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Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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auf die ihrigen drücken, die verdammte Maske ließ als ächtes Symbol trennender Verhältnisse diese Zärtlichkeit nicht zu. Nimm doch die Maske ab, flehte ich dringend. Nein, versetzte sie, die Geheimnisse werden früh genug sich enthüllen, heute ist's noch zu früh. -- Ich beschwor sie, mir endlich über sich, ihr Schicksal, den Grund ihres Hierseins Licht zu geben. Sie war unerbittlich. Da ich ihre Lippen nicht erreichen konnte, so preßte ich meinen Mund auf ihre Schulter, ihren Nacken, ich hielt sie fest umschlossen, gern hätte ich sie nie wieder aus meinen Armen gegeben. Sie duldete diese Liebkosungen eine Zeitlang ganz ruhig, auf einmal aber entwand sie sich mir wie ein Aal und sagte: Nun ist's genug, und -- das für die tugendhafte Rede, nebst Allem, was ihr folgte! Unter diesen Worten, und ehe ich noch über deren Sinn nachdenken konnte, hatte sie mir mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit einen der derbsten Backenstreiche gegeben, die je von weißer Hand ausgetheilt worden sind. Sie floh, ich folgte ihr, erzürnt, meine feuernde Wange haltend. Durch den Hausflur, über die Straße sah ich das Gewand der Pilgerin wehn, eine zweite Figur, eine männliche, hatte sich auf einmal zu ihr gesellt; war das mein Schwager? sie liefen so rasch, daß ich sie nicht einholen konnte. Vom Himmel begann ein leichter Schnee zu fallen. Die Umrisse der Gestalten wurden in demselben schwächer, endlich war es mir, als ob sie in Flocken auseinander flößen. Verschwunden waren beide, ich stand in der ödesten Gegend

auf die ihrigen drücken, die verdammte Maske ließ als ächtes Symbol trennender Verhältnisse diese Zärtlichkeit nicht zu. Nimm doch die Maske ab, flehte ich dringend. Nein, versetzte sie, die Geheimnisse werden früh genug sich enthüllen, heute ist's noch zu früh. — Ich beschwor sie, mir endlich über sich, ihr Schicksal, den Grund ihres Hierseins Licht zu geben. Sie war unerbittlich. Da ich ihre Lippen nicht erreichen konnte, so preßte ich meinen Mund auf ihre Schulter, ihren Nacken, ich hielt sie fest umschlossen, gern hätte ich sie nie wieder aus meinen Armen gegeben. Sie duldete diese Liebkosungen eine Zeitlang ganz ruhig, auf einmal aber entwand sie sich mir wie ein Aal und sagte: Nun ist's genug, und — das für die tugendhafte Rede, nebst Allem, was ihr folgte! Unter diesen Worten, und ehe ich noch über deren Sinn nachdenken konnte, hatte sie mir mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit einen der derbsten Backenstreiche gegeben, die je von weißer Hand ausgetheilt worden sind. Sie floh, ich folgte ihr, erzürnt, meine feuernde Wange haltend. Durch den Hausflur, über die Straße sah ich das Gewand der Pilgerin wehn, eine zweite Figur, eine männliche, hatte sich auf einmal zu ihr gesellt; war das mein Schwager? sie liefen so rasch, daß ich sie nicht einholen konnte. Vom Himmel begann ein leichter Schnee zu fallen. Die Umrisse der Gestalten wurden in demselben schwächer, endlich war es mir, als ob sie in Flocken auseinander flößen. Verschwunden waren beide, ich stand in der ödesten Gegend

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[0086] auf die ihrigen drücken, die verdammte Maske ließ als ächtes Symbol trennender Verhältnisse diese Zärtlichkeit nicht zu. Nimm doch die Maske ab, flehte ich dringend. Nein, versetzte sie, die Geheimnisse werden früh genug sich enthüllen, heute ist's noch zu früh. — Ich beschwor sie, mir endlich über sich, ihr Schicksal, den Grund ihres Hierseins Licht zu geben. Sie war unerbittlich. Da ich ihre Lippen nicht erreichen konnte, so preßte ich meinen Mund auf ihre Schulter, ihren Nacken, ich hielt sie fest umschlossen, gern hätte ich sie nie wieder aus meinen Armen gegeben. Sie duldete diese Liebkosungen eine Zeitlang ganz ruhig, auf einmal aber entwand sie sich mir wie ein Aal und sagte: Nun ist's genug, und — das für die tugendhafte Rede, nebst Allem, was ihr folgte! Unter diesen Worten, und ehe ich noch über deren Sinn nachdenken konnte, hatte sie mir mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit einen der derbsten Backenstreiche gegeben, die je von weißer Hand ausgetheilt worden sind. Sie floh, ich folgte ihr, erzürnt, meine feuernde Wange haltend. Durch den Hausflur, über die Straße sah ich das Gewand der Pilgerin wehn, eine zweite Figur, eine männliche, hatte sich auf einmal zu ihr gesellt; war das mein Schwager? sie liefen so rasch, daß ich sie nicht einholen konnte. Vom Himmel begann ein leichter Schnee zu fallen. Die Umrisse der Gestalten wurden in demselben schwächer, endlich war es mir, als ob sie in Flocken auseinander flößen. Verschwunden waren beide, ich stand in der ödesten Gegend

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:19:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:19:09Z)

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910/86>, abgerufen am 22.11.2024.