Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.Menschen verborgenen Geheimnisse schwindlich werde. Da¬ Unter Anwendung beruhigender Heilmittel, namentlich Menſchen verborgenen Geheimniſſe ſchwindlich werde. Da¬ Unter Anwendung beruhigender Heilmittel, namentlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0218" n="210"/> Menſchen verborgenen Geheimniſſe ſchwindlich werde. Da¬<lb/> gegen habe der Knabe dem Engel erzaͤhlen ſollen, wie es auf<lb/> der Erde zugehe. Er ſelbſt habe das Geſpraͤch zwiſchen bei¬<lb/> den deutlich gehoͤrt, und ſei dadurch auf den Gedanken ge¬<lb/> kommen, daß dadurch das Schickſal derer bezeichnet werde,<lb/> welche uͤber die unerforſchlichen Geheimniſſe des Himmels nach¬<lb/> daͤchten, und daruͤber leicht ihren Verſtand verloͤren. Ferner<lb/> ſei ihm der Himmel als ein unendlich tiefer, mit Waſſer an¬<lb/> gefuͤllter Brunnen erſchienen, welcher nach ſeinem Grunde zu<lb/> immer heißer werde, und zuletzt von einer gluͤhenden Maſſe<lb/> erfuͤllt ſei, welche die Hoͤlle darſtelle. Er ſei zwei Stunden<lb/> lang in dieſe Tiefe hinabgeſtuͤrzt, und habe den Wunſch ge¬<lb/> hegt, durch das Hoͤllenfeuer von ſeinen Suͤnden gereinigt zu<lb/> werden u. ſ. w.</p><lb/> <p>Unter Anwendung beruhigender Heilmittel, namentlich<lb/> der lauwarmen Baͤder mit kalten Uebergießungen, ließ ſeine<lb/> Aufregung ſchon in den naͤchſten 2 Wochen dergeſtalt nach,<lb/> daß er des Nachts ruhig ſchlief, und am Tage eine groͤßere<lb/> Klarheit des Bewußtſeins erlangte. Bald konnte er ſchon<lb/> mit großer Genauigkeit und Vollſtaͤndigkeit Auskunft uͤber ſein<lb/> fruͤheres Leben geben, ja er war faͤhig, ſich litteraͤriſch zu be¬<lb/> ſchaͤftigen, und gelangte ſchon nach etwa einem Monate zu<lb/> einer richtigen Erkenntniß ſeines bisherigen Zuſtandes, wes¬<lb/> halb er im ernſtlichen Verlangen nach ſeiner gruͤndlichen Hei¬<lb/> lung die ihm ertheilten aͤrztlichen Verordnungen mit der puͤnkt¬<lb/> lichſten Gewiſſenhaftigkeit befolgte. Seine Zeit theilte ſich in<lb/> wiſſenſchaftliche Arbeiten, welche von ſeiner wiederkehrenden<lb/> Geiſtesſchaͤrfe den erfreulichſten Beweis lieferten, und in koͤr¬<lb/> perliche Beſchaͤftigungen, welche ſeinen geſchwaͤchten Koͤrper<lb/> ſtaͤrkten. Doch war ſeine phyſiſche Geſundheit tief erſchuͤttert<lb/> worden, weshalb er mitunter an Durchfaͤllen, rheumatiſchen<lb/> Beſchwerden und Augenentzuͤndung litt. Indeß wichen dieſe<lb/> Uebel einer angemeſſenen Behandlung bald, und brachten des¬<lb/> halb keine ernſtliche Unterbrechung des pſychiſchen Heilverfahrens<lb/> hervor. Laͤngere Zeit hindurch nahm er auch mit dem beſten<lb/> Erfolge an der Leitung des den anderen Geiſteskranken ertheil¬<lb/> ten Unterrichts Theil, wozu ſein Talent und ſeine Kenntniſſe<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0218]
Menſchen verborgenen Geheimniſſe ſchwindlich werde. Da¬
gegen habe der Knabe dem Engel erzaͤhlen ſollen, wie es auf
der Erde zugehe. Er ſelbſt habe das Geſpraͤch zwiſchen bei¬
den deutlich gehoͤrt, und ſei dadurch auf den Gedanken ge¬
kommen, daß dadurch das Schickſal derer bezeichnet werde,
welche uͤber die unerforſchlichen Geheimniſſe des Himmels nach¬
daͤchten, und daruͤber leicht ihren Verſtand verloͤren. Ferner
ſei ihm der Himmel als ein unendlich tiefer, mit Waſſer an¬
gefuͤllter Brunnen erſchienen, welcher nach ſeinem Grunde zu
immer heißer werde, und zuletzt von einer gluͤhenden Maſſe
erfuͤllt ſei, welche die Hoͤlle darſtelle. Er ſei zwei Stunden
lang in dieſe Tiefe hinabgeſtuͤrzt, und habe den Wunſch ge¬
hegt, durch das Hoͤllenfeuer von ſeinen Suͤnden gereinigt zu
werden u. ſ. w.
Unter Anwendung beruhigender Heilmittel, namentlich
der lauwarmen Baͤder mit kalten Uebergießungen, ließ ſeine
Aufregung ſchon in den naͤchſten 2 Wochen dergeſtalt nach,
daß er des Nachts ruhig ſchlief, und am Tage eine groͤßere
Klarheit des Bewußtſeins erlangte. Bald konnte er ſchon
mit großer Genauigkeit und Vollſtaͤndigkeit Auskunft uͤber ſein
fruͤheres Leben geben, ja er war faͤhig, ſich litteraͤriſch zu be¬
ſchaͤftigen, und gelangte ſchon nach etwa einem Monate zu
einer richtigen Erkenntniß ſeines bisherigen Zuſtandes, wes¬
halb er im ernſtlichen Verlangen nach ſeiner gruͤndlichen Hei¬
lung die ihm ertheilten aͤrztlichen Verordnungen mit der puͤnkt¬
lichſten Gewiſſenhaftigkeit befolgte. Seine Zeit theilte ſich in
wiſſenſchaftliche Arbeiten, welche von ſeiner wiederkehrenden
Geiſtesſchaͤrfe den erfreulichſten Beweis lieferten, und in koͤr¬
perliche Beſchaͤftigungen, welche ſeinen geſchwaͤchten Koͤrper
ſtaͤrkten. Doch war ſeine phyſiſche Geſundheit tief erſchuͤttert
worden, weshalb er mitunter an Durchfaͤllen, rheumatiſchen
Beſchwerden und Augenentzuͤndung litt. Indeß wichen dieſe
Uebel einer angemeſſenen Behandlung bald, und brachten des¬
halb keine ernſtliche Unterbrechung des pſychiſchen Heilverfahrens
hervor. Laͤngere Zeit hindurch nahm er auch mit dem beſten
Erfolge an der Leitung des den anderen Geiſteskranken ertheil¬
ten Unterrichts Theil, wozu ſein Talent und ſeine Kenntniſſe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |