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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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Fast alle Verlagsbuchhändler sind wohlhabend, und
die meisten unter diesen Wohlhabenden sind reich.
Findet sich wirklich hin und wieder ein armer Teu-
fel, so ist er entweder junger Anfänger, oder er
ward durch außerordentliche Unglücksfälle, durch
unüberlegte und zu große Unternehmungen, oder
vielleicht durch Einfalt, Unkenntniß seines Fachs
und üble Wirthschaft zu Grunde gerichtet. Die
meisten Schriftsteller hingegen, durch deren Werke
jene Buchhändler ihre Reichthümer erwarben, sind
arm oder doch ohne bedeutendes Vermögen, wo-
ferne sie es nicht auf andere Weise erlangten. Man
kann nicht behaupten, dies sey Mangel an Wirth-
schaftlichkeit der Schriftsteller; denn jene Buchhänd-
ler waren, wo es die Freude des Lebens galt,
nichts weniger als filzig, und lebten immer comme
il faut,
und oft auf sehr glänzendem Fuß. Was
waren es aber für Werke, durch deren Verlag sich
die meisten unserer Buchhändler in sehr kurzer Zeit
zu ungeheurem Reichthum erhoben, obgleich die
Verfasser bei der größten Eingezogenheit darben
mußten? Es waren fast immer gerade solche Schrif-
ten, die nachgedruckt wurden, und von denen,
die Herren Urverleger trotz der Nachdrücke, rasch
hinter einander neue Originalauflagen veranstaltet,
die sie eben so rasch mit dem größten Vortheil ab-
setzten, ohne daß der Schriftsteller oder seine nach-
gelassene, oft in Dürftigkeit schmachtende Familie

Faſt alle Verlagsbuchhaͤndler ſind wohlhabend, und
die meiſten unter dieſen Wohlhabenden ſind reich.
Findet ſich wirklich hin und wieder ein armer Teu-
fel, ſo iſt er entweder junger Anfaͤnger, oder er
ward durch außerordentliche Ungluͤcksfaͤlle, durch
unuͤberlegte und zu große Unternehmungen, oder
vielleicht durch Einfalt, Unkenntniß ſeines Fachs
und uͤble Wirthſchaft zu Grunde gerichtet. Die
meiſten Schriftſteller hingegen, durch deren Werke
jene Buchhaͤndler ihre Reichthuͤmer erwarben, ſind
arm oder doch ohne bedeutendes Vermoͤgen, wo-
ferne ſie es nicht auf andere Weiſe erlangten. Man
kann nicht behaupten, dies ſey Mangel an Wirth-
ſchaftlichkeit der Schriftſteller; denn jene Buchhaͤnd-
ler waren, wo es die Freude des Lebens galt,
nichts weniger als filzig, und lebten immer comme
il faut,
und oft auf ſehr glaͤnzendem Fuß. Was
waren es aber fuͤr Werke, durch deren Verlag ſich
die meiſten unſerer Buchhaͤndler in ſehr kurzer Zeit
zu ungeheurem Reichthum erhoben, obgleich die
Verfaſſer bei der groͤßten Eingezogenheit darben
mußten? Es waren faſt immer gerade ſolche Schrif-
ten, die nachgedruckt wurden, und von denen,
die Herren Urverleger trotz der Nachdruͤcke, raſch
hinter einander neue Originalauflagen veranſtaltet,
die ſie eben ſo raſch mit dem groͤßten Vortheil ab-
ſetzten, ohne daß der Schriftſteller oder ſeine nach-
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[69/0069] Faſt alle Verlagsbuchhaͤndler ſind wohlhabend, und die meiſten unter dieſen Wohlhabenden ſind reich. Findet ſich wirklich hin und wieder ein armer Teu- fel, ſo iſt er entweder junger Anfaͤnger, oder er ward durch außerordentliche Ungluͤcksfaͤlle, durch unuͤberlegte und zu große Unternehmungen, oder vielleicht durch Einfalt, Unkenntniß ſeines Fachs und uͤble Wirthſchaft zu Grunde gerichtet. Die meiſten Schriftſteller hingegen, durch deren Werke jene Buchhaͤndler ihre Reichthuͤmer erwarben, ſind arm oder doch ohne bedeutendes Vermoͤgen, wo- ferne ſie es nicht auf andere Weiſe erlangten. Man kann nicht behaupten, dies ſey Mangel an Wirth- ſchaftlichkeit der Schriftſteller; denn jene Buchhaͤnd- ler waren, wo es die Freude des Lebens galt, nichts weniger als filzig, und lebten immer comme il faut, und oft auf ſehr glaͤnzendem Fuß. Was waren es aber fuͤr Werke, durch deren Verlag ſich die meiſten unſerer Buchhaͤndler in ſehr kurzer Zeit zu ungeheurem Reichthum erhoben, obgleich die Verfaſſer bei der groͤßten Eingezogenheit darben mußten? Es waren faſt immer gerade ſolche Schrif- ten, die nachgedruckt wurden, und von denen, die Herren Urverleger trotz der Nachdruͤcke, raſch hinter einander neue Originalauflagen veranſtaltet, die ſie eben ſo raſch mit dem groͤßten Vortheil ab- ſetzten, ohne daß der Schriftſteller oder ſeine nach- gelaſſene, oft in Duͤrftigkeit ſchmachtende Familie

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/69>, abgerufen am 07.05.2024.