Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorsatz und der Ausführung liegen, auch steht
nun die Frage, welche Rache ich eigentlich an ihm
nehmen soll? aber das wird sich schon Alles finden.

Dieser Brief, wie ich ihn überlese, kommt mir
ganz possirlich vor. Vorn stehen recht hübsche
Bemerkungen, hinten dergleichen, ich brauche mich
ihrer gar nicht zu schämen, und in der Mitte ist's,
als ob ein dummer Bub' seine Eulenspiegelei
erzählt.

Nun, ich werd' ja endlich auch klug werden. --
Wenn Einen die Leut' nur verständen in der
Fremde! Alles muß man dreimal sagen, bevor's
gefaßt wird. Und wenn man nicht gar ein Stock-
schwab ist, sondern im Gegentheil in der Welt
umhergekommen, und Andere vielfältig hat reden
hören, so kann man sich selbst durch unser Zischen
und Prasseln hin und wieder beschwert fühlen. Wir
haben doch Geist, so viel wie die Uebrigen, warum
können wir denn das Wort nicht gelind, sanft und
zart von uns geben, sondern sprechen immer:
Keescht? Aber ich denke, aus: Keescht kann
allezeit durch Abschwächen und Filtriren: Geist
werden, nicht aber umgekehrt aus Geist, Keescht.
Und so wird's der Herr in diesem Punct, wie

Vorſatz und der Ausführung liegen, auch ſteht
nun die Frage, welche Rache ich eigentlich an ihm
nehmen ſoll? aber das wird ſich ſchon Alles finden.

Dieſer Brief, wie ich ihn überleſe, kommt mir
ganz poſſirlich vor. Vorn ſtehen recht hübſche
Bemerkungen, hinten dergleichen, ich brauche mich
ihrer gar nicht zu ſchämen, und in der Mitte iſt’s,
als ob ein dummer Bub’ ſeine Eulenſpiegelei
erzählt.

Nun, ich werd’ ja endlich auch klug werden. —
Wenn Einen die Leut’ nur verſtänden in der
Fremde! Alles muß man dreimal ſagen, bevor’s
gefaßt wird. Und wenn man nicht gar ein Stock-
ſchwab iſt, ſondern im Gegentheil in der Welt
umhergekommen, und Andere vielfältig hat reden
hören, ſo kann man ſich ſelbſt durch unſer Ziſchen
und Praſſeln hin und wieder beſchwert fühlen. Wir
haben doch Geiſt, ſo viel wie die Uebrigen, warum
können wir denn das Wort nicht gelind, ſanft und
zart von uns geben, ſondern ſprechen immer:
Keeſcht? Aber ich denke, aus: Keeſcht kann
allezeit durch Abſchwächen und Filtriren: Geiſt
werden, nicht aber umgekehrt aus Geiſt, Keeſcht.
Und ſo wird’s der Herr in dieſem Punct, wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0354" n="346"/>
Vor&#x017F;atz und der Ausführung liegen, auch &#x017F;teht<lb/>
nun die Frage, welche Rache ich eigentlich an ihm<lb/>
nehmen &#x017F;oll? aber das wird &#x017F;ich &#x017F;chon Alles finden.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er Brief, wie ich ihn überle&#x017F;e, kommt mir<lb/>
ganz po&#x017F;&#x017F;irlich vor. Vorn &#x017F;tehen recht hüb&#x017F;che<lb/>
Bemerkungen, hinten dergleichen, ich brauche mich<lb/>
ihrer gar nicht zu &#x017F;chämen, und in der Mitte i&#x017F;t&#x2019;s,<lb/>
als ob ein dummer Bub&#x2019; &#x017F;eine Eulen&#x017F;piegelei<lb/>
erzählt.</p><lb/>
          <p>Nun, ich werd&#x2019; ja endlich auch klug werden. &#x2014;<lb/>
Wenn Einen die Leut&#x2019; nur ver&#x017F;tänden in der<lb/>
Fremde! Alles muß man dreimal &#x017F;agen, bevor&#x2019;s<lb/>
gefaßt wird. Und wenn man nicht gar ein Stock-<lb/>
&#x017F;chwab i&#x017F;t, &#x017F;ondern im Gegentheil in der Welt<lb/>
umhergekommen, und Andere vielfältig hat reden<lb/>
hören, &#x017F;o kann man &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t durch un&#x017F;er Zi&#x017F;chen<lb/>
und Pra&#x017F;&#x017F;eln hin und wieder be&#x017F;chwert fühlen. Wir<lb/>
haben doch Gei&#x017F;t, &#x017F;o viel wie die Uebrigen, warum<lb/>
können wir denn das Wort nicht gelind, &#x017F;anft und<lb/>
zart von uns geben, &#x017F;ondern &#x017F;prechen immer:<lb/><hi rendition="#g">Kee&#x017F;cht</hi>? Aber ich denke, aus: <hi rendition="#g">Kee&#x017F;cht</hi> kann<lb/>
allezeit durch Ab&#x017F;chwächen und Filtriren: <hi rendition="#g">Gei&#x017F;t</hi><lb/>
werden, nicht aber umgekehrt aus Gei&#x017F;t, Kee&#x017F;cht.<lb/>
Und &#x017F;o wird&#x2019;s der Herr in die&#x017F;em Punct, wie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[346/0354] Vorſatz und der Ausführung liegen, auch ſteht nun die Frage, welche Rache ich eigentlich an ihm nehmen ſoll? aber das wird ſich ſchon Alles finden. Dieſer Brief, wie ich ihn überleſe, kommt mir ganz poſſirlich vor. Vorn ſtehen recht hübſche Bemerkungen, hinten dergleichen, ich brauche mich ihrer gar nicht zu ſchämen, und in der Mitte iſt’s, als ob ein dummer Bub’ ſeine Eulenſpiegelei erzählt. Nun, ich werd’ ja endlich auch klug werden. — Wenn Einen die Leut’ nur verſtänden in der Fremde! Alles muß man dreimal ſagen, bevor’s gefaßt wird. Und wenn man nicht gar ein Stock- ſchwab iſt, ſondern im Gegentheil in der Welt umhergekommen, und Andere vielfältig hat reden hören, ſo kann man ſich ſelbſt durch unſer Ziſchen und Praſſeln hin und wieder beſchwert fühlen. Wir haben doch Geiſt, ſo viel wie die Uebrigen, warum können wir denn das Wort nicht gelind, ſanft und zart von uns geben, ſondern ſprechen immer: Keeſcht? Aber ich denke, aus: Keeſcht kann allezeit durch Abſchwächen und Filtriren: Geiſt werden, nicht aber umgekehrt aus Geiſt, Keeſcht. Und ſo wird’s der Herr in dieſem Punct, wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/354
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/354>, abgerufen am 25.11.2024.