Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Ergreifung von Studium und Beruf Rücksicht
zu nehmen. Wenn das den Müttern gelingen wird
- und nur ihnen kann das mit ihrem neuen
Wissen und ihrer alten Liebe gelingen - dann
wird das Gros der männlichen und weiblichen
Leistungen ein ganz anderes sein als heute, dann
wird nicht mehr Herr X. sich auf der Universität
zwecklos quälen, weil die Stellung der Familie
den Söhnen nur ein akademisches Studium ge-
stattet, dann wird das begabte Fräulein Y. nicht
ihre Tage und einen Teil ihrer Nächte einer
minderwertigen Arbeit opfern müssen, um das für
die Vorbereitung zum Offizier oder Akademiker
nötige Geld für ihren unbegabten Bruder aufzu-
bringen, weil der falsche Stolz der Familie es für
nötig hält, die Offizierswürde der Familie zu er-
halten, dann wird nicht mehr soviel Männer- und
Frauenkraft mißbraucht werden, weil so viele auf
einem falschen Platze stehen.

Selbstverständlich wird die erzieherische Tätig-
keit der Mutter hierzu nicht nur der Auffassung
nach, in den Zielen, eine andere als bisher sein
müssen, sondern auch in der Ausführung ihrer
Tätigkeit. Sie wird sich den Kindern, insbesondere
wie sie dies bisher bei den Töchtern tat, nicht mehr
an die Fersen heften dürfen, sondern sie von vorn-
herein an selbständiges Arbeiten und an selb-
ständiges Handeln gewöhnen müssen. Sie wird vor

Ergreifung von Studium und Beruf Rücksicht
zu nehmen. Wenn das den Müttern gelingen wird
– und nur ihnen kann das mit ihrem neuen
Wissen und ihrer alten Liebe gelingen – dann
wird das Gros der männlichen und weiblichen
Leistungen ein ganz anderes sein als heute, dann
wird nicht mehr Herr X. sich auf der Universität
zwecklos quälen, weil die Stellung der Familie
den Söhnen nur ein akademisches Studium ge-
stattet, dann wird das begabte Fräulein Y. nicht
ihre Tage und einen Teil ihrer Nächte einer
minderwertigen Arbeit opfern müssen, um das für
die Vorbereitung zum Offizier oder Akademiker
nötige Geld für ihren unbegabten Bruder aufzu-
bringen, weil der falsche Stolz der Familie es für
nötig hält, die Offizierswürde der Familie zu er-
halten, dann wird nicht mehr soviel Männer- und
Frauenkraft mißbraucht werden, weil so viele auf
einem falschen Platze stehen.

Selbstverständlich wird die erzieherische Tätig-
keit der Mutter hierzu nicht nur der Auffassung
nach, in den Zielen, eine andere als bisher sein
müssen, sondern auch in der Ausführung ihrer
Tätigkeit. Sie wird sich den Kindern, insbesondere
wie sie dies bisher bei den Töchtern tat, nicht mehr
an die Fersen heften dürfen, sondern sie von vorn-
herein an selbständiges Arbeiten und an selb-
ständiges Handeln gewöhnen müssen. Sie wird vor

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0176" n="172"/>
Ergreifung von Studium und Beruf Rücksicht<lb/>
zu nehmen. Wenn das den Müttern gelingen wird<lb/>
&#x2013; und nur ihnen kann das mit ihrem neuen<lb/>
Wissen und ihrer alten Liebe gelingen &#x2013; dann<lb/>
wird das Gros der männlichen und weiblichen<lb/>
Leistungen ein ganz anderes sein als heute, dann<lb/>
wird nicht mehr Herr X. sich auf der Universität<lb/>
zwecklos quälen, weil die Stellung der Familie<lb/>
den Söhnen nur ein akademisches Studium ge-<lb/>
stattet, dann wird das begabte Fräulein Y. nicht<lb/>
ihre Tage und einen Teil ihrer Nächte einer<lb/>
minderwertigen Arbeit opfern müssen, um das für<lb/>
die Vorbereitung zum Offizier oder Akademiker<lb/>
nötige Geld für ihren unbegabten Bruder aufzu-<lb/>
bringen, weil der falsche Stolz der Familie es für<lb/>
nötig hält, die Offizierswürde der Familie zu er-<lb/>
halten, dann wird nicht mehr soviel Männer- und<lb/>
Frauenkraft mißbraucht werden, weil so viele auf<lb/>
einem falschen Platze stehen.</p><lb/>
          <p>Selbstverständlich wird die erzieherische Tätig-<lb/>
keit der Mutter hierzu nicht nur der Auffassung<lb/>
nach, in den Zielen, eine andere als bisher sein<lb/>
müssen, sondern auch in der Ausführung ihrer<lb/>
Tätigkeit. Sie wird sich den Kindern, insbesondere<lb/>
wie sie dies bisher bei den Töchtern tat, nicht mehr<lb/>
an die Fersen heften dürfen, sondern sie von vorn-<lb/>
herein an selbständiges Arbeiten und an selb-<lb/>
ständiges Handeln gewöhnen müssen. Sie wird vor<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0176] Ergreifung von Studium und Beruf Rücksicht zu nehmen. Wenn das den Müttern gelingen wird – und nur ihnen kann das mit ihrem neuen Wissen und ihrer alten Liebe gelingen – dann wird das Gros der männlichen und weiblichen Leistungen ein ganz anderes sein als heute, dann wird nicht mehr Herr X. sich auf der Universität zwecklos quälen, weil die Stellung der Familie den Söhnen nur ein akademisches Studium ge- stattet, dann wird das begabte Fräulein Y. nicht ihre Tage und einen Teil ihrer Nächte einer minderwertigen Arbeit opfern müssen, um das für die Vorbereitung zum Offizier oder Akademiker nötige Geld für ihren unbegabten Bruder aufzu- bringen, weil der falsche Stolz der Familie es für nötig hält, die Offizierswürde der Familie zu er- halten, dann wird nicht mehr soviel Männer- und Frauenkraft mißbraucht werden, weil so viele auf einem falschen Platze stehen. Selbstverständlich wird die erzieherische Tätig- keit der Mutter hierzu nicht nur der Auffassung nach, in den Zielen, eine andere als bisher sein müssen, sondern auch in der Ausführung ihrer Tätigkeit. Sie wird sich den Kindern, insbesondere wie sie dies bisher bei den Töchtern tat, nicht mehr an die Fersen heften dürfen, sondern sie von vorn- herein an selbständiges Arbeiten und an selb- ständiges Handeln gewöhnen müssen. Sie wird vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/176
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/176>, abgerufen am 25.11.2024.