noch im nämlichen Jahre auch Braut wird? Nun, ich gratulir' schönstens zum schmucken Freiersmann.
Die Bauern lachten; die blonde Lisbeth ließ sich nicht aus der Fassung bringen, sondern rief frohlich: Und wißt Ihr auch meinen Spruch, den ich von der Spröden gelernt habe? Er lautet:
So weit der Herr die Lilien kleidet, Und auch die jungen Raben weidet, Geht mein Hab' und Gut; Drum, wer nach mir fragen thut, Der soll thun nach mir fragen Mit vier Pferden vor'm Wagen!
Und -- fiel der Hofschulze ein --
Er soll mich fangen, wie die Maus Und angeln, wie einen Fisch, Und schießen, wie ein Reh --
Ein Schuß fiel in der Nähe. Sehen Sie, Mam- sellchen, das trifft zu, rief der Alte.
Laßt jetzt Eure losen Reden, Hofschulze, sagte das junge Mädchen. Ich bin darum bei Euch eingekehrt, um von Euch Rath wegen der Gülten zu bekommen, und den gebt mir also nun auch ohne Scherz und Possen.
Der Hofschulze setzte sich, um zu hören und zu reden, in Positur, die Lisbeth zog ein Schreib- täflein heraus und las die Namen der Bauern
noch im nämlichen Jahre auch Braut wird? Nun, ich gratulir’ ſchönſtens zum ſchmucken Freiersmann.
Die Bauern lachten; die blonde Lisbeth ließ ſich nicht aus der Faſſung bringen, ſondern rief frohlich: Und wißt Ihr auch meinen Spruch, den ich von der Spröden gelernt habe? Er lautet:
So weit der Herr die Lilien kleidet, Und auch die jungen Raben weidet, Geht mein Hab’ und Gut; Drum, wer nach mir fragen thut, Der ſoll thun nach mir fragen Mit vier Pferden vor’m Wagen!
Und — fiel der Hofſchulze ein —
Er ſoll mich fangen, wie die Maus Und angeln, wie einen Fiſch, Und ſchießen, wie ein Reh —
Ein Schuß fiel in der Nähe. Sehen Sie, Mam- ſellchen, das trifft zu, rief der Alte.
Laßt jetzt Eure loſen Reden, Hofſchulze, ſagte das junge Mädchen. Ich bin darum bei Euch eingekehrt, um von Euch Rath wegen der Gülten zu bekommen, und den gebt mir alſo nun auch ohne Scherz und Poſſen.
Der Hofſchulze ſetzte ſich, um zu hören und zu reden, in Poſitur, die Lisbeth zog ein Schreib- täflein heraus und las die Namen der Bauern
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noch im nämlichen Jahre auch Braut wird? Nun, ich
gratulir’ ſchönſtens zum ſchmucken Freiersmann.
Die Bauern lachten; die blonde Lisbeth ließ
ſich nicht aus der Faſſung bringen, ſondern rief
frohlich: Und wißt Ihr auch meinen Spruch, den
ich von der Spröden gelernt habe? Er lautet:
So weit der Herr die Lilien kleidet,
Und auch die jungen Raben weidet,
Geht mein Hab’ und Gut;
Drum, wer nach mir fragen thut,
Der ſoll thun nach mir fragen
Mit vier Pferden vor’m Wagen!
Und — fiel der Hofſchulze ein —
Er ſoll mich fangen, wie die Maus
Und angeln, wie einen Fiſch,
Und ſchießen, wie ein Reh —
Ein Schuß fiel in der Nähe. Sehen Sie, Mam-
ſellchen, das trifft zu, rief der Alte.
Laßt jetzt Eure loſen Reden, Hofſchulze, ſagte
das junge Mädchen. Ich bin darum bei Euch
eingekehrt, um von Euch Rath wegen der Gülten
zu bekommen, und den gebt mir alſo nun auch
ohne Scherz und Poſſen.
Der Hofſchulze ſetzte ſich, um zu hören und
zu reden, in Poſitur, die Lisbeth zog ein Schreib-
täflein heraus und las die Namen der Bauern
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/277>, abgerufen am 22.11.2024.
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