die Er gelehrt hat, jemals herrschend werden zu sollen.
Fast noch früher, oder doch in weit stärkerem Grade als die Weltgeistlichen beeiferten sich die Mönche, die arme bethörte Christenheit in Angst, in Elend und Verwirrung zu bringen, Alles mit ägyptischer Nacht zu bedecken, und der Geistlichkeit zinsbar zu machen. Zu diesem Zweck ward jene Menge kirchlicher Fratzen und lächerlicher Dogmen ausgeheckt, von denen weder der Heiland, noch seine Apostel je etwas geahnet hatten. Die orien- talische Bildersprache, in welcher die Bibel, beson- ders das alte Testament, und selbst manche Stel- len des neuen abgefaßt waren, leistete hier den grübelnden Mönchen und Kirchenvätern einen herr- lichen Vorschub. Wer die Kirchengeschichte kennt, muß zugestehen, daß selbst jüdische Talmudisten, Rabbiner und Schriftgelehrten keine so tolle und thörichte Spitzfindigkeiten zu Gegenständen ihrer theologischen Forschungen machten, als die christli- chen Talmudisten (Kirchenväter), Rabbiner und Mönche. Die alberne Frage: ob der liebe Gott, dessen Leib und Blut wir mit, in und unter dem Brod und Wein genießen, per posteriora wie- der von uns gehe *), oder ob er ausgeschwitzt
*) Die, welche dies -- vielleicht nicht ohne Grund -- bejaheten, wurden von ihren Gegnern Sterco- raner genannt.
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die Er gelehrt hat, jemals herrſchend werden zu ſollen.
Faſt noch fruͤher, oder doch in weit ſtaͤrkerem Grade als die Weltgeiſtlichen beeiferten ſich die Moͤnche, die arme bethoͤrte Chriſtenheit in Angſt, in Elend und Verwirrung zu bringen, Alles mit aͤgyptiſcher Nacht zu bedecken, und der Geiſtlichkeit zinsbar zu machen. Zu dieſem Zweck ward jene Menge kirchlicher Fratzen und laͤcherlicher Dogmen ausgeheckt, von denen weder der Heiland, noch ſeine Apoſtel je etwas geahnet hatten. Die orien- taliſche Bilderſprache, in welcher die Bibel, beſon- ders das alte Teſtament, und ſelbſt manche Stel- len des neuen abgefaßt waren, leiſtete hier den gruͤbelnden Moͤnchen und Kirchenvaͤtern einen herr- lichen Vorſchub. Wer die Kirchengeſchichte kennt, muß zugeſtehen, daß ſelbſt juͤdiſche Talmudiſten, Rabbiner und Schriftgelehrten keine ſo tolle und thoͤrichte Spitzfindigkeiten zu Gegenſtaͤnden ihrer theologiſchen Forſchungen machten, als die chriſtli- chen Talmudiſten (Kirchenvaͤter), Rabbiner und Moͤnche. Die alberne Frage: ob der liebe Gott, deſſen Leib und Blut wir mit, in und unter dem Brod und Wein genießen, per posteriora wie- der von uns gehe *), oder ob er ausgeſchwitzt
*) Die, welche dies — vielleicht nicht ohne Grund — bejaheten, wurden von ihren Gegnern Sterco- raner genannt.
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die Er gelehrt hat, jemals herrſchend werden zu
ſollen.
Faſt noch fruͤher, oder doch in weit ſtaͤrkerem
Grade als die Weltgeiſtlichen beeiferten ſich die
Moͤnche, die arme bethoͤrte Chriſtenheit in Angſt,
in Elend und Verwirrung zu bringen, Alles mit
aͤgyptiſcher Nacht zu bedecken, und der Geiſtlichkeit
zinsbar zu machen. Zu dieſem Zweck ward jene
Menge kirchlicher Fratzen und laͤcherlicher Dogmen
ausgeheckt, von denen weder der Heiland, noch
ſeine Apoſtel je etwas geahnet hatten. Die orien-
taliſche Bilderſprache, in welcher die Bibel, beſon-
ders das alte Teſtament, und ſelbſt manche Stel-
len des neuen abgefaßt waren, leiſtete hier den
gruͤbelnden Moͤnchen und Kirchenvaͤtern einen herr-
lichen Vorſchub. Wer die Kirchengeſchichte kennt,
muß zugeſtehen, daß ſelbſt juͤdiſche Talmudiſten,
Rabbiner und Schriftgelehrten keine ſo tolle und
thoͤrichte Spitzfindigkeiten zu Gegenſtaͤnden ihrer
theologiſchen Forſchungen machten, als die chriſtli-
chen Talmudiſten (Kirchenvaͤter), Rabbiner und
Moͤnche. Die alberne Frage: ob der liebe Gott,
deſſen Leib und Blut wir mit, in und unter
dem Brod und Wein genießen, per posteriora wie-
der von uns gehe *), oder ob er ausgeſchwitzt
*) Die, welche dies — vielleicht nicht ohne Grund —
bejaheten, wurden von ihren Gegnern Sterco-
raner genannt.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/307>, abgerufen am 17.07.2024.
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