ein kurzer Uebergang, die alte, gute Zeit stehe schon wieder vor der Thüre, und werde bald anklo- pfen. Mit diesem Gedanken erhielt er seine ganze Heiterkeit zurück. Er nahm sich vor, in der dar- aus entspringenden Ueberzeugung zu leben und zu sterben.
Inzwischen waren die Brillanten, Perlen, Ro- ben und Spitzen der seligen gnädigen Frau vertrödelt worden, dann wurde das eiserne Git- terwerk von der Pforte abgebrochen und, benebst den Pflastersteinen des Hofplatzes, sammt allen ent- behrlichen Hausmobilien, nach und nach in Geld um- gesetzt. Derweilen biß auch der Wappenlöwe in das Gras, darauf bröckelte der Bewurf von den Wän- den, und dann wich die Giebelmauer gefährlich aus ihrer lothrechten Stellung, ohne daß eine Reparatur versucht werden konnte, weil die rohen Handwerksleute nur, wenn sie Geld sehen, Hand und Fuß regen.
ein kurzer Uebergang, die alte, gute Zeit ſtehe ſchon wieder vor der Thüre, und werde bald anklo- pfen. Mit dieſem Gedanken erhielt er ſeine ganze Heiterkeit zurück. Er nahm ſich vor, in der dar- aus entſpringenden Ueberzeugung zu leben und zu ſterben.
Inzwiſchen waren die Brillanten, Perlen, Ro- ben und Spitzen der ſeligen gnädigen Frau vertrödelt worden, dann wurde das eiſerne Git- terwerk von der Pforte abgebrochen und, benebſt den Pflaſterſteinen des Hofplatzes, ſammt allen ent- behrlichen Hausmobilien, nach und nach in Geld um- geſetzt. Derweilen biß auch der Wappenlöwe in das Gras, darauf bröckelte der Bewurf von den Wän- den, und dann wich die Giebelmauer gefährlich aus ihrer lothrechten Stellung, ohne daß eine Reparatur verſucht werden konnte, weil die rohen Handwerksleute nur, wenn ſie Geld ſehen, Hand und Fuß regen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0136"n="128"/>
ein kurzer Uebergang, die alte, gute Zeit ſtehe<lb/>ſchon wieder vor der Thüre, und werde bald anklo-<lb/>
pfen. Mit dieſem Gedanken erhielt er ſeine ganze<lb/>
Heiterkeit zurück. Er nahm ſich vor, in der dar-<lb/>
aus entſpringenden Ueberzeugung zu leben und zu<lb/>ſterben.</p><lb/><p>Inzwiſchen waren die Brillanten, Perlen, Ro-<lb/>
ben und Spitzen der ſeligen gnädigen Frau<lb/>
vertrödelt worden, dann wurde das eiſerne Git-<lb/>
terwerk von der Pforte abgebrochen und, benebſt<lb/>
den Pflaſterſteinen des Hofplatzes, ſammt allen ent-<lb/>
behrlichen Hausmobilien, nach und nach in Geld um-<lb/>
geſetzt. Derweilen biß auch der Wappenlöwe in das<lb/>
Gras, darauf bröckelte der Bewurf von den Wän-<lb/>
den, und dann wich die Giebelmauer gefährlich<lb/>
aus ihrer lothrechten Stellung, ohne daß eine<lb/>
Reparatur verſucht werden konnte, weil die rohen<lb/>
Handwerksleute nur, wenn ſie Geld ſehen, Hand<lb/>
und Fuß regen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[128/0136]
ein kurzer Uebergang, die alte, gute Zeit ſtehe
ſchon wieder vor der Thüre, und werde bald anklo-
pfen. Mit dieſem Gedanken erhielt er ſeine ganze
Heiterkeit zurück. Er nahm ſich vor, in der dar-
aus entſpringenden Ueberzeugung zu leben und zu
ſterben.
Inzwiſchen waren die Brillanten, Perlen, Ro-
ben und Spitzen der ſeligen gnädigen Frau
vertrödelt worden, dann wurde das eiſerne Git-
terwerk von der Pforte abgebrochen und, benebſt
den Pflaſterſteinen des Hofplatzes, ſammt allen ent-
behrlichen Hausmobilien, nach und nach in Geld um-
geſetzt. Derweilen biß auch der Wappenlöwe in das
Gras, darauf bröckelte der Bewurf von den Wän-
den, und dann wich die Giebelmauer gefährlich
aus ihrer lothrechten Stellung, ohne daß eine
Reparatur verſucht werden konnte, weil die rohen
Handwerksleute nur, wenn ſie Geld ſehen, Hand
und Fuß regen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/136>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.