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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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für alle Deutschen schuf, blieben die Dienstboten,
soweit es ihren Dienst betrifft, allein außerhalb
dieses Rechts, für sie blieben die Gesindeordnungen
bestehen, deren Zahl nach Kähler 59 beträgt.
Während es also für notwendig befunden wurde,
die Zersplitterung des gemeinen Rechts für alle
anderen Reichsdeutschen zu beheben, ließ man sie
gerade für die Dienstboten bestehen, die vielleicht
am häufigsten ihren Wohnort wechseln, die jeden-
falls vielmehr Schwierigkeiten haben, sich in ver-
schiedenen Rechtsmaterien zurechtzufinden. Und
selbst der einzige Vorzug, den das BGB. für die
Dienstboten zu haben schien, die Aufhebung des
nach § 77 der preußischen Gesindeverordnung der
Dienstherrschaft zustehenden Züchtigungsrechts durch
den § 95 seines Einführungsgesetzes, steht nicht fest,
da Zweifel bestehen, ob hierdurch jene Bestimmung
beseitigt worden ist, die bei "geringen Tätlich-
keiten" einen Strafausschließungsgrund gewährt.

Wenn man bedenkt, daß Deutschland 1249383
Dienstboten besitzt, darunter 99 Prozent Frauen,
und daß diese 99 Prozent zum überwiegenden Teil
Rechtsordnungen unterstehen, die in völlig ver-
alteter Weise, zum Teil noch aus Zeiten der Hörig-
keit stammend, von der Pflicht der Gleichstellung
aller Menschen vor dem Recht noch nichts wissen,
sondern die Pflichten und Rechte zwischen dem Ge-
sinde und seinen Arbeitgebern völlig ungleich fest-

für alle Deutschen schuf, blieben die Dienstboten,
soweit es ihren Dienst betrifft, allein außerhalb
dieses Rechts, für sie blieben die Gesindeordnungen
bestehen, deren Zahl nach Kähler 59 beträgt.
Während es also für notwendig befunden wurde,
die Zersplitterung des gemeinen Rechts für alle
anderen Reichsdeutschen zu beheben, ließ man sie
gerade für die Dienstboten bestehen, die vielleicht
am häufigsten ihren Wohnort wechseln, die jeden-
falls vielmehr Schwierigkeiten haben, sich in ver-
schiedenen Rechtsmaterien zurechtzufinden. Und
selbst der einzige Vorzug, den das BGB. für die
Dienstboten zu haben schien, die Aufhebung des
nach § 77 der preußischen Gesindeverordnung der
Dienstherrschaft zustehenden Züchtigungsrechts durch
den § 95 seines Einführungsgesetzes, steht nicht fest,
da Zweifel bestehen, ob hierdurch jene Bestimmung
beseitigt worden ist, die bei „geringen Tätlich-
keiten“ einen Strafausschließungsgrund gewährt.

Wenn man bedenkt, daß Deutschland 1249383
Dienstboten besitzt, darunter 99 Prozent Frauen,
und daß diese 99 Prozent zum überwiegenden Teil
Rechtsordnungen unterstehen, die in völlig ver-
alteter Weise, zum Teil noch aus Zeiten der Hörig-
keit stammend, von der Pflicht der Gleichstellung
aller Menschen vor dem Recht noch nichts wissen,
sondern die Pflichten und Rechte zwischen dem Ge-
sinde und seinen Arbeitgebern völlig ungleich fest-

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[80/0084] für alle Deutschen schuf, blieben die Dienstboten, soweit es ihren Dienst betrifft, allein außerhalb dieses Rechts, für sie blieben die Gesindeordnungen bestehen, deren Zahl nach Kähler 59 beträgt. Während es also für notwendig befunden wurde, die Zersplitterung des gemeinen Rechts für alle anderen Reichsdeutschen zu beheben, ließ man sie gerade für die Dienstboten bestehen, die vielleicht am häufigsten ihren Wohnort wechseln, die jeden- falls vielmehr Schwierigkeiten haben, sich in ver- schiedenen Rechtsmaterien zurechtzufinden. Und selbst der einzige Vorzug, den das BGB. für die Dienstboten zu haben schien, die Aufhebung des nach § 77 der preußischen Gesindeverordnung der Dienstherrschaft zustehenden Züchtigungsrechts durch den § 95 seines Einführungsgesetzes, steht nicht fest, da Zweifel bestehen, ob hierdurch jene Bestimmung beseitigt worden ist, die bei „geringen Tätlich- keiten“ einen Strafausschließungsgrund gewährt. Wenn man bedenkt, daß Deutschland 1249383 Dienstboten besitzt, darunter 99 Prozent Frauen, und daß diese 99 Prozent zum überwiegenden Teil Rechtsordnungen unterstehen, die in völlig ver- alteter Weise, zum Teil noch aus Zeiten der Hörig- keit stammend, von der Pflicht der Gleichstellung aller Menschen vor dem Recht noch nichts wissen, sondern die Pflichten und Rechte zwischen dem Ge- sinde und seinen Arbeitgebern völlig ungleich fest-

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/84>, abgerufen am 27.11.2024.