heraus. Es kam ihm vor, als ob jene Jungfrau im Grabe nur schlummere, und mit ihm in einer geheimnißvollen, my¬ stischen Verbindung stehe; er wollte sie daher ausgraben, ins Leben zurückrufen, ihren Aeltern und der Liebe wiedergeben, wozu er auch wahrscheinlich ernstliche Anstalten getroffen haben würde, wenn man ihn nicht nachdrücklich davon zurückgehalten hätte. Später nahm seine erotische Neigung eine andere Rich¬ tung, und rief dadurch eine andere Reihe von Wahnvorstel¬ lungen hervor, von denen hernach die Rede sein wird. In jene Zeit fiel auch das erste Auftreten des Joh. Ronge, und auch Z. wurde von der mächtigen Bewegung jener Tage er¬ griffen, freilich nur im Sinne seines schon ausgebildeten Wahns, in sofern ihm im Geiste die Palme eines Weltverbesserers vorschwebte. Er begnügte sich deshalb nicht damit, Ronge und die Rationalisten zu vertheidigen, sich mit einem Plan zur Verbesserung der Staatsverwaltung zu beschäftigen, auf die Vervollkommnung der Wissenschaften seine Aufmerksamkeit zu richten; sondern immer von neuem tauchten in ihm die Vor¬ stellungen auf, daß er als Hohepriester, ja als Christus selbst die Welt regiere, daß die Geisterwelt ihm Unterthan sei, daß Wind und Wetter ihm gehorchten, daß er Todte auferwecken könne u. dgl. m.
Dem Hause seines Vaters gegenüber wohnte eine Frau von O. mit ihrer Schwester, deren Liebenswürdigkeit einen tiefen Eindruck auf ihn machte, nachdem er längere Zeit vergeblich auf die Wiedererweckung seiner ersten Geliebten ge¬ harrt hatte. Seiner Versicherung zufolge fand er Zutritt bei jenen Damen, hielt um die Schwester an, wurde aber natür¬ lich auf eine höfliche Weise abgewiesen. Tief hierdurch gekränkt gab er der Ueberzeugung Raum, daß die Frau von O. seinen Wünschen heimlich entgegentrete, und daß sie sich der Hülfe eines in ihren Diensten stehenden bösen Geistes bediene, um ihn zu quälen und ins Verderben zu stürzen. Obgleich ihm die 7 Engel der Apokalypse zugethan und untergeben seien, so ver¬ möchten sie doch Nichts gegen den Geist der Frau von O., weil sie Weibern Nichts anhaben könnten, daher er denn schutzlos der Bosheit dieses Dämons preisgegeben sei. Diese äußerte sich nun vornämlich in dem Bemühen, ihm seinen Verstand,
heraus. Es kam ihm vor, als ob jene Jungfrau im Grabe nur ſchlummere, und mit ihm in einer geheimnißvollen, my¬ ſtiſchen Verbindung ſtehe; er wollte ſie daher ausgraben, ins Leben zuruͤckrufen, ihren Aeltern und der Liebe wiedergeben, wozu er auch wahrſcheinlich ernſtliche Anſtalten getroffen haben wuͤrde, wenn man ihn nicht nachdruͤcklich davon zuruͤckgehalten haͤtte. Spaͤter nahm ſeine erotiſche Neigung eine andere Rich¬ tung, und rief dadurch eine andere Reihe von Wahnvorſtel¬ lungen hervor, von denen hernach die Rede ſein wird. In jene Zeit fiel auch das erſte Auftreten des Joh. Ronge, und auch Z. wurde von der maͤchtigen Bewegung jener Tage er¬ griffen, freilich nur im Sinne ſeines ſchon ausgebildeten Wahns, in ſofern ihm im Geiſte die Palme eines Weltverbeſſerers vorſchwebte. Er begnuͤgte ſich deshalb nicht damit, Ronge und die Rationaliſten zu vertheidigen, ſich mit einem Plan zur Verbeſſerung der Staatsverwaltung zu beſchaͤftigen, auf die Vervollkommnung der Wiſſenſchaften ſeine Aufmerkſamkeit zu richten; ſondern immer von neuem tauchten in ihm die Vor¬ ſtellungen auf, daß er als Hoheprieſter, ja als Chriſtus ſelbſt die Welt regiere, daß die Geiſterwelt ihm Unterthan ſei, daß Wind und Wetter ihm gehorchten, daß er Todte auferwecken koͤnne u. dgl. m.
Dem Hause ſeines Vaters gegenuͤber wohnte eine Frau von O. mit ihrer Schweſter, deren Liebenswuͤrdigkeit einen tiefen Eindruck auf ihn machte, nachdem er laͤngere Zeit vergeblich auf die Wiedererweckung ſeiner erſten Geliebten ge¬ harrt hatte. Seiner Verſicherung zufolge fand er Zutritt bei jenen Damen, hielt um die Schweſter an, wurde aber natuͤr¬ lich auf eine hoͤfliche Weiſe abgewieſen. Tief hierdurch gekraͤnkt gab er der Ueberzeugung Raum, daß die Frau von O. ſeinen Wuͤnſchen heimlich entgegentrete, und daß ſie ſich der Huͤlfe eines in ihren Dienſten ſtehenden boͤſen Geiſtes bediene, um ihn zu quaͤlen und ins Verderben zu ſtuͤrzen. Obgleich ihm die 7 Engel der Apokalypſe zugethan und untergeben ſeien, ſo ver¬ moͤchten ſie doch Nichts gegen den Geiſt der Frau von O., weil ſie Weibern Nichts anhaben koͤnnten, daher er denn ſchutzlos der Bosheit dieſes Daͤmons preisgegeben ſei. Dieſe aͤußerte ſich nun vornaͤmlich in dem Bemuͤhen, ihm ſeinen Verſtand‚
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heraus. Es kam ihm vor, als ob jene Jungfrau im Grabe
nur ſchlummere, und mit ihm in einer geheimnißvollen, my¬
ſtiſchen Verbindung ſtehe; er wollte ſie daher ausgraben, ins
Leben zuruͤckrufen, ihren Aeltern und der Liebe wiedergeben,
wozu er auch wahrſcheinlich ernſtliche Anſtalten getroffen haben
wuͤrde, wenn man ihn nicht nachdruͤcklich davon zuruͤckgehalten
haͤtte. Spaͤter nahm ſeine erotiſche Neigung eine andere Rich¬
tung, und rief dadurch eine andere Reihe von Wahnvorſtel¬
lungen hervor, von denen hernach die Rede ſein wird. In
jene Zeit fiel auch das erſte Auftreten des Joh. Ronge, und
auch Z. wurde von der maͤchtigen Bewegung jener Tage er¬
griffen, freilich nur im Sinne ſeines ſchon ausgebildeten Wahns,
in ſofern ihm im Geiſte die Palme eines Weltverbeſſerers
vorſchwebte. Er begnuͤgte ſich deshalb nicht damit, Ronge
und die Rationaliſten zu vertheidigen, ſich mit einem Plan zur
Verbeſſerung der Staatsverwaltung zu beſchaͤftigen, auf die
Vervollkommnung der Wiſſenſchaften ſeine Aufmerkſamkeit zu
richten; ſondern immer von neuem tauchten in ihm die Vor¬
ſtellungen auf, daß er als Hoheprieſter, ja als Chriſtus ſelbſt
die Welt regiere, daß die Geiſterwelt ihm Unterthan ſei, daß
Wind und Wetter ihm gehorchten, daß er Todte auferwecken
koͤnne u. dgl. m.
Dem Hause ſeines Vaters gegenuͤber wohnte eine Frau
von O. mit ihrer Schweſter, deren Liebenswuͤrdigkeit einen
tiefen Eindruck auf ihn machte, nachdem er laͤngere Zeit
vergeblich auf die Wiedererweckung ſeiner erſten Geliebten ge¬
harrt hatte. Seiner Verſicherung zufolge fand er Zutritt bei
jenen Damen, hielt um die Schweſter an, wurde aber natuͤr¬
lich auf eine hoͤfliche Weiſe abgewieſen. Tief hierdurch gekraͤnkt
gab er der Ueberzeugung Raum, daß die Frau von O. ſeinen
Wuͤnſchen heimlich entgegentrete, und daß ſie ſich der Huͤlfe
eines in ihren Dienſten ſtehenden boͤſen Geiſtes bediene, um
ihn zu quaͤlen und ins Verderben zu ſtuͤrzen. Obgleich ihm
die 7 Engel der Apokalypſe zugethan und untergeben ſeien, ſo ver¬
moͤchten ſie doch Nichts gegen den Geiſt der Frau von O., weil
ſie Weibern Nichts anhaben koͤnnten, daher er denn ſchutzlos
der Bosheit dieſes Daͤmons preisgegeben ſei. Dieſe aͤußerte
ſich nun vornaͤmlich in dem Bemuͤhen, ihm ſeinen Verſtand‚
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Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/176>, abgerufen am 05.07.2024.
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