kens. Auch noch jetzt sind bekanntlich diese Män- ner Gottes allenthalben, wo es etwas zu erben oder auch nur zu -- fressen giebt, mit ihren trostvol- len Sprüchen, ihren herzstärkenden Gebeten, ihrem ranzigten Oehl, ihrem kohnichten Wein, ihren schmutzigen Hostien, und allen den Betteleien und Possen gleich bei der Hand, um ja im Testament nicht vergessen zu werden. Laßt aber einen Armen nach ihrem Zuspruch, oder vielleicht nach ihrem Rath in irdischen Angelegenheiten sich sehnen; wie werden sie dann seufzen und stöhnen über die Weite des Weges, über die Kälte oder die Hitze, über die Gefahren der Ansteckung! Wie hart werden sie Wittwe und Waisen, die oft mehr, als der Sterbende selbst ihres Raths und ihres Trostes be- dürfen, anfahren, wenn man ihnen ihre Gebühr nicht bei Heller und Pfennig zu zahlen vermag, oder es auch nur an einer Aufmerksamkeit fehlen läßt, die sie glauben, fordern zu dürfen.
Das größte Unheil, welches die Menschheit besonders dem Mönchthum verdankte, war unstrei- tig die fast gänzliche Vertilgung der reinen, erha- benen Lehre des Heilandes, an deren Stelle man unter dem Namen des Christenthums einen schänd- lichen Götzendienst einführte, der, wo möglich, noch weit unvernünftiger war und ist, als irgend ein anderer. Doch -- so wenig Christus selbst ein ir- discher Herrscher war, so wenig scheint die Religion,
kens. Auch noch jetzt ſind bekanntlich dieſe Maͤn- ner Gottes allenthalben, wo es etwas zu erben oder auch nur zu — freſſen giebt, mit ihren troſtvol- len Spruͤchen, ihren herzſtaͤrkenden Gebeten, ihrem ranzigten Oehl, ihrem kohnichten Wein, ihren ſchmutzigen Hoſtien, und allen den Betteleien und Poſſen gleich bei der Hand, um ja im Teſtament nicht vergeſſen zu werden. Laßt aber einen Armen nach ihrem Zuſpruch, oder vielleicht nach ihrem Rath in irdiſchen Angelegenheiten ſich ſehnen; wie werden ſie dann ſeufzen und ſtoͤhnen uͤber die Weite des Weges, uͤber die Kaͤlte oder die Hitze, uͤber die Gefahren der Anſteckung! Wie hart werden ſie Wittwe und Waiſen, die oft mehr, als der Sterbende ſelbſt ihres Raths und ihres Troſtes be- duͤrfen, anfahren, wenn man ihnen ihre Gebuͤhr nicht bei Heller und Pfennig zu zahlen vermag, oder es auch nur an einer Aufmerkſamkeit fehlen laͤßt, die ſie glauben, fordern zu duͤrfen.
Das groͤßte Unheil, welches die Menſchheit beſonders dem Moͤnchthum verdankte, war unſtrei- tig die faſt gaͤnzliche Vertilgung der reinen, erha- benen Lehre des Heilandes, an deren Stelle man unter dem Namen des Chriſtenthums einen ſchaͤnd- lichen Goͤtzendienſt einfuͤhrte, der, wo moͤglich, noch weit unvernuͤnftiger war und iſt, als irgend ein anderer. Doch — ſo wenig Chriſtus ſelbſt ein ir- diſcher Herrſcher war, ſo wenig ſcheint die Religion,
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kens. Auch noch jetzt ſind bekanntlich dieſe Maͤn-
ner Gottes allenthalben, wo es etwas zu erben
oder auch nur zu — freſſen giebt, mit ihren troſtvol-
len Spruͤchen, ihren herzſtaͤrkenden Gebeten, ihrem
ranzigten Oehl, ihrem kohnichten Wein, ihren
ſchmutzigen Hoſtien, und allen den Betteleien und
Poſſen gleich bei der Hand, um ja im Teſtament
nicht vergeſſen zu werden. Laßt aber einen Armen
nach ihrem Zuſpruch, oder vielleicht nach ihrem
Rath in irdiſchen Angelegenheiten ſich ſehnen; wie
werden ſie dann ſeufzen und ſtoͤhnen uͤber die Weite
des Weges, uͤber die Kaͤlte oder die Hitze, uͤber
die Gefahren der Anſteckung! Wie hart werden
ſie Wittwe und Waiſen, die oft mehr, als der
Sterbende ſelbſt ihres Raths und ihres Troſtes be-
duͤrfen, anfahren, wenn man ihnen ihre Gebuͤhr
nicht bei Heller und Pfennig zu zahlen vermag,
oder es auch nur an einer Aufmerkſamkeit fehlen
laͤßt, die ſie glauben, fordern zu duͤrfen.
Das groͤßte Unheil, welches die Menſchheit
beſonders dem Moͤnchthum verdankte, war unſtrei-
tig die faſt gaͤnzliche Vertilgung der reinen, erha-
benen Lehre des Heilandes, an deren Stelle man
unter dem Namen des Chriſtenthums einen ſchaͤnd-
lichen Goͤtzendienſt einfuͤhrte, der, wo moͤglich, noch
weit unvernuͤnftiger war und iſt, als irgend ein
anderer. Doch — ſo wenig Chriſtus ſelbſt ein ir-
diſcher Herrſcher war, ſo wenig ſcheint die Religion,
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/306>, abgerufen am 22.11.2024.
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