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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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dieser Paragraphen ist für die Frau um so
schlimmer, als sie auch hier wieder die materiell
gebundenere ist. Entzieht sie sich einem für sie un-
erträglichen Zusammenleben durch Verlassen des
Ehemannes und er wünscht die Scheidung nicht, so
bleibt sie dauernd gebunden, er behält, falls sie Ver-
mögen besitzt, dieses weiter in seiner Verwaltung,
ohne verpflichtet zu sein, ihr außerhalb des ehe-
lichen Hauses Unterhalt zu gewähren. Und sogar
wenn er sie verläßt, behält er auch weiter die Ver-
waltung ihres Vermögens. Es haben sich eben die
Gesetzgeber von der althergebrachten Anschauung
der Notwendigkeit der Vorherrschaft des Mannes
nicht freimachen können. So sehr sie sich auch be-
mühten, den Ansprüchen der modernen Frau gerecht
zu werden, so gelang es ihnen doch, und auch da nur
teilweise, nur da, wo sie neuen Verhältnissen gegen-
überstanden. Der neuen Erscheinung der erwerbs-
tätigen Frau gegenüber fanden sie, wie bereits
oben bemerkt, in allen Kulturstaaten neue Gesetze,
um ihnen ihr Selbsterworbenes und ihre Mittel
dazu zu sichern. Der "Nur-Ehefrau" und "Mutter"
gegenüber vermochten sie jedoch nicht, sich dem
Banne patriarchalischer Traditionen zu entziehen,
und standen ihren Bedürfnissen vollkommen ver-
ständnislos gegenüber.

Wenn die monogame Ehe auf eine sittlichere
Basis gestellt werden soll, als die, auf der sie sich

19 Jchenhaeuser, Frauenziele.

dieser Paragraphen ist für die Frau um so
schlimmer, als sie auch hier wieder die materiell
gebundenere ist. Entzieht sie sich einem für sie un-
erträglichen Zusammenleben durch Verlassen des
Ehemannes und er wünscht die Scheidung nicht, so
bleibt sie dauernd gebunden, er behält, falls sie Ver-
mögen besitzt, dieses weiter in seiner Verwaltung,
ohne verpflichtet zu sein, ihr außerhalb des ehe-
lichen Hauses Unterhalt zu gewähren. Und sogar
wenn er sie verläßt, behält er auch weiter die Ver-
waltung ihres Vermögens. Es haben sich eben die
Gesetzgeber von der althergebrachten Anschauung
der Notwendigkeit der Vorherrschaft des Mannes
nicht freimachen können. So sehr sie sich auch be-
mühten, den Ansprüchen der modernen Frau gerecht
zu werden, so gelang es ihnen doch, und auch da nur
teilweise, nur da, wo sie neuen Verhältnissen gegen-
überstanden. Der neuen Erscheinung der erwerbs-
tätigen Frau gegenüber fanden sie, wie bereits
oben bemerkt, in allen Kulturstaaten neue Gesetze,
um ihnen ihr Selbsterworbenes und ihre Mittel
dazu zu sichern. Der „Nur-Ehefrau“ und „Mutter“
gegenüber vermochten sie jedoch nicht, sich dem
Banne patriarchalischer Traditionen zu entziehen,
und standen ihren Bedürfnissen vollkommen ver-
ständnislos gegenüber.

Wenn die monogame Ehe auf eine sittlichere
Basis gestellt werden soll, als die, auf der sie sich

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[289/0293] dieser Paragraphen ist für die Frau um so schlimmer, als sie auch hier wieder die materiell gebundenere ist. Entzieht sie sich einem für sie un- erträglichen Zusammenleben durch Verlassen des Ehemannes und er wünscht die Scheidung nicht, so bleibt sie dauernd gebunden, er behält, falls sie Ver- mögen besitzt, dieses weiter in seiner Verwaltung, ohne verpflichtet zu sein, ihr außerhalb des ehe- lichen Hauses Unterhalt zu gewähren. Und sogar wenn er sie verläßt, behält er auch weiter die Ver- waltung ihres Vermögens. Es haben sich eben die Gesetzgeber von der althergebrachten Anschauung der Notwendigkeit der Vorherrschaft des Mannes nicht freimachen können. So sehr sie sich auch be- mühten, den Ansprüchen der modernen Frau gerecht zu werden, so gelang es ihnen doch, und auch da nur teilweise, nur da, wo sie neuen Verhältnissen gegen- überstanden. Der neuen Erscheinung der erwerbs- tätigen Frau gegenüber fanden sie, wie bereits oben bemerkt, in allen Kulturstaaten neue Gesetze, um ihnen ihr Selbsterworbenes und ihre Mittel dazu zu sichern. Der „Nur-Ehefrau“ und „Mutter“ gegenüber vermochten sie jedoch nicht, sich dem Banne patriarchalischer Traditionen zu entziehen, und standen ihren Bedürfnissen vollkommen ver- ständnislos gegenüber. Wenn die monogame Ehe auf eine sittlichere Basis gestellt werden soll, als die, auf der sie sich 19 Jchenhaeuser, Frauenziele.

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/293>, abgerufen am 23.11.2024.