſagte der junge Mann, und verſtehe
zum Theil die Gebräuche nicht, welche ich heute
geſehen habe; wollen Sie mir dieſelben nicht erklä-
ren, Herr Küſter? Iſt es eine Verpflichtung, daß
die Bauern den Herrn Diaconus in Naturalien
unterhalten müſſen?

Verpflichtung in Betreff der Hühner, Eier und
Käſe, nicht der Rollkuchen, welche der gute Wille
ſind, jedoch auch jederzeit unweigerlich abgeſtattet
werden, erwiederte der Küſter höchſt ernſthaft.

Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 25
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[385/0393] Der Schulze machte darauf eine dankende Ver- beugung. Die Küſterin und die Magd trugen die Körbe hinaus und packten ſie auf den Wagen. Zu gleicher Zeit ſah der Jäger, daß die eine Hofes- magd aus dem Zimmer, worin der Geiſtliche geſpeiſt hatte, Schüſſeln und Teller auf den Flur trug, und ſie, indem Jener auf die Schwelle des Zim- mers trat, vor ſeinen Augen wuſch. Nachdem ſie dieſe Reinigung verrichtet, näherte ſie ſich dem Geiſtlichen, er holte aus einem Papiere eine kleine Münze und gab ſie ihr. Der Küſter ließ ſich indeſſen den Eaffee ſchmecken, und da auch für den Jäger eine Taſſe hingeſtellt worden war, ſo ſetzte ſich dieſer zu ihm. Ich bin hier fremd, ſagte der junge Mann, und verſtehe zum Theil die Gebräuche nicht, welche ich heute geſehen habe; wollen Sie mir dieſelben nicht erklä- ren, Herr Küſter? Iſt es eine Verpflichtung, daß die Bauern den Herrn Diaconus in Naturalien unterhalten müſſen? Verpflichtung in Betreff der Hühner, Eier und Käſe, nicht der Rollkuchen, welche der gute Wille ſind, jedoch auch jederzeit unweigerlich abgeſtattet werden, erwiederte der Küſter höchſt ernſthaft. Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 25

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/393>, abgerufen am 18.06.2024.