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Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.

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und Satyrische Gedichte.
Nun meine Sorgfalt kan nicht deinen Zorn verdienen/
Du liessest mich ja sonst darum bekümmert seyn.
Ich fragte: Will es noch in guten Wohlseyn grünen?
Blöst Zephirs Lieblichkeit auch kühle Lufft hinein?
Wie schlägt der Pulß auch noch? Wie schreiben sich die Zeiten?
Bleicht irgends Purpur roht die Rosen im Gesicht?
Wie thut es dir auch weh im Tantzen und im Schreiten?
Und was die Liebe mehr von dieser Sache spricht.
Nun konte dieser Schertz dir eine Lust erwecken?
So höre meinen Raht der auf dein bestes denckt.
Das Paradiß ist schön wo keine Schlangen hecken/
Und dessen enge Thür den schwersten Zutritt schenckt.
Allein mir scheint bereits/ wie Leipzig zu den Garten/
Vielleicht was höhers auch den Schlüssel finden kan.
Was muste meine Hand denn deine Rose warten?
Und warum schaut' ich sie nur ungebrochen an?
Dein Haven war zuvor mit Ketten zugeschlossen/
Die Zucht und Ehrbarkeit in ihrer Schmiede macht.
Doch diese hat der Feind mit weichen Qvarck zerschossen/
Weil Geilheit auff der Hut zu deiner Schande wacht.
Ein jeder weiß zwar nicht dein Ufer zu erreichen/
Wo güldne Flaggen wehn/ da geht es glücklich fort;
Denn Tugend muß anitzt die schlaffen Seegel streichen/
Die Silber-Flotte kömt allein an deinen Port.
Mein Ancker kan sich nicht zu deinen Grund gesellen/
Weil ihn vor pures Gold ein schlechter Stahl beschwert:
Du bist Cleopatra/ die statt den keuschen Wellen/
Nur auff das Wollust-Meer in güldnen Schiffe fährt.
Doch heisset die Vernunfft dich nicht den Ausgang scheuen/
Da dir die Natern schon den schönen Leib ümringt?
Die in den Busen-Milch und Gifft in Brunnen speyen/
Davon der Keuschheit-Schloß in tausend Stücken springt?
Nein/ nein/ du hörest nichts von reinen Turtel-Tauben/
Ein lustger Sperling kömt dir angenehmer vor.
Wer treu und redlich liebt verliehrt bey dir den Glauben/
Nur der Sirenen Klang hat ein geneigtes Ohr.
Ich
und Satyriſche Gedichte.
Nun meine Sorgfalt kan nicht deinen Zorn verdienen/
Du lieſſeſt mich ja ſonſt darum bekuͤmmert ſeyn.
Ich fragte: Will es noch in guten Wohlſeyn gruͤnen?
Bloͤſt Zephirs Lieblichkeit auch kuͤhle Lufft hinein?
Wie ſchlaͤgt der Pulß auch noch? Wie ſchreiben ſich die Zeiten?
Bleicht irgends Purpur roht die Roſen im Geſicht?
Wie thut es dir auch weh im Tantzen und im Schreiten?
Und was die Liebe mehr von dieſer Sache ſpricht.
Nun konte dieſer Schertz dir eine Luſt erwecken?
So hoͤre meinen Raht der auf dein beſtes denckt.
Das Paradiß iſt ſchoͤn wo keine Schlangen hecken/
Und deſſen enge Thuͤr den ſchwerſten Zutritt ſchenckt.
Allein mir ſcheint bereits/ wie Leipzig zu den Garten/
Vielleicht was hoͤhers auch den Schluͤſſel finden kan.
Was muſte meine Hand denn deine Roſe warten?
Und warum ſchaut' ich ſie nur ungebrochen an?
Dein Haven war zuvor mit Ketten zugeſchloſſen/
Die Zucht und Ehrbarkeit in ihrer Schmiede macht.
Doch dieſe hat der Feind mit weichen Qvarck zerſchoſſen/
Weil Geilheit auff der Hut zu deiner Schande wacht.
Ein jeder weiß zwar nicht dein Ufer zu erreichen/
Wo guͤldne Flaggen wehn/ da geht es gluͤcklich fort;
Denn Tugend muß anitzt die ſchlaffen Seegel ſtreichen/
Die Silber-Flotte koͤmt allein an deinen Poꝛt.
Mein Ancker kan ſich nicht zu deinen Grund geſellen/
Weil ihn vor pures Gold ein ſchlechter Stahl beſchwert:
Du biſt Cleopatra/ die ſtatt den keuſchen Wellen/
Nur auff das Wolluſt-Meer in guͤldnen Schiffe faͤhrt.
Doch heiſſet die Vernunfft dich nicht den Ausgang ſcheuen/
Da dir die Natern ſchon den ſchoͤnen Leib uͤmringt?
Die in den Buſen-Milch und Gifft in Brunnen ſpeyen/
Davon der Keuſchheit-Schloß in tauſend Stuͤcken ſpringt?
Nein/ nein/ du hoͤreſt nichts von reinen Turtel-Tauben/
Ein luſtger Sperling koͤmt dir angenehmer vor.
Wer treu und redlich liebt verliehrt bey dir den Glauben/
Nur der Sirenen Klang hat ein geneigtes Ohr.
Ich
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[95/0105] und Satyriſche Gedichte. Nun meine Sorgfalt kan nicht deinen Zorn verdienen/ Du lieſſeſt mich ja ſonſt darum bekuͤmmert ſeyn. Ich fragte: Will es noch in guten Wohlſeyn gruͤnen? Bloͤſt Zephirs Lieblichkeit auch kuͤhle Lufft hinein? Wie ſchlaͤgt der Pulß auch noch? Wie ſchreiben ſich die Zeiten? Bleicht irgends Purpur roht die Roſen im Geſicht? Wie thut es dir auch weh im Tantzen und im Schreiten? Und was die Liebe mehr von dieſer Sache ſpricht. Nun konte dieſer Schertz dir eine Luſt erwecken? So hoͤre meinen Raht der auf dein beſtes denckt. Das Paradiß iſt ſchoͤn wo keine Schlangen hecken/ Und deſſen enge Thuͤr den ſchwerſten Zutritt ſchenckt. Allein mir ſcheint bereits/ wie Leipzig zu den Garten/ Vielleicht was hoͤhers auch den Schluͤſſel finden kan. Was muſte meine Hand denn deine Roſe warten? Und warum ſchaut' ich ſie nur ungebrochen an? Dein Haven war zuvor mit Ketten zugeſchloſſen/ Die Zucht und Ehrbarkeit in ihrer Schmiede macht. Doch dieſe hat der Feind mit weichen Qvarck zerſchoſſen/ Weil Geilheit auff der Hut zu deiner Schande wacht. Ein jeder weiß zwar nicht dein Ufer zu erreichen/ Wo guͤldne Flaggen wehn/ da geht es gluͤcklich fort; Denn Tugend muß anitzt die ſchlaffen Seegel ſtreichen/ Die Silber-Flotte koͤmt allein an deinen Poꝛt. Mein Ancker kan ſich nicht zu deinen Grund geſellen/ Weil ihn vor pures Gold ein ſchlechter Stahl beſchwert: Du biſt Cleopatra/ die ſtatt den keuſchen Wellen/ Nur auff das Wolluſt-Meer in guͤldnen Schiffe faͤhrt. Doch heiſſet die Vernunfft dich nicht den Ausgang ſcheuen/ Da dir die Natern ſchon den ſchoͤnen Leib uͤmringt? Die in den Buſen-Milch und Gifft in Brunnen ſpeyen/ Davon der Keuſchheit-Schloß in tauſend Stuͤcken ſpringt? Nein/ nein/ du hoͤreſt nichts von reinen Turtel-Tauben/ Ein luſtger Sperling koͤmt dir angenehmer vor. Wer treu und redlich liebt verliehrt bey dir den Glauben/ Nur der Sirenen Klang hat ein geneigtes Ohr. Ich

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Zitationshilfe: Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702/105>, abgerufen am 29.03.2024.