Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

straft hatten. Aber die dummen Bauern konnten
meinen Plan nicht fassen. Sie schrien, daß ich
ihre Brut von Grundaus verderbe, und verklagten
mich. Da hat mich nun der Schulrath -- nun,
er ist auch keiner von den hellsten Köpfen -- von
dannen getrieben, und also ereilte mich das Fatum.

Ich wundre mich nur, sagte der Baron, der
sich noch immer von seinem Erstaunen nicht erho-
len konnte, über alle die gelehrten Anspielungen,
die Euch da so vom Munde stäuben, wie Federn
vom Kissen, wenn das Bett gemacht wird. Woher
habt ihr das Fatum und die sophistische Zeit, und
was Ihr sonst noch vorbrachtet?

Es kommt mir alles Dieses und mehreres
dergleichen, wenn ich es gebrauche, wie durch innere
Eingebung und Erleuchtung, antwortete der Schul-
meister. Seit die Urerinnerung an meine tapferen
und unvergleichlichen Vorfahren in mir aufgewacht
ist, stehen meinem Geiste Dinge zu Gebote, welche
freilich vordem in meinem Dorfleben mir nicht
geläufig waren.

Er trug nun dem Baron sein Anliegen vor,
welches darin bestand, ihm Obdach und nothdürf-
tige Leibesnahrung zu gewähren, da er nach seiner

ſtraft hatten. Aber die dummen Bauern konnten
meinen Plan nicht faſſen. Sie ſchrien, daß ich
ihre Brut von Grundaus verderbe, und verklagten
mich. Da hat mich nun der Schulrath — nun,
er iſt auch keiner von den hellſten Köpfen — von
dannen getrieben, und alſo ereilte mich das Fatum.

Ich wundre mich nur, ſagte der Baron, der
ſich noch immer von ſeinem Erſtaunen nicht erho-
len konnte, über alle die gelehrten Anſpielungen,
die Euch da ſo vom Munde ſtäuben, wie Federn
vom Kiſſen, wenn das Bett gemacht wird. Woher
habt ihr das Fatum und die ſophiſtiſche Zeit, und
was Ihr ſonſt noch vorbrachtet?

Es kommt mir alles Dieſes und mehreres
dergleichen, wenn ich es gebrauche, wie durch innere
Eingebung und Erleuchtung, antwortete der Schul-
meiſter. Seit die Urerinnerung an meine tapferen
und unvergleichlichen Vorfahren in mir aufgewacht
iſt, ſtehen meinem Geiſte Dinge zu Gebote, welche
freilich vordem in meinem Dorfleben mir nicht
geläufig waren.

Er trug nun dem Baron ſein Anliegen vor,
welches darin beſtand, ihm Obdach und nothdürf-
tige Leibesnahrung zu gewähren, da er nach ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0164" n="156"/>
&#x017F;traft hatten. Aber die dummen Bauern konnten<lb/>
meinen Plan nicht fa&#x017F;&#x017F;en. Sie &#x017F;chrien, daß ich<lb/>
ihre Brut von Grundaus verderbe, und verklagten<lb/>
mich. Da hat mich nun der Schulrath &#x2014; nun,<lb/>
er i&#x017F;t auch keiner von den hell&#x017F;ten Köpfen &#x2014; von<lb/>
dannen getrieben, und al&#x017F;o ereilte mich das Fatum.</p><lb/>
          <p>Ich wundre mich nur, &#x017F;agte der Baron, der<lb/>
&#x017F;ich noch immer von &#x017F;einem Er&#x017F;taunen nicht erho-<lb/>
len konnte, über alle die gelehrten An&#x017F;pielungen,<lb/>
die Euch da &#x017F;o vom Munde &#x017F;täuben, wie Federn<lb/>
vom Ki&#x017F;&#x017F;en, wenn das Bett gemacht wird. Woher<lb/>
habt ihr das Fatum und die &#x017F;ophi&#x017F;ti&#x017F;che Zeit, und<lb/>
was Ihr &#x017F;on&#x017F;t noch vorbrachtet?</p><lb/>
          <p>Es kommt mir alles Die&#x017F;es und mehreres<lb/>
dergleichen, wenn ich es gebrauche, wie durch innere<lb/>
Eingebung und Erleuchtung, antwortete der Schul-<lb/>
mei&#x017F;ter. Seit die Urerinnerung an meine tapferen<lb/>
und unvergleichlichen Vorfahren in mir aufgewacht<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;tehen meinem Gei&#x017F;te Dinge zu Gebote, welche<lb/>
freilich vordem in meinem Dorfleben mir nicht<lb/>
geläufig waren.</p><lb/>
          <p>Er trug nun dem Baron &#x017F;ein Anliegen vor,<lb/>
welches darin be&#x017F;tand, ihm Obdach und nothdürf-<lb/>
tige Leibesnahrung zu gewähren, da er nach &#x017F;einer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0164] ſtraft hatten. Aber die dummen Bauern konnten meinen Plan nicht faſſen. Sie ſchrien, daß ich ihre Brut von Grundaus verderbe, und verklagten mich. Da hat mich nun der Schulrath — nun, er iſt auch keiner von den hellſten Köpfen — von dannen getrieben, und alſo ereilte mich das Fatum. Ich wundre mich nur, ſagte der Baron, der ſich noch immer von ſeinem Erſtaunen nicht erho- len konnte, über alle die gelehrten Anſpielungen, die Euch da ſo vom Munde ſtäuben, wie Federn vom Kiſſen, wenn das Bett gemacht wird. Woher habt ihr das Fatum und die ſophiſtiſche Zeit, und was Ihr ſonſt noch vorbrachtet? Es kommt mir alles Dieſes und mehreres dergleichen, wenn ich es gebrauche, wie durch innere Eingebung und Erleuchtung, antwortete der Schul- meiſter. Seit die Urerinnerung an meine tapferen und unvergleichlichen Vorfahren in mir aufgewacht iſt, ſtehen meinem Geiſte Dinge zu Gebote, welche freilich vordem in meinem Dorfleben mir nicht geläufig waren. Er trug nun dem Baron ſein Anliegen vor, welches darin beſtand, ihm Obdach und nothdürf- tige Leibesnahrung zu gewähren, da er nach ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/164
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/164>, abgerufen am 27.11.2024.