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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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dergleichen mehr war. Nun aber, als man auf
die leeren Stellen sah, gingen die Gedanken immer
wandern und suchen nach den Tafeln, und es
dauerte geraume Zeit, ehe und bevor die Mensch-
heit wieder recht nach dem Pastor hinhörte.

Er ging in sein Haus. -- Das ist ein alter
Racker! rief der Pferdehändler, als er seinen
Handelsfreund nicht mehr sah, indem er den lackir-
ten Hut verdrießlich wieder auf den Kopf stülpte.
Wenn der nicht will, so bringt ihn der Teufel
nicht herum. Das Schlimmste ist, daß der Kerl
die besten Pferde in der Gegend zieht, und sie im
Grunde so zu sagen billig genug losschlägt.

Ein starres, widerhaariges Volk hier zu Lande,
sagte der Receptor. Ich bin erst vor Kurzem aus
Sachsen herversetzt, und merke den Abstand. Dort
wohnen die Leute beisammen und deßhalb müssen sie
schon höflich und nachgiebig und bethulich mit einan-
der seyn. Aber hier sitzt ein Jeder auf seinem Kampe,
hat sein Holz, sein Feld, seinen Wiesewachs um
sich, als gäbe es sonst nichts in der Welt. Darum
halten sie auch auf ihre alten Schnurren und
Faxen so steif, die anderwärts überall abgekom-
men sind. Was für Mühe habe ich schon mit

dergleichen mehr war. Nun aber, als man auf
die leeren Stellen ſah, gingen die Gedanken immer
wandern und ſuchen nach den Tafeln, und es
dauerte geraume Zeit, ehe und bevor die Menſch-
heit wieder recht nach dem Paſtor hinhörte.

Er ging in ſein Haus. — Das iſt ein alter
Racker! rief der Pferdehändler, als er ſeinen
Handelsfreund nicht mehr ſah, indem er den lackir-
ten Hut verdrießlich wieder auf den Kopf ſtülpte.
Wenn der nicht will, ſo bringt ihn der Teufel
nicht herum. Das Schlimmſte iſt, daß der Kerl
die beſten Pferde in der Gegend zieht, und ſie im
Grunde ſo zu ſagen billig genug losſchlägt.

Ein ſtarres, widerhaariges Volk hier zu Lande,
ſagte der Receptor. Ich bin erſt vor Kurzem aus
Sachſen herverſetzt, und merke den Abſtand. Dort
wohnen die Leute beiſammen und deßhalb müſſen ſie
ſchon höflich und nachgiebig und bethulich mit einan-
der ſeyn. Aber hier ſitzt ein Jeder auf ſeinem Kampe,
hat ſein Holz, ſein Feld, ſeinen Wieſewachs um
ſich, als gäbe es ſonſt nichts in der Welt. Darum
halten ſie auch auf ihre alten Schnurren und
Faxen ſo ſteif, die anderwärts überall abgekom-
men ſind. Was für Mühe habe ich ſchon mit

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[261/0269] dergleichen mehr war. Nun aber, als man auf die leeren Stellen ſah, gingen die Gedanken immer wandern und ſuchen nach den Tafeln, und es dauerte geraume Zeit, ehe und bevor die Menſch- heit wieder recht nach dem Paſtor hinhörte. Er ging in ſein Haus. — Das iſt ein alter Racker! rief der Pferdehändler, als er ſeinen Handelsfreund nicht mehr ſah, indem er den lackir- ten Hut verdrießlich wieder auf den Kopf ſtülpte. Wenn der nicht will, ſo bringt ihn der Teufel nicht herum. Das Schlimmſte iſt, daß der Kerl die beſten Pferde in der Gegend zieht, und ſie im Grunde ſo zu ſagen billig genug losſchlägt. Ein ſtarres, widerhaariges Volk hier zu Lande, ſagte der Receptor. Ich bin erſt vor Kurzem aus Sachſen herverſetzt, und merke den Abſtand. Dort wohnen die Leute beiſammen und deßhalb müſſen ſie ſchon höflich und nachgiebig und bethulich mit einan- der ſeyn. Aber hier ſitzt ein Jeder auf ſeinem Kampe, hat ſein Holz, ſein Feld, ſeinen Wieſewachs um ſich, als gäbe es ſonſt nichts in der Welt. Darum halten ſie auch auf ihre alten Schnurren und Faxen ſo ſteif, die anderwärts überall abgekom- men ſind. Was für Mühe habe ich ſchon mit

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/269>, abgerufen am 15.08.2024.