Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite
Wirtschaftliche Aufgaben
Die Ursachen und Entwicklung der Frauen-
bewegung

Von allen Formen der Unterordnung, auf
denen die menschliche Gesellschaft sich aufbaute, die
aber mit fortschreitender Zivilisation nachein-
ander aufgehoben wurden, hat sich die gesetzliche
Unterordnung des weiblichen Geschlechts unter
das männliche am längsten erhalten. Hervor-
gegangen zwar wie alle anderen aus dem Recht
des Stärkeren, hat sie doch in der Praxis natur-
gemäß eine sehr viel mildere Form als jene ange-
nommen. Sie wurde im Grunde mit der Schutz-
bedürftigkeit der Frau identifiziert, und da die
Zuneigung des Mannes für seine Frau gleichzeitig
auch das sicherste Vorbeugungsmittel für etwaige
Überschreitung seiner Machtbefugnisse schien, so
wurde ihm diese seine Macht zur süßen Ge-
wohnheit.

Die Frauen selbst führten ein so ganz eigenes,
von dem der Männer getrenntes Leben, sie hatten
so garnichts in der Öffentlichkeit zu tun, ihr
Heim bot ihnen soviel Arbeit und Befriedigung
und es fehlte ihnen so ganz der Kontakt mit der

Wirtschaftliche Aufgaben
Die Ursachen und Entwicklung der Frauen-
bewegung

Von allen Formen der Unterordnung, auf
denen die menschliche Gesellschaft sich aufbaute, die
aber mit fortschreitender Zivilisation nachein-
ander aufgehoben wurden, hat sich die gesetzliche
Unterordnung des weiblichen Geschlechts unter
das männliche am längsten erhalten. Hervor-
gegangen zwar wie alle anderen aus dem Recht
des Stärkeren, hat sie doch in der Praxis natur-
gemäß eine sehr viel mildere Form als jene ange-
nommen. Sie wurde im Grunde mit der Schutz-
bedürftigkeit der Frau identifiziert, und da die
Zuneigung des Mannes für seine Frau gleichzeitig
auch das sicherste Vorbeugungsmittel für etwaige
Überschreitung seiner Machtbefugnisse schien, so
wurde ihm diese seine Macht zur süßen Ge-
wohnheit.

Die Frauen selbst führten ein so ganz eigenes,
von dem der Männer getrenntes Leben, sie hatten
so garnichts in der Öffentlichkeit zu tun, ihr
Heim bot ihnen soviel Arbeit und Befriedigung
und es fehlte ihnen so ganz der Kontakt mit der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0013" n="9"/>
      <div n="1">
        <head>Wirtschaftliche Aufgaben</head><lb/>
        <div n="2">
          <head>Die Ursachen und Entwicklung der Frauen-<lb/>
bewegung</head><lb/>
          <p>Von allen Formen der Unterordnung, auf<lb/>
denen die menschliche Gesellschaft sich aufbaute, die<lb/>
aber mit fortschreitender Zivilisation nachein-<lb/>
ander aufgehoben wurden, hat sich die gesetzliche<lb/>
Unterordnung des weiblichen Geschlechts unter<lb/>
das männliche am längsten erhalten. Hervor-<lb/>
gegangen zwar wie alle anderen aus dem Recht<lb/>
des Stärkeren, hat sie doch in der Praxis natur-<lb/>
gemäß eine sehr viel mildere Form als jene ange-<lb/>
nommen. Sie wurde im Grunde mit der Schutz-<lb/>
bedürftigkeit der Frau identifiziert, und da die<lb/>
Zuneigung des Mannes für seine Frau gleichzeitig<lb/>
auch das sicherste Vorbeugungsmittel für etwaige<lb/>
Überschreitung seiner Machtbefugnisse schien, so<lb/>
wurde ihm diese seine Macht zur süßen Ge-<lb/>
wohnheit.</p><lb/>
          <p>Die Frauen selbst führten ein so ganz eigenes,<lb/>
von dem der Männer getrenntes Leben, sie hatten<lb/>
so garnichts in der Öffentlichkeit zu tun, ihr<lb/>
Heim bot ihnen soviel Arbeit und Befriedigung<lb/>
und es fehlte ihnen so ganz der Kontakt mit der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0013] Wirtschaftliche Aufgaben Die Ursachen und Entwicklung der Frauen- bewegung Von allen Formen der Unterordnung, auf denen die menschliche Gesellschaft sich aufbaute, die aber mit fortschreitender Zivilisation nachein- ander aufgehoben wurden, hat sich die gesetzliche Unterordnung des weiblichen Geschlechts unter das männliche am längsten erhalten. Hervor- gegangen zwar wie alle anderen aus dem Recht des Stärkeren, hat sie doch in der Praxis natur- gemäß eine sehr viel mildere Form als jene ange- nommen. Sie wurde im Grunde mit der Schutz- bedürftigkeit der Frau identifiziert, und da die Zuneigung des Mannes für seine Frau gleichzeitig auch das sicherste Vorbeugungsmittel für etwaige Überschreitung seiner Machtbefugnisse schien, so wurde ihm diese seine Macht zur süßen Ge- wohnheit. Die Frauen selbst führten ein so ganz eigenes, von dem der Männer getrenntes Leben, sie hatten so garnichts in der Öffentlichkeit zu tun, ihr Heim bot ihnen soviel Arbeit und Befriedigung und es fehlte ihnen so ganz der Kontakt mit der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/13
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/13>, abgerufen am 23.11.2024.