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Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ganze doch nichts als ein unschuldiger Betrug sei, der Niemanden schade. Ich versichre und könnte das Sacrament darauf nehmen, daß mir damals von den wahren Absichten des * bei der Veranstaltung jener Täuschungen nicht das Geringste bekannt gewesen ist.

Nur in Einem Falle bin ich schuldiger gewesen. Der furchtbarste Drang der Umstände hat mich so tief fallen lassen. Mein Schmerz darüber, meine Reue ist aufrichtig, könnten Thränen einen Flecken von der Seele waschen, so müßte die meinige wieder rein geworden sein, wie sie in den Tagen meiner unschuldigen Kindheit war. Ich hoffe zu der Gnade des Himmels und will dem Gerichte jetzt unverhohlen sagen, wie sich die Sache zugetragen hat.

Nun erzählte die Unglückliche den Vorfall in Ems. Ich fand die Bestätigung dessen, was meine Frau mir gesagt hatte; Punkt für Punkt, Zug für Zug.

Die Verhandlung lautete dann so weiter: Man legte der Comparentin die Frage vor: Sie haben dem Gerichte gesagt, auf welche Weise Ihr Begleiter den Fremden mystificirt, wie und wann er den Diebstahl der Schatulle verübt, mit welcher List er die Täuschung des Bestohlnen fortgesetzt und diesen von der Verfolgung der richtigen Spur abgebracht habe. In welcher Art haben Sie selbst aber an jenem Verbrechen Theil genommen?

Sie deponirte hierauf:

Als mein Begleiter im Nebenzimmer den Fremden

Ganze doch nichts als ein unschuldiger Betrug sei, der Niemanden schade. Ich versichre und könnte das Sacrament darauf nehmen, daß mir damals von den wahren Absichten des * bei der Veranstaltung jener Täuschungen nicht das Geringste bekannt gewesen ist.

Nur in Einem Falle bin ich schuldiger gewesen. Der furchtbarste Drang der Umstände hat mich so tief fallen lassen. Mein Schmerz darüber, meine Reue ist aufrichtig, könnten Thränen einen Flecken von der Seele waschen, so müßte die meinige wieder rein geworden sein, wie sie in den Tagen meiner unschuldigen Kindheit war. Ich hoffe zu der Gnade des Himmels und will dem Gerichte jetzt unverhohlen sagen, wie sich die Sache zugetragen hat.

Nun erzählte die Unglückliche den Vorfall in Ems. Ich fand die Bestätigung dessen, was meine Frau mir gesagt hatte; Punkt für Punkt, Zug für Zug.

Die Verhandlung lautete dann so weiter: Man legte der Comparentin die Frage vor: Sie haben dem Gerichte gesagt, auf welche Weise Ihr Begleiter den Fremden mystificirt, wie und wann er den Diebstahl der Schatulle verübt, mit welcher List er die Täuschung des Bestohlnen fortgesetzt und diesen von der Verfolgung der richtigen Spur abgebracht habe. In welcher Art haben Sie selbst aber an jenem Verbrechen Theil genommen?

Sie deponirte hierauf:

Als mein Begleiter im Nebenzimmer den Fremden

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[0102] Ganze doch nichts als ein unschuldiger Betrug sei, der Niemanden schade. Ich versichre und könnte das Sacrament darauf nehmen, daß mir damals von den wahren Absichten des * bei der Veranstaltung jener Täuschungen nicht das Geringste bekannt gewesen ist. Nur in Einem Falle bin ich schuldiger gewesen. Der furchtbarste Drang der Umstände hat mich so tief fallen lassen. Mein Schmerz darüber, meine Reue ist aufrichtig, könnten Thränen einen Flecken von der Seele waschen, so müßte die meinige wieder rein geworden sein, wie sie in den Tagen meiner unschuldigen Kindheit war. Ich hoffe zu der Gnade des Himmels und will dem Gerichte jetzt unverhohlen sagen, wie sich die Sache zugetragen hat. Nun erzählte die Unglückliche den Vorfall in Ems. Ich fand die Bestätigung dessen, was meine Frau mir gesagt hatte; Punkt für Punkt, Zug für Zug. Die Verhandlung lautete dann so weiter: Man legte der Comparentin die Frage vor: Sie haben dem Gerichte gesagt, auf welche Weise Ihr Begleiter den Fremden mystificirt, wie und wann er den Diebstahl der Schatulle verübt, mit welcher List er die Täuschung des Bestohlnen fortgesetzt und diesen von der Verfolgung der richtigen Spur abgebracht habe. In welcher Art haben Sie selbst aber an jenem Verbrechen Theil genommen? Sie deponirte hierauf: Als mein Begleiter im Nebenzimmer den Fremden

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:19:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:19:09Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910/102>, abgerufen am 17.05.2024.