Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

dieses Thema vor anderthalb Jahrzehnten unver-
holen zum Ausdruck brachte, daß die Entführung
weiblicher Personen aus dem Hause und der Werk-
statt in das geschlossene mechanische Etablissement
hauptsächlich deshalb von großem und nachhal-
tigem Einfluß auf die Umgestaltung der mensch-
lichen Gesellschaft sei, weil sie "das weibliche Wesen
emanzipiere". "Das Weib wird des rechnenden
Denkens mächtig, es wird aufgeklärt, herzenskalt,
bewußt." Jch weiß nicht, ob die Frau "herzens-
kälter" wird, wenn sie und ihre Kinder sich satt
essen können, als wenn sie zu Hause hungern
müssen, aber daß sie vor allem aus dem Grunde,
um mit den Kindern nicht darben zu müssen, die
doppelte Last des Berufes und der Ehe auf sich
nimmt, davon bin ich überzeugt.

Zwei ausgezeichnete volkswirtschaftliche Stu-
dien "Ueber Fabrikarbeit verheirateter Frauen"
von Dr. Rose Otto1) und "Das Leben der jungen
Fabrikmädchen in München" von Dr. Rosa
Kempf2) beweisen das, was der gesunde Menschen-
verstand und das eigene Beobachtungsvermögen
jedem objektiv Denkenden bereits vorher sagen
mußten, in unwiderlegbarer, wissenschaftlicher
Weise, daß die Ursache, die fast überall die Frau
zur Fabrikarbeit zwingt, die Not ist.

Nach einer Tabelle, die Dr. Rose Otto veröffent-

1) Stuttgart 1910.
2) Leipzig 1911.

dieses Thema vor anderthalb Jahrzehnten unver-
holen zum Ausdruck brachte, daß die Entführung
weiblicher Personen aus dem Hause und der Werk-
statt in das geschlossene mechanische Etablissement
hauptsächlich deshalb von großem und nachhal-
tigem Einfluß auf die Umgestaltung der mensch-
lichen Gesellschaft sei, weil sie „das weibliche Wesen
emanzipiere“. „Das Weib wird des rechnenden
Denkens mächtig, es wird aufgeklärt, herzenskalt,
bewußt.“ Jch weiß nicht, ob die Frau „herzens-
kälter“ wird, wenn sie und ihre Kinder sich satt
essen können, als wenn sie zu Hause hungern
müssen, aber daß sie vor allem aus dem Grunde,
um mit den Kindern nicht darben zu müssen, die
doppelte Last des Berufes und der Ehe auf sich
nimmt, davon bin ich überzeugt.

Zwei ausgezeichnete volkswirtschaftliche Stu-
dien „Ueber Fabrikarbeit verheirateter Frauen“
von Dr. Rose Otto1) und „Das Leben der jungen
Fabrikmädchen in München“ von Dr. Rosa
Kempf2) beweisen das, was der gesunde Menschen-
verstand und das eigene Beobachtungsvermögen
jedem objektiv Denkenden bereits vorher sagen
mußten, in unwiderlegbarer, wissenschaftlicher
Weise, daß die Ursache, die fast überall die Frau
zur Fabrikarbeit zwingt, die Not ist.

Nach einer Tabelle, die Dr. Rose Otto veröffent-

1) Stuttgart 1910.
2) Leipzig 1911.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0107" n="103"/>
dieses Thema vor anderthalb Jahrzehnten unver-<lb/>
holen zum Ausdruck brachte, daß die Entführung<lb/>
weiblicher Personen aus dem Hause und der Werk-<lb/>
statt in das geschlossene mechanische Etablissement<lb/>
hauptsächlich deshalb von großem und nachhal-<lb/>
tigem Einfluß auf die Umgestaltung der mensch-<lb/>
lichen Gesellschaft sei, weil sie &#x201E;das weibliche Wesen<lb/>
emanzipiere&#x201C;. &#x201E;Das Weib wird des rechnenden<lb/>
Denkens mächtig, es wird aufgeklärt, herzenskalt,<lb/>
bewußt.&#x201C; Jch weiß nicht, ob die Frau &#x201E;herzens-<lb/>
kälter&#x201C; wird, wenn sie und ihre Kinder sich satt<lb/>
essen können, als wenn sie zu Hause hungern<lb/>
müssen, aber daß sie vor allem aus dem Grunde,<lb/>
um mit den Kindern nicht darben zu müssen, die<lb/>
doppelte Last des Berufes und der Ehe auf sich<lb/>
nimmt, davon bin ich überzeugt.</p><lb/>
            <p>Zwei ausgezeichnete volkswirtschaftliche Stu-<lb/>
dien &#x201E;Ueber Fabrikarbeit verheirateter Frauen&#x201C;<lb/>
von Dr. Rose Otto<note place="foot" n="1)">Stuttgart 1910.</note> und &#x201E;Das Leben der jungen<lb/>
Fabrikmädchen in München&#x201C; von Dr. Rosa<lb/>
Kempf<note place="foot" n="2)">Leipzig 1911.</note> beweisen das, was der gesunde Menschen-<lb/>
verstand und das eigene Beobachtungsvermögen<lb/>
jedem objektiv Denkenden bereits vorher sagen<lb/>
mußten, in unwiderlegbarer, wissenschaftlicher<lb/>
Weise, daß die Ursache, die fast überall die Frau<lb/>
zur Fabrikarbeit zwingt, die Not ist.</p><lb/>
            <p>Nach einer Tabelle, die Dr. Rose Otto veröffent-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0107] dieses Thema vor anderthalb Jahrzehnten unver- holen zum Ausdruck brachte, daß die Entführung weiblicher Personen aus dem Hause und der Werk- statt in das geschlossene mechanische Etablissement hauptsächlich deshalb von großem und nachhal- tigem Einfluß auf die Umgestaltung der mensch- lichen Gesellschaft sei, weil sie „das weibliche Wesen emanzipiere“. „Das Weib wird des rechnenden Denkens mächtig, es wird aufgeklärt, herzenskalt, bewußt.“ Jch weiß nicht, ob die Frau „herzens- kälter“ wird, wenn sie und ihre Kinder sich satt essen können, als wenn sie zu Hause hungern müssen, aber daß sie vor allem aus dem Grunde, um mit den Kindern nicht darben zu müssen, die doppelte Last des Berufes und der Ehe auf sich nimmt, davon bin ich überzeugt. Zwei ausgezeichnete volkswirtschaftliche Stu- dien „Ueber Fabrikarbeit verheirateter Frauen“ von Dr. Rose Otto 1) und „Das Leben der jungen Fabrikmädchen in München“ von Dr. Rosa Kempf 2) beweisen das, was der gesunde Menschen- verstand und das eigene Beobachtungsvermögen jedem objektiv Denkenden bereits vorher sagen mußten, in unwiderlegbarer, wissenschaftlicher Weise, daß die Ursache, die fast überall die Frau zur Fabrikarbeit zwingt, die Not ist. Nach einer Tabelle, die Dr. Rose Otto veröffent- 1) Stuttgart 1910. 2) Leipzig 1911.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/107
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/107>, abgerufen am 23.11.2024.