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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Von der Anhöhe herab liefen die Felder durch
die Ebene, bestens bestellt. Es war aber um die
Zeit der Roggenblüthe; der Rauch ging von den
Aehren und wallte in den warmen Sommerlüften,
ein Opfer der Scholle. Einzelne Reihen hoch-
stämmiger Eschen oder knorrichter Rüstern, zu bei-
den Seiten der alten Grenzgräben gepflanzt, faßten
einen Theil der Kornfelder ein und bezeichneten,
von Weitem her kenntlich, die Marken des Erbes,
bestimmter als Steine und Pfähle vermögen. Ein
tiefer Weg zwischen aufgeworfenen Erdwällen führte
quer durch die Felder, mündete rechts und links
an verschiedenen Orten in Seitenpfade aus und
führte, wo das Getraide aufhörte, in ein kräftig
bestandenes Eichenwäldchen, unter welchem sich erd-
gelagerte Säue gütlich thaten, dessen Schatten aber
auch für den Menschen erquicklich waren. Dieser
Kamp, welcher dem Schulzen sein Holz lieferte,
drang bis wenige Schritte vom Gehöfte vor, um-
faßte es von beiden Seiten und gab so zugleich
gegen die Ost- und Nordwinde Schutz.

Nur mit Stroh war das Wohnhaus, welches
sich in seinen weiß und gelb angestrichenen Wänden
von Fachwerk zweistöckig erhob, gedeckt, aber da

Von der Anhöhe herab liefen die Felder durch
die Ebene, beſtens beſtellt. Es war aber um die
Zeit der Roggenblüthe; der Rauch ging von den
Aehren und wallte in den warmen Sommerlüften,
ein Opfer der Scholle. Einzelne Reihen hoch-
ſtämmiger Eſchen oder knorrichter Rüſtern, zu bei-
den Seiten der alten Grenzgräben gepflanzt, faßten
einen Theil der Kornfelder ein und bezeichneten,
von Weitem her kenntlich, die Marken des Erbes,
beſtimmter als Steine und Pfähle vermögen. Ein
tiefer Weg zwiſchen aufgeworfenen Erdwällen führte
quer durch die Felder, mündete rechts und links
an verſchiedenen Orten in Seitenpfade aus und
führte, wo das Getraide aufhörte, in ein kräftig
beſtandenes Eichenwäldchen, unter welchem ſich erd-
gelagerte Säue gütlich thaten, deſſen Schatten aber
auch für den Menſchen erquicklich waren. Dieſer
Kamp, welcher dem Schulzen ſein Holz lieferte,
drang bis wenige Schritte vom Gehöfte vor, um-
faßte es von beiden Seiten und gab ſo zugleich
gegen die Oſt- und Nordwinde Schutz.

Nur mit Stroh war das Wohnhaus, welches
ſich in ſeinen weiß und gelb angeſtrichenen Wänden
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[295/0303] Von der Anhöhe herab liefen die Felder durch die Ebene, beſtens beſtellt. Es war aber um die Zeit der Roggenblüthe; der Rauch ging von den Aehren und wallte in den warmen Sommerlüften, ein Opfer der Scholle. Einzelne Reihen hoch- ſtämmiger Eſchen oder knorrichter Rüſtern, zu bei- den Seiten der alten Grenzgräben gepflanzt, faßten einen Theil der Kornfelder ein und bezeichneten, von Weitem her kenntlich, die Marken des Erbes, beſtimmter als Steine und Pfähle vermögen. Ein tiefer Weg zwiſchen aufgeworfenen Erdwällen führte quer durch die Felder, mündete rechts und links an verſchiedenen Orten in Seitenpfade aus und führte, wo das Getraide aufhörte, in ein kräftig beſtandenes Eichenwäldchen, unter welchem ſich erd- gelagerte Säue gütlich thaten, deſſen Schatten aber auch für den Menſchen erquicklich waren. Dieſer Kamp, welcher dem Schulzen ſein Holz lieferte, drang bis wenige Schritte vom Gehöfte vor, um- faßte es von beiden Seiten und gab ſo zugleich gegen die Oſt- und Nordwinde Schutz. Nur mit Stroh war das Wohnhaus, welches ſich in ſeinen weiß und gelb angeſtrichenen Wänden von Fachwerk zweiſtöckig erhob, gedeckt, aber da

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/303>, abgerufen am 15.08.2024.