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Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898.

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Eliza Ichenhaeuser.
ihre kurzsichtige Voreingenommenheit auch ihren Lesern
beizubringen. Ein Muster dieser Art liefert Dr. Julius
Duboc.*) Er greift die politische Gleichberechtigungs-
forderung erst vorsichtig an, indem er die Gleichwerthig-
keit der Geschlechter annimmt. Er meint Wunder welch
treffendes Beispiel er ausspricht, indem er die Gesammt-
summe der Männer und Frauen mit zwei Kaufleuten
vergleicht, wovon Socius A. den Aussendienst, Socius B.
den Innendienst verrichtet, Beide sich vortrefflich ergänzen
und keiner es wagen würde, auf das Gebiet des Andern
hinüberzugreifen. Seine Nutzanwendung ist zu platt, um
sie hier zu wiederholen. Die Antwort aber so einfach,
dass wir sie uns nicht schenken können. Socius A. hat
den Aussendienst, Socius B. den Innendienst übernommen,
kraft freier Vereinbarung und weil die Erfahrung jed-
weden auf seinen richtigen Platz stellte. Der Frauen-
antheil ist ihnen aber zwangsweise angewiesen und ihre
Befähigung im Aussendienst ist noch nie erprobt worden.
Die Hauptsache aber ist, dass A. und B. in der Harmonie
ihres Geschäfts durchweg solidarische Interessen haben,
während doch die historische Gestaltung der Dinge es
mit sich gebracht hat, dass beim männlichen und weib-
lichen Geschlecht Interessenconflicte unvermeidlich sind.

Indem Duboc sich weiter den Anschein giebt, als
ob er die Tauglichkeit der Frau für das politische Hand-
werk prüft, besteht seine ganze Untersuchung darin, dass
er einige Behauptungen über die Nervosität der Frauen

*) "Fünfzig Jahre Frauenfrage in Deutschland." Leipzig 1896.

Eliza Ichenhaeuser.
ihre kurzsichtige Voreingenommenheit auch ihren Lesern
beizubringen. Ein Muster dieser Art liefert Dr. Julius
Duboc.*) Er greift die politische Gleichberechtigungs-
forderung erst vorsichtig an, indem er die Gleichwerthig-
keit der Geschlechter annimmt. Er meint Wunder welch
treffendes Beispiel er ausspricht, indem er die Gesammt-
summe der Männer und Frauen mit zwei Kaufleuten
vergleicht, wovon Socius A. den Aussendienst, Socius B.
den Innendienst verrichtet, Beide sich vortrefflich ergänzen
und keiner es wagen würde, auf das Gebiet des Andern
hinüberzugreifen. Seine Nutzanwendung ist zu platt, um
sie hier zu wiederholen. Die Antwort aber so einfach,
dass wir sie uns nicht schenken können. Socius A. hat
den Aussendienst, Socius B. den Innendienst übernommen,
kraft freier Vereinbarung und weil die Erfahrung jed-
weden auf seinen richtigen Platz stellte. Der Frauen-
antheil ist ihnen aber zwangsweise angewiesen und ihre
Befähigung im Aussendienst ist noch nie erprobt worden.
Die Hauptsache aber ist, dass A. und B. in der Harmonie
ihres Geschäfts durchweg solidarische Interessen haben,
während doch die historische Gestaltung der Dinge es
mit sich gebracht hat, dass beim männlichen und weib-
lichen Geschlecht Interessenconflicte unvermeidlich sind.

Indem Duboc sich weiter den Anschein giebt, als
ob er die Tauglichkeit der Frau für das politische Hand-
werk prüft, besteht seine ganze Untersuchung darin, dass
er einige Behauptungen über die Nervosität der Frauen

*) »Fünfzig Jahre Frauenfrage in Deutschland.« Leipzig 1896.
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[80/0093] Eliza Ichenhaeuser. ihre kurzsichtige Voreingenommenheit auch ihren Lesern beizubringen. Ein Muster dieser Art liefert Dr. Julius Duboc. *) Er greift die politische Gleichberechtigungs- forderung erst vorsichtig an, indem er die Gleichwerthig- keit der Geschlechter annimmt. Er meint Wunder welch treffendes Beispiel er ausspricht, indem er die Gesammt- summe der Männer und Frauen mit zwei Kaufleuten vergleicht, wovon Socius A. den Aussendienst, Socius B. den Innendienst verrichtet, Beide sich vortrefflich ergänzen und keiner es wagen würde, auf das Gebiet des Andern hinüberzugreifen. Seine Nutzanwendung ist zu platt, um sie hier zu wiederholen. Die Antwort aber so einfach, dass wir sie uns nicht schenken können. Socius A. hat den Aussendienst, Socius B. den Innendienst übernommen, kraft freier Vereinbarung und weil die Erfahrung jed- weden auf seinen richtigen Platz stellte. Der Frauen- antheil ist ihnen aber zwangsweise angewiesen und ihre Befähigung im Aussendienst ist noch nie erprobt worden. Die Hauptsache aber ist, dass A. und B. in der Harmonie ihres Geschäfts durchweg solidarische Interessen haben, während doch die historische Gestaltung der Dinge es mit sich gebracht hat, dass beim männlichen und weib- lichen Geschlecht Interessenconflicte unvermeidlich sind. Indem Duboc sich weiter den Anschein giebt, als ob er die Tauglichkeit der Frau für das politische Hand- werk prüft, besteht seine ganze Untersuchung darin, dass er einige Behauptungen über die Nervosität der Frauen *) »Fünfzig Jahre Frauenfrage in Deutschland.« Leipzig 1896.

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/93>, abgerufen am 06.05.2024.