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Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

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wäre, wie mir! Wenn er doch nun hier wäre, der
Junge! ich möchte ihm um den Hals fallen und mich
bedanken, daß er das Weib will.
Pastor. Sie haben Recht.
Obfstr. Ja es ist mir oft heiß vor der Stirn ge-
worden, wenn ich an die Zeit dachte, wo der Junge
heirathen würde. Widersprochen hätte ich keiner Hei-
rath, um die es ihm Ernst gewesen wäre. Wenn er
mir nun aber so eine Schwiegertochter gegeben hätte,
die sich um nichts bekümmert, auf unsern lezten Athem
gelauert hätte -- aus dem Hause wäre ich gezogen auf
meine alten Tage.
Obfstn. Ja wohl. Ach Gott, das wäre schrecklich
gewesen!
Obfstr. Dazu -- das Alter hat Schwachheiten,
man wird vergeßlich, eigensinnig, grämlich und -- wie
es denn zu gehen pflegt, wenn nach sechzig Jahren un-
sre Hütte verwittert ist. -- So was muß mit Liebe ge-
tragen werden. Erkaufen läßt sich die Pflege nicht, auch
nicht vergelten; wem sie aber Gott giebt, den macht er
jung im hohen Alter. Das wirst Du uns sein, Toch-
ter! dafür hast Du unsere Liebe, unsern Segen, und
ein kleines Vermögen, worauf kein Fluch und keine
Thräne ruht. -- Leute! das machte mir immer ein gu-
waͤre, wie mir! Wenn er doch nun hier waͤre, der
Junge! ich moͤchte ihm um den Hals fallen und mich
bedanken, daß er das Weib will.
Paſtor. Sie haben Recht.
Obfſtr. Ja es iſt mir oft heiß vor der Stirn ge-
worden, wenn ich an die Zeit dachte, wo der Junge
heirathen wuͤrde. Widerſprochen haͤtte ich keiner Hei-
rath, um die es ihm Ernſt geweſen waͤre. Wenn er
mir nun aber ſo eine Schwiegertochter gegeben haͤtte,
die ſich um nichts bekuͤmmert, auf unſern lezten Athem
gelauert haͤtte — aus dem Hauſe waͤre ich gezogen auf
meine alten Tage.
Obfſtn. Ja wohl. Ach Gott, das waͤre ſchrecklich
geweſen!
Obfſtr. Dazu — das Alter hat Schwachheiten,
man wird vergeßlich, eigenſinnig, graͤmlich und — wie
es denn zu gehen pflegt, wenn nach ſechzig Jahren un-
ſre Huͤtte verwittert iſt. — So was muß mit Liebe ge-
tragen werden. Erkaufen laͤßt ſich die Pflege nicht, auch
nicht vergelten; wem ſie aber Gott giebt, den macht er
jung im hohen Alter. Das wirſt Du uns ſein, Toch-
ter! dafuͤr haſt Du unſere Liebe, unſern Segen, und
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[150/0156] waͤre, wie mir! Wenn er doch nun hier waͤre, der Junge! ich moͤchte ihm um den Hals fallen und mich bedanken, daß er das Weib will. Paſtor. Sie haben Recht. Obfſtr. Ja es iſt mir oft heiß vor der Stirn ge- worden, wenn ich an die Zeit dachte, wo der Junge heirathen wuͤrde. Widerſprochen haͤtte ich keiner Hei- rath, um die es ihm Ernſt geweſen waͤre. Wenn er mir nun aber ſo eine Schwiegertochter gegeben haͤtte, die ſich um nichts bekuͤmmert, auf unſern lezten Athem gelauert haͤtte — aus dem Hauſe waͤre ich gezogen auf meine alten Tage. Obfſtn. Ja wohl. Ach Gott, das waͤre ſchrecklich geweſen! Obfſtr. Dazu — das Alter hat Schwachheiten, man wird vergeßlich, eigenſinnig, graͤmlich und — wie es denn zu gehen pflegt, wenn nach ſechzig Jahren un- ſre Huͤtte verwittert iſt. — So was muß mit Liebe ge- tragen werden. Erkaufen laͤßt ſich die Pflege nicht, auch nicht vergelten; wem ſie aber Gott giebt, den macht er jung im hohen Alter. Das wirſt Du uns ſein, Toch- ter! dafuͤr haſt Du unſere Liebe, unſern Segen, und ein kleines Vermoͤgen, worauf kein Fluch und keine Thraͤne ruht. — Leute! das machte mir immer ein gu-

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Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/156>, abgerufen am 26.04.2024.