Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

Die politische Gleichberechtigung der Frau.
convention zu wählen. Die weiteren Bemerkungen der
M. A. Z. stimmen mit den von mir berichteten That-
sachen überein, nämlich dass die vielfach gehegte Ver-
muthung, die weiblichen Wähler würden die conservative
Partei verstärken, sich nicht bestätigt habe, dass der
Klerus in seinen Erwartungen getäuscht war und dass
die Frauen den als Don Juans bekannten Politikern scharf
zu Leibe gingen. Ich denke, dass all das dem oben
citirten Urtheil der M. A. Z. vollständig widerspricht;
denn das allgemeine Niveau heben, besonders den
moralischen Standard der Candidirenden, liberal wählen,
den Bedrängten und Arbeitenden beistehen, das sind alles
so vorzügliche Resultate, dass sie alle Erwartungen weit
übertroffen haben, sind doch alle Frauen sozusagen
politische Autodidakten.

Dass die Mehrzahl der Mitglieder der Föderations-
convention sich nicht entschliessen konnte, den Frauen
das Stimmrecht für die Wahlen zum künftigen australischen
Bundesparlament zu gewähren, ist nicht verwunderlich,
da sie es, wie bereits bemerkt, in den anderen fünf
Colonien noch nicht besitzen, doch ist es zweifellos, dass
es daselbst nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.
In Victoria ist ein bezügliches Amendement bereits 1873
vom Unterhaus angenommen worden, ein Telegramm vom
23. September ds. macht bekannt, dass der Premier, Sir
George Turner, in der Ansprache an seine Wähler denselben
ankündigte, dass er eine Wahlreform einbringen
wolle, derzufolge jeder Erwachsene wahlberechtigt

Die politische Gleichberechtigung der Frau.
convention zu wählen. Die weiteren Bemerkungen der
M. A. Z. stimmen mit den von mir berichteten That-
sachen überein, nämlich dass die vielfach gehegte Ver-
muthung, die weiblichen Wähler würden die conservative
Partei verstärken, sich nicht bestätigt habe, dass der
Klerus in seinen Erwartungen getäuscht war und dass
die Frauen den als Don Juans bekannten Politikern scharf
zu Leibe gingen. Ich denke, dass all das dem oben
citirten Urtheil der M. A. Z. vollständig widerspricht;
denn das allgemeine Niveau heben, besonders den
moralischen Standard der Candidirenden, liberal wählen,
den Bedrängten und Arbeitenden beistehen, das sind alles
so vorzügliche Resultate, dass sie alle Erwartungen weit
übertroffen haben, sind doch alle Frauen sozusagen
politische Autodidakten.

Dass die Mehrzahl der Mitglieder der Föderations-
convention sich nicht entschliessen konnte, den Frauen
das Stimmrecht für die Wahlen zum künftigen australischen
Bundesparlament zu gewähren, ist nicht verwunderlich,
da sie es, wie bereits bemerkt, in den anderen fünf
Colonien noch nicht besitzen, doch ist es zweifellos, dass
es daselbst nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.
In Victoria ist ein bezügliches Amendement bereits 1873
vom Unterhaus angenommen worden, ein Telegramm vom
23. September ds. macht bekannt, dass der Premier, Sir
George Turner, in der Ansprache an seine Wähler denselben
ankündigte, dass er eine Wahlreform einbringen
wolle, derzufolge jeder Erwachsene wahlberechtigt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0068" n="55"/><fw place="top" type="header">Die politische Gleichberechtigung der Frau.</fw><lb/>
convention zu wählen. Die weiteren Bemerkungen der<lb/>
M. A. Z. stimmen mit den von mir berichteten That-<lb/>
sachen überein, nämlich dass die vielfach gehegte Ver-<lb/>
muthung, die weiblichen Wähler würden die conservative<lb/>
Partei verstärken, sich nicht bestätigt habe, dass der<lb/>
Klerus in seinen Erwartungen getäuscht war und dass<lb/>
die Frauen den als Don Juans bekannten Politikern scharf<lb/>
zu Leibe gingen. Ich denke, dass all das dem oben<lb/>
citirten Urtheil der M. A. Z. vollständig widerspricht;<lb/>
denn das allgemeine Niveau heben, besonders den<lb/>
moralischen Standard der Candidirenden, liberal wählen,<lb/>
den Bedrängten und Arbeitenden beistehen, das sind alles<lb/>
so vorzügliche Resultate, dass sie alle Erwartungen weit<lb/>
übertroffen haben, sind doch alle Frauen sozusagen<lb/>
politische Autodidakten.</p><lb/>
      <p>Dass die Mehrzahl der Mitglieder der Föderations-<lb/>
convention sich nicht entschliessen konnte, den Frauen<lb/>
das Stimmrecht für die Wahlen zum künftigen australischen<lb/>
Bundesparlament zu gewähren, ist nicht verwunderlich,<lb/>
da sie es, wie bereits bemerkt, in den anderen fünf<lb/>
Colonien noch nicht besitzen, doch ist es zweifellos, dass<lb/>
es daselbst nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.<lb/>
In Victoria ist ein bezügliches Amendement bereits 1873<lb/>
vom Unterhaus angenommen worden, ein Telegramm vom<lb/>
23. September ds. macht bekannt, dass der Premier, Sir<lb/>
George Turner, in der Ansprache an seine Wähler denselben<lb/>
ankündigte, dass er eine Wahlreform einbringen<lb/>
wolle, derzufolge <hi rendition="#g"> jeder Erwachsene</hi> wahlberechtigt<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0068] Die politische Gleichberechtigung der Frau. convention zu wählen. Die weiteren Bemerkungen der M. A. Z. stimmen mit den von mir berichteten That- sachen überein, nämlich dass die vielfach gehegte Ver- muthung, die weiblichen Wähler würden die conservative Partei verstärken, sich nicht bestätigt habe, dass der Klerus in seinen Erwartungen getäuscht war und dass die Frauen den als Don Juans bekannten Politikern scharf zu Leibe gingen. Ich denke, dass all das dem oben citirten Urtheil der M. A. Z. vollständig widerspricht; denn das allgemeine Niveau heben, besonders den moralischen Standard der Candidirenden, liberal wählen, den Bedrängten und Arbeitenden beistehen, das sind alles so vorzügliche Resultate, dass sie alle Erwartungen weit übertroffen haben, sind doch alle Frauen sozusagen politische Autodidakten. Dass die Mehrzahl der Mitglieder der Föderations- convention sich nicht entschliessen konnte, den Frauen das Stimmrecht für die Wahlen zum künftigen australischen Bundesparlament zu gewähren, ist nicht verwunderlich, da sie es, wie bereits bemerkt, in den anderen fünf Colonien noch nicht besitzen, doch ist es zweifellos, dass es daselbst nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. In Victoria ist ein bezügliches Amendement bereits 1873 vom Unterhaus angenommen worden, ein Telegramm vom 23. September ds. macht bekannt, dass der Premier, Sir George Turner, in der Ansprache an seine Wähler denselben ankündigte, dass er eine Wahlreform einbringen wolle, derzufolge jeder Erwachsene wahlberechtigt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-02-20T18:11:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-02-20T18:11:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/68
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/68>, abgerufen am 23.11.2024.