Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

schreiner vorstellen und würde einen richtigen Schrank
zu Wege bringen.

Da seid ihr im Irrthum, sprach der Hofschulze,
der das Letzte gehört hatte und, das Schurzfell
jetzt abgethan, im weißleinenen Kittel aus dem
Schoppen trat. Er setzte sich zu den beiden Män-
nern an den Tisch, eine Magd brachte ihm auch
ein Glas, er that seinen Gästen Bescheid und fuhr
dann fort: Zu einem Pfosten, zu einer Thüre
und Schwelle gehören nur ein Paar gesunde
Augen und eine firme Faust, aber ein Schreiner
braucht mehr. Ich habe mich einmal vom Hoch-
muth verleiten lassen, und wollte, wie Ihr es nennt,
einen richtigen Schrank zu Wege bringen, weil mir
Hobel und Meißel und Reißschiene auch bei dem
Zimmerwerk durch die Hände gegangen waren.
Ich maaß und zeichnete und schnitt die Hölzer zu,
auf Fuß und Zoll hatte ich Alles abgepaßt; ja,
als es nun an das Zusammenfügen und Leimen
gehen sollte, war Alles verkehrt. Die Wände
standen windschief und klafften, die Klappe vorne
war zu groß, und die Kasten für die Oeffnungen
zu klein. Ihr könnt das Gemächt noch sehen, ich
habe es auf dem Sill stehen lassen, mich vor Ver-

ſchreiner vorſtellen und würde einen richtigen Schrank
zu Wege bringen.

Da ſeid ihr im Irrthum, ſprach der Hofſchulze,
der das Letzte gehört hatte und, das Schurzfell
jetzt abgethan, im weißleinenen Kittel aus dem
Schoppen trat. Er ſetzte ſich zu den beiden Män-
nern an den Tiſch, eine Magd brachte ihm auch
ein Glas, er that ſeinen Gäſten Beſcheid und fuhr
dann fort: Zu einem Pfoſten, zu einer Thüre
und Schwelle gehören nur ein Paar geſunde
Augen und eine firme Fauſt, aber ein Schreiner
braucht mehr. Ich habe mich einmal vom Hoch-
muth verleiten laſſen, und wollte, wie Ihr es nennt,
einen richtigen Schrank zu Wege bringen, weil mir
Hobel und Meißel und Reißſchiene auch bei dem
Zimmerwerk durch die Hände gegangen waren.
Ich maaß und zeichnete und ſchnitt die Hölzer zu,
auf Fuß und Zoll hatte ich Alles abgepaßt; ja,
als es nun an das Zuſammenfügen und Leimen
gehen ſollte, war Alles verkehrt. Die Wände
ſtanden windſchief und klafften, die Klappe vorne
war zu groß, und die Kaſten für die Oeffnungen
zu klein. Ihr könnt das Gemächt noch ſehen, ich
habe es auf dem Sill ſtehen laſſen, mich vor Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0264" n="256"/>
&#x017F;chreiner vor&#x017F;tellen und würde einen richtigen Schrank<lb/>
zu Wege bringen.</p><lb/>
          <p>Da &#x017F;eid ihr im Irrthum, &#x017F;prach der Hof&#x017F;chulze,<lb/>
der das Letzte gehört hatte und, das Schurzfell<lb/>
jetzt abgethan, im weißleinenen Kittel aus dem<lb/>
Schoppen trat. Er &#x017F;etzte &#x017F;ich zu den beiden Män-<lb/>
nern an den Ti&#x017F;ch, eine Magd brachte ihm auch<lb/>
ein Glas, er that &#x017F;einen Gä&#x017F;ten Be&#x017F;cheid und fuhr<lb/>
dann fort: Zu einem Pfo&#x017F;ten, zu einer Thüre<lb/>
und Schwelle gehören nur ein Paar ge&#x017F;unde<lb/>
Augen und eine firme Fau&#x017F;t, aber ein Schreiner<lb/>
braucht mehr. Ich habe mich einmal vom Hoch-<lb/>
muth verleiten la&#x017F;&#x017F;en, und wollte, wie Ihr es nennt,<lb/>
einen richtigen Schrank zu Wege bringen, weil mir<lb/>
Hobel und Meißel und Reiß&#x017F;chiene auch bei dem<lb/>
Zimmerwerk durch die Hände gegangen waren.<lb/>
Ich maaß und zeichnete und &#x017F;chnitt die Hölzer zu,<lb/>
auf Fuß und Zoll hatte ich Alles abgepaßt; ja,<lb/>
als es nun an das Zu&#x017F;ammenfügen und Leimen<lb/>
gehen &#x017F;ollte, war Alles verkehrt. Die Wände<lb/>
&#x017F;tanden wind&#x017F;chief und klafften, die Klappe vorne<lb/>
war zu groß, und die Ka&#x017F;ten für die Oeffnungen<lb/>
zu klein. Ihr könnt das Gemächt noch &#x017F;ehen, ich<lb/>
habe es auf dem Sill &#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;en, mich vor Ver-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0264] ſchreiner vorſtellen und würde einen richtigen Schrank zu Wege bringen. Da ſeid ihr im Irrthum, ſprach der Hofſchulze, der das Letzte gehört hatte und, das Schurzfell jetzt abgethan, im weißleinenen Kittel aus dem Schoppen trat. Er ſetzte ſich zu den beiden Män- nern an den Tiſch, eine Magd brachte ihm auch ein Glas, er that ſeinen Gäſten Beſcheid und fuhr dann fort: Zu einem Pfoſten, zu einer Thüre und Schwelle gehören nur ein Paar geſunde Augen und eine firme Fauſt, aber ein Schreiner braucht mehr. Ich habe mich einmal vom Hoch- muth verleiten laſſen, und wollte, wie Ihr es nennt, einen richtigen Schrank zu Wege bringen, weil mir Hobel und Meißel und Reißſchiene auch bei dem Zimmerwerk durch die Hände gegangen waren. Ich maaß und zeichnete und ſchnitt die Hölzer zu, auf Fuß und Zoll hatte ich Alles abgepaßt; ja, als es nun an das Zuſammenfügen und Leimen gehen ſollte, war Alles verkehrt. Die Wände ſtanden windſchief und klafften, die Klappe vorne war zu groß, und die Kaſten für die Oeffnungen zu klein. Ihr könnt das Gemächt noch ſehen, ich habe es auf dem Sill ſtehen laſſen, mich vor Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/264
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/264>, abgerufen am 22.11.2024.