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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Als ich meinem Schulzen ihn lobte, ging eine
Freundlichkeit über sein Gesicht. Er versetzte nichts,
nahm mich aber nach einiger Zeit ohne Veranlas-
sung mit auf eine Kammer im obern Stock des
Hauses, öffnete dort einen eisenbeschlagenen Koffer
und zeigte mir in demselben ein altes rostiges
Schwert liegend. Mit Feierlichkeit sagte er: Das
ist eine große Rarität; es ist das Schwert Caroli
Magni, seit tausend und mehreren Jahren bei'm
Oberhofe aufbewahrt, und noch in voller Kraft
und Gewalt. Ohne weitere Erklärungen hinzuzu-
fügen, klappte er den Deckel wieder zu. Ich hätte
um Alles seinen Glauben an dieses Heiligthum
nicht zerstören mögen, obgleich mich mein flüchtiger
Blick lehrte, daß der Flamberg kaum ein paar
hundert Jahre alt sein könne. Er zeigte mir
aber ein förmliches Attest über die Aechtheit der
Waffe, von einem gefälligen Provincialgelehrten
ihm ausgestellt.

Hier will ich denn nun unter den Bauern blei-
ben, bis mir der alte Jochem Nachricht von dem
Schrimbs oder Peppel giebt. Es ist zwar die
achtzig Meilen her kühler in mir geworden, denn
gar viel thut's, wenn vierzehn Tage zwischen dem

Als ich meinem Schulzen ihn lobte, ging eine
Freundlichkeit über ſein Geſicht. Er verſetzte nichts,
nahm mich aber nach einiger Zeit ohne Veranlaſ-
ſung mit auf eine Kammer im obern Stock des
Hauſes, öffnete dort einen eiſenbeſchlagenen Koffer
und zeigte mir in demſelben ein altes roſtiges
Schwert liegend. Mit Feierlichkeit ſagte er: Das
iſt eine große Rarität; es iſt das Schwert Caroli
Magni, ſeit tauſend und mehreren Jahren bei’m
Oberhofe aufbewahrt, und noch in voller Kraft
und Gewalt. Ohne weitere Erklärungen hinzuzu-
fügen, klappte er den Deckel wieder zu. Ich hätte
um Alles ſeinen Glauben an dieſes Heiligthum
nicht zerſtören mögen, obgleich mich mein flüchtiger
Blick lehrte, daß der Flamberg kaum ein paar
hundert Jahre alt ſein könne. Er zeigte mir
aber ein förmliches Atteſt über die Aechtheit der
Waffe, von einem gefälligen Provincialgelehrten
ihm ausgeſtellt.

Hier will ich denn nun unter den Bauern blei-
ben, bis mir der alte Jochem Nachricht von dem
Schrimbs oder Peppel giebt. Es iſt zwar die
achtzig Meilen her kühler in mir geworden, denn
gar viel thut’s, wenn vierzehn Tage zwiſchen dem

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[345/0353] Als ich meinem Schulzen ihn lobte, ging eine Freundlichkeit über ſein Geſicht. Er verſetzte nichts, nahm mich aber nach einiger Zeit ohne Veranlaſ- ſung mit auf eine Kammer im obern Stock des Hauſes, öffnete dort einen eiſenbeſchlagenen Koffer und zeigte mir in demſelben ein altes roſtiges Schwert liegend. Mit Feierlichkeit ſagte er: Das iſt eine große Rarität; es iſt das Schwert Caroli Magni, ſeit tauſend und mehreren Jahren bei’m Oberhofe aufbewahrt, und noch in voller Kraft und Gewalt. Ohne weitere Erklärungen hinzuzu- fügen, klappte er den Deckel wieder zu. Ich hätte um Alles ſeinen Glauben an dieſes Heiligthum nicht zerſtören mögen, obgleich mich mein flüchtiger Blick lehrte, daß der Flamberg kaum ein paar hundert Jahre alt ſein könne. Er zeigte mir aber ein förmliches Atteſt über die Aechtheit der Waffe, von einem gefälligen Provincialgelehrten ihm ausgeſtellt. Hier will ich denn nun unter den Bauern blei- ben, bis mir der alte Jochem Nachricht von dem Schrimbs oder Peppel giebt. Es iſt zwar die achtzig Meilen her kühler in mir geworden, denn gar viel thut’s, wenn vierzehn Tage zwiſchen dem

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/353>, abgerufen am 22.11.2024.