man nicht allein, dann blendet man auch. Wer nur den Pfiff versteht, wer nur Meister in der Kunst ist, alle sittlichen und Rechtsgrundsätze gehö- rig zu verwirren, der kann den Teufel zum Heili- gen und unsern Herrgott zum Beelzebub machen.
Doch, lassen Sie uns noch einige Augenblicke bei dem Garten und den Schlüsseln verweilen. Ge- setzt also, ein Garteneigenthümer verkauft mir einen Schlüssel zu seinem Garten, um mich darin zu belustigen und zu belehren; mit welchem Rechte kann er mir dann verbieten, mir einen leeren, gleich großen Platz zu kaufen, dieselben Anlagen darauf zu machen, dieselben Gewächse dort in gleichen Li- nien zu pflanzen, ebenfalls Schlüssel dazu zu ma- chen, und diese, so wie er die seinigen, aber zu wohlfeilerm Preise zu verkaufen? Wie kann er mir dies wehren? Jch lasse ihm ja seinen Garten; ich lasse ihm alle seine Anlagen und Gewächse darin. Die Lusthäuser in dem meinigen habe ich aus mei- nem Holze gebauet, die Pflanzen aus dem von mir erkauften Saamen gezogen. Jch stehle ihm nichts. Daß ich meine Schlüssel zu wohlfeilerm Preise ver- kaufe, als er die seinigen, ist nicht meine, es ist seine Schuld; er könnte seine Schlüssel ja eben so wohlfeil verkaufen; allein das will er nicht, um einen hebräischen Gewinn zu ziehen. Auch dem fein- sinnigen Kunstgärtner, der seinen Garten anlegte, entziehe ich gar nichts von der Ehre der ersten Er-
man nicht allein, dann blendet man auch. Wer nur den Pfiff verſteht, wer nur Meiſter in der Kunſt iſt, alle ſittlichen und Rechtsgrundſaͤtze gehoͤ- rig zu verwirren, der kann den Teufel zum Heili- gen und unſern Herrgott zum Beelzebub machen.
Doch, laſſen Sie uns noch einige Augenblicke bei dem Garten und den Schluͤſſeln verweilen. Ge- ſetzt alſo, ein Garteneigenthuͤmer verkauft mir einen Schluͤſſel zu ſeinem Garten, um mich darin zu beluſtigen und zu belehren; mit welchem Rechte kann er mir dann verbieten, mir einen leeren, gleich großen Platz zu kaufen, dieſelben Anlagen darauf zu machen, dieſelben Gewaͤchſe dort in gleichen Li- nien zu pflanzen, ebenfalls Schluͤſſel dazu zu ma- chen, und dieſe, ſo wie er die ſeinigen, aber zu wohlfeilerm Preiſe zu verkaufen? Wie kann er mir dies wehren? Jch laſſe ihm ja ſeinen Garten; ich laſſe ihm alle ſeine Anlagen und Gewaͤchſe darin. Die Luſthaͤuſer in dem meinigen habe ich aus mei- nem Holze gebauet, die Pflanzen aus dem von mir erkauften Saamen gezogen. Jch ſtehle ihm nichts. Daß ich meine Schluͤſſel zu wohlfeilerm Preiſe ver- kaufe, als er die ſeinigen, iſt nicht meine, es iſt ſeine Schuld; er koͤnnte ſeine Schluͤſſel ja eben ſo wohlfeil verkaufen; allein das will er nicht, um einen hebraͤiſchen Gewinn zu ziehen. Auch dem fein- ſinnigen Kunſtgaͤrtner, der ſeinen Garten anlegte, entziehe ich gar nichts von der Ehre der erſten Er-
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man nicht allein, dann blendet man auch. Wer
nur den Pfiff verſteht, wer nur Meiſter in der
Kunſt iſt, alle ſittlichen und Rechtsgrundſaͤtze gehoͤ-
rig zu verwirren, der kann den Teufel zum Heili-
gen und unſern Herrgott zum Beelzebub machen.
Doch, laſſen Sie uns noch einige Augenblicke
bei dem Garten und den Schluͤſſeln verweilen. Ge-
ſetzt alſo, ein Garteneigenthuͤmer verkauft mir einen
Schluͤſſel zu ſeinem Garten, um mich darin zu
beluſtigen und zu belehren; mit welchem Rechte
kann er mir dann verbieten, mir einen leeren, gleich
großen Platz zu kaufen, dieſelben Anlagen darauf
zu machen, dieſelben Gewaͤchſe dort in gleichen Li-
nien zu pflanzen, ebenfalls Schluͤſſel dazu zu ma-
chen, und dieſe, ſo wie er die ſeinigen, aber zu
wohlfeilerm Preiſe zu verkaufen? Wie kann er mir
dies wehren? Jch laſſe ihm ja ſeinen Garten; ich
laſſe ihm alle ſeine Anlagen und Gewaͤchſe darin.
Die Luſthaͤuſer in dem meinigen habe ich aus mei-
nem Holze gebauet, die Pflanzen aus dem von mir
erkauften Saamen gezogen. Jch ſtehle ihm nichts.
Daß ich meine Schluͤſſel zu wohlfeilerm Preiſe ver-
kaufe, als er die ſeinigen, iſt nicht meine, es iſt
ſeine Schuld; er koͤnnte ſeine Schluͤſſel ja eben ſo
wohlfeil verkaufen; allein das will er nicht, um
einen hebraͤiſchen Gewinn zu ziehen. Auch dem fein-
ſinnigen Kunſtgaͤrtner, der ſeinen Garten anlegte,
entziehe ich gar nichts von der Ehre der erſten Er-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/28>, abgerufen am 27.11.2024.
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