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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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genügende Einkommen des Mannes im Verhältnis
zur Kinderzahl, seine Erkrankung oder andere Un-
glücksfälle die Frau, ihre frühere Tätigkeit wieder
aufzunehmen oder eine neue zu suchen. Die letzte
Berufszählung ergab 2808864 erwerbstätige
verheiratete Frauen und 1000495 verwitwete
und geschiedene.

Also immer und überall, als Ledige, als Witwe,
als Geschiedene, ja sogar als Ehefrau sehen wir die
Frau als Erwerbende in steigender Tätigkeit be-
griffen.

Die Berechtigung, ja der Zwang hierzu geht
deutlich aus dem Gesagten hervor. Es fragt sich
nun, ob die Art ihrer Betätigung, die Be-
dingungen, unter denen sie ausgeübt wird, be-
friedigend ist, ob sie den Fähigkeiten der Frau ent-
spricht, ob sie genügend hoch bewertet wird, und ob
sie der Allgemeinheit außer in volkswirtschaft-
licher auch in sittlicher Hinsicht nützt.

Um hierauf eine Antwort zu finden, müssen
wir die Erwerbstätigst, am besten gruppenweise,
nach der Einteilung der Reichsstatistik, betrachten.

Die Landwirtschaft ist dasjenige Gebiet, auf
dem die Frauen von altersher die größte Verwen-
dung gefunden haben. Diese Tatsache würde aber
nicht genügen, um die enorme Zunahme, ihre Ver-
doppelung seit der letzten Berufszählung zu er-
klären. Es ist die männliche Landarbeiterflucht,

genügende Einkommen des Mannes im Verhältnis
zur Kinderzahl, seine Erkrankung oder andere Un-
glücksfälle die Frau, ihre frühere Tätigkeit wieder
aufzunehmen oder eine neue zu suchen. Die letzte
Berufszählung ergab 2808864 erwerbstätige
verheiratete Frauen und 1000495 verwitwete
und geschiedene.

Also immer und überall, als Ledige, als Witwe,
als Geschiedene, ja sogar als Ehefrau sehen wir die
Frau als Erwerbende in steigender Tätigkeit be-
griffen.

Die Berechtigung, ja der Zwang hierzu geht
deutlich aus dem Gesagten hervor. Es fragt sich
nun, ob die Art ihrer Betätigung, die Be-
dingungen, unter denen sie ausgeübt wird, be-
friedigend ist, ob sie den Fähigkeiten der Frau ent-
spricht, ob sie genügend hoch bewertet wird, und ob
sie der Allgemeinheit außer in volkswirtschaft-
licher auch in sittlicher Hinsicht nützt.

Um hierauf eine Antwort zu finden, müssen
wir die Erwerbstätigst, am besten gruppenweise,
nach der Einteilung der Reichsstatistik, betrachten.

Die Landwirtschaft ist dasjenige Gebiet, auf
dem die Frauen von altersher die größte Verwen-
dung gefunden haben. Diese Tatsache würde aber
nicht genügen, um die enorme Zunahme, ihre Ver-
doppelung seit der letzten Berufszählung zu er-
klären. Es ist die männliche Landarbeiterflucht,

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[29/0033] genügende Einkommen des Mannes im Verhältnis zur Kinderzahl, seine Erkrankung oder andere Un- glücksfälle die Frau, ihre frühere Tätigkeit wieder aufzunehmen oder eine neue zu suchen. Die letzte Berufszählung ergab 2808864 erwerbstätige verheiratete Frauen und 1000495 verwitwete und geschiedene. Also immer und überall, als Ledige, als Witwe, als Geschiedene, ja sogar als Ehefrau sehen wir die Frau als Erwerbende in steigender Tätigkeit be- griffen. Die Berechtigung, ja der Zwang hierzu geht deutlich aus dem Gesagten hervor. Es fragt sich nun, ob die Art ihrer Betätigung, die Be- dingungen, unter denen sie ausgeübt wird, be- friedigend ist, ob sie den Fähigkeiten der Frau ent- spricht, ob sie genügend hoch bewertet wird, und ob sie der Allgemeinheit außer in volkswirtschaft- licher auch in sittlicher Hinsicht nützt. Um hierauf eine Antwort zu finden, müssen wir die Erwerbstätigst, am besten gruppenweise, nach der Einteilung der Reichsstatistik, betrachten. Die Landwirtschaft ist dasjenige Gebiet, auf dem die Frauen von altersher die größte Verwen- dung gefunden haben. Diese Tatsache würde aber nicht genügen, um die enorme Zunahme, ihre Ver- doppelung seit der letzten Berufszählung zu er- klären. Es ist die männliche Landarbeiterflucht,

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/33>, abgerufen am 29.03.2024.