Wenn man die Mediatisation als eine, im Ganzen sehr wohlthätige Maßregel betrachtet, so irrt man gar sehr, und vielleicht wissentlich aus Ge- fälligkeit gegen die Souveräne, denen die jetzigen Standesherren unterworfen sind. Sollte der Re- gent eines kleinen Ländchens, selbst bei mäßigen Fähigkeiten, wenn er nur von gutem Willen beseelt wird, nicht sein Volk unweit glücklicher machen können, als der geistvollste, menschenfreundlichste Beherrscher eines unermeßlichen Reichs seine vielen Millionen? Freilich hat Deutschland an seinen mehr als drei Dutzend Monarchen überflüßig zu tragen; allein durch die Verwandlung von einigen Hundert Landesherren in -- Standesherren ist es wenig erleichtert worden. Diese haben sich zum Theil ihre Verzichtleistung auf die Ehre, an der Weltregierung Theil nehmen zu dürfen, israelitisch theuer bezahlen lassen, indem sie eine Menge von Gütern und Einkünften als Privateigenthum zurück behielten, wovon in frühern Zeiten die öffentliche Ausgaben bestritten wurden. Natürlich mußten da her die Landesherren ihren, durch die Mediatisation erworbenen. Unterthanen zu dem Centner alter, noch einen Centner neuer Lasten hinzufügen, so daß sich jetzt in vielen standesherrlichen Gebieten die Klage vernehmen läßt, daß man doppelt und drei- fach mehr durch die neue, als früher durch die alte Ordnung oder Unordnung der Dinge zu leide
habe,
Wenn man die Mediatiſation als eine, im Ganzen ſehr wohlthaͤtige Maßregel betrachtet, ſo irrt man gar ſehr, und vielleicht wiſſentlich aus Ge- faͤlligkeit gegen die Souveraͤne, denen die jetzigen Standesherren unterworfen ſind. Sollte der Re- gent eines kleinen Laͤndchens, ſelbſt bei maͤßigen Faͤhigkeiten, wenn er nur von gutem Willen beſeelt wird, nicht ſein Volk unweit gluͤcklicher machen koͤnnen, als der geiſtvollſte, menſchenfreundlichſte Beherrſcher eines unermeßlichen Reichs ſeine vielen Millionen? Freilich hat Deutſchland an ſeinen mehr als drei Dutzend Monarchen uͤberfluͤßig zu tragen; allein durch die Verwandlung von einigen Hundert Landesherren in — Standesherren iſt es wenig erleichtert worden. Dieſe haben ſich zum Theil ihre Verzichtleiſtung auf die Ehre, an der Weltregierung Theil nehmen zu duͤrfen, iſraelitiſch theuer bezahlen laſſen, indem ſie eine Menge von Guͤtern und Einkuͤnften als Privateigenthum zuruͤck behielten, wovon in fruͤhern Zeiten die oͤffentliche Ausgaben beſtritten wurden. Natuͤrlich mußten da her die Landesherren ihren, durch die Mediatiſation erworbenen. Unterthanen zu dem Centner alter, noch einen Centner neuer Laſten hinzufuͤgen, ſo daß ſich jetzt in vielen ſtandesherrlichen Gebieten die Klage vernehmen laͤßt, daß man doppelt und drei- fach mehr durch die neue, als fruͤher durch die alte Ordnung oder Unordnung der Dinge zu leide
habe,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0360"n="360"/><p>Wenn man die Mediatiſation als eine, im<lb/>
Ganzen ſehr wohlthaͤtige Maßregel betrachtet, ſo<lb/>
irrt man gar ſehr, und vielleicht wiſſentlich aus Ge-<lb/>
faͤlligkeit gegen die Souveraͤne, denen die jetzigen<lb/>
Standesherren unterworfen ſind. Sollte der Re-<lb/>
gent eines kleinen Laͤndchens, ſelbſt bei maͤßigen<lb/>
Faͤhigkeiten, wenn er nur von gutem Willen beſeelt<lb/>
wird, nicht ſein Volk unweit gluͤcklicher machen<lb/>
koͤnnen, als der geiſtvollſte, menſchenfreundlichſte<lb/>
Beherrſcher eines unermeßlichen Reichs ſeine vielen<lb/>
Millionen? Freilich hat Deutſchland an ſeinen<lb/>
mehr als drei Dutzend Monarchen uͤberfluͤßig zu<lb/>
tragen; allein durch die Verwandlung von einigen<lb/>
Hundert Landesherren in — Standesherren iſt es<lb/>
wenig erleichtert worden. Dieſe haben <hirendition="#i">ſich</hi> zum<lb/>
Theil ihre Verzichtleiſtung auf die Ehre, an der<lb/>
Weltregierung Theil nehmen zu duͤrfen, iſraelitiſch<lb/>
theuer bezahlen laſſen, indem ſie eine Menge von<lb/>
Guͤtern und Einkuͤnften als Privateigenthum zuruͤck<lb/>
behielten, wovon in fruͤhern Zeiten die oͤffentliche<lb/>
Ausgaben beſtritten wurden. Natuͤrlich mußten da<lb/>
her die Landesherren ihren, durch die Mediatiſation<lb/>
erworbenen. Unterthanen zu dem Centner alter,<lb/>
noch einen Centner neuer Laſten hinzufuͤgen, ſo<lb/>
daß ſich jetzt in vielen ſtandesherrlichen Gebieten die<lb/>
Klage vernehmen laͤßt, daß man doppelt und drei-<lb/>
fach mehr durch die neue, als fruͤher durch die alte<lb/>
Ordnung oder Unordnung der Dinge zu leide<lb/><fwplace="bottom"type="catch">habe,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[360/0360]
Wenn man die Mediatiſation als eine, im
Ganzen ſehr wohlthaͤtige Maßregel betrachtet, ſo
irrt man gar ſehr, und vielleicht wiſſentlich aus Ge-
faͤlligkeit gegen die Souveraͤne, denen die jetzigen
Standesherren unterworfen ſind. Sollte der Re-
gent eines kleinen Laͤndchens, ſelbſt bei maͤßigen
Faͤhigkeiten, wenn er nur von gutem Willen beſeelt
wird, nicht ſein Volk unweit gluͤcklicher machen
koͤnnen, als der geiſtvollſte, menſchenfreundlichſte
Beherrſcher eines unermeßlichen Reichs ſeine vielen
Millionen? Freilich hat Deutſchland an ſeinen
mehr als drei Dutzend Monarchen uͤberfluͤßig zu
tragen; allein durch die Verwandlung von einigen
Hundert Landesherren in — Standesherren iſt es
wenig erleichtert worden. Dieſe haben ſich zum
Theil ihre Verzichtleiſtung auf die Ehre, an der
Weltregierung Theil nehmen zu duͤrfen, iſraelitiſch
theuer bezahlen laſſen, indem ſie eine Menge von
Guͤtern und Einkuͤnften als Privateigenthum zuruͤck
behielten, wovon in fruͤhern Zeiten die oͤffentliche
Ausgaben beſtritten wurden. Natuͤrlich mußten da
her die Landesherren ihren, durch die Mediatiſation
erworbenen. Unterthanen zu dem Centner alter,
noch einen Centner neuer Laſten hinzufuͤgen, ſo
daß ſich jetzt in vielen ſtandesherrlichen Gebieten die
Klage vernehmen laͤßt, daß man doppelt und drei-
fach mehr durch die neue, als fruͤher durch die alte
Ordnung oder Unordnung der Dinge zu leide
habe,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/360>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.