Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

von einer solchen sklavischen Unterwürfigkeit unter
den Willen der Obern gerade das Gegentheil. Da-
vid, Jerobeam, Jehu und die Makkabäer lehnten
sich mit gewaffneter Hand gegen diejenigen auf,
welche nach der gegenwärtigen heiligen Legiti-
mitätslehre ihre rechtmäßigen Oberherren waren.
Jm alten Testamente finden die legitimen Des-
poten also wenig Trost für ihre Willkühr, und
eben so wenig im neuen, am allerwenigsten aber
in den Lehren unsers göttlichen Erlösers. Was soll
da wohl am Ende aus dem heiligen despotischen
Prinzip werden, welches an der Vernunft, am Gei-
ste der Zeit und der Stimme aller Völker die hef-
tigsten Widersacher hat, und selbst in der Bibel
nicht einmal eine zuverläßige Stütze suchen kann? *)

*) Nach der Schlacht von Malplaquet sahe sich Lud-
wig XIV. genöthigt, die großen Grundbesitzer gleich-
falls mit einer sehr drückenden Abgabe zu belegen,
welche er schon früher, ohne sich das mindeste Ge-
wissen daraus zu machen, von dem ärmern Theil
der Nation, dem Bürger- und Bauernstande erho-
ben hatte. Jetzt aber befragte er zuvor seinen
Beichtvater le Tellier und die Sorbonne: ob er
ein Recht habe, auch die großen Gutsbesitzer mit je-
ner Abgabe zu belegen? Sie antworteten ihm: die Gü-
ter seiner Unterthanen gehörten ihm; und er nähme
nur, was sein wäre. Marmontel a. a. O. Tome I.
p.
148.
Der Grundsatz: daß Gut, Blut und Leben der Un-

von einer ſolchen ſklaviſchen Unterwuͤrfigkeit unter
den Willen der Obern gerade das Gegentheil. Da-
vid, Jerobeam, Jehu und die Makkabaͤer lehnten
ſich mit gewaffneter Hand gegen diejenigen auf,
welche nach der gegenwaͤrtigen heiligen Legiti-
mitaͤtslehre ihre rechtmaͤßigen Oberherren waren.
Jm alten Teſtamente finden die legitimen Des-
poten alſo wenig Troſt fuͤr ihre Willkuͤhr, und
eben ſo wenig im neuen, am allerwenigſten aber
in den Lehren unſers goͤttlichen Erloͤſers. Was ſoll
da wohl am Ende aus dem heiligen despotiſchen
Prinzip werden, welches an der Vernunft, am Gei-
ſte der Zeit und der Stimme aller Voͤlker die hef-
tigſten Widerſacher hat, und ſelbſt in der Bibel
nicht einmal eine zuverlaͤßige Stuͤtze ſuchen kann? *)

*) Nach der Schlacht von Malplaquet ſahe ſich Lud-
wig XIV. genoͤthigt, die großen Grundbeſitzer gleich-
falls mit einer ſehr druͤckenden Abgabe zu belegen,
welche er ſchon fruͤher, ohne ſich das mindeſte Ge-
wiſſen daraus zu machen, von dem aͤrmern Theil
der Nation, dem Buͤrger- und Bauernſtande erho-
ben hatte. Jetzt aber befragte er zuvor ſeinen
Beichtvater le Tellier und die Sorbonne: ob er
ein Recht habe, auch die großen Gutsbeſitzer mit je-
ner Abgabe zu belegen? Sie antworteten ihm: die Guͤ-
ter ſeiner Unterthanen gehoͤrten ihm; und er naͤhme
nur, was ſein waͤre. Marmontel a. a. O. Tome I.
p.
148.
Der Grundſatz: daß Gut, Blut und Leben der Un-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0225" n="225"/>
von einer &#x017F;olchen &#x017F;klavi&#x017F;chen Unterwu&#x0364;rfigkeit unter<lb/>
den Willen der Obern gerade das Gegentheil. Da-<lb/>
vid, Jerobeam, Jehu und die Makkaba&#x0364;er lehnten<lb/>
&#x017F;ich mit gewaffneter Hand gegen diejenigen auf,<lb/>
welche nach der gegenwa&#x0364;rtigen <hi rendition="#g">heiligen</hi> Legiti-<lb/>
mita&#x0364;tslehre ihre rechtma&#x0364;ßigen Oberherren waren.<lb/>
Jm alten Te&#x017F;tamente finden die <hi rendition="#g">legitimen</hi> Des-<lb/>
poten al&#x017F;o wenig Tro&#x017F;t fu&#x0364;r ihre Willku&#x0364;hr, und<lb/>
eben &#x017F;o wenig im neuen, am allerwenig&#x017F;ten aber<lb/>
in den Lehren un&#x017F;ers go&#x0364;ttlichen Erlo&#x0364;&#x017F;ers. Was &#x017F;oll<lb/>
da wohl am Ende aus dem heiligen despoti&#x017F;chen<lb/>
Prinzip werden, welches an der Vernunft, am Gei-<lb/>
&#x017F;te der Zeit und der Stimme aller Vo&#x0364;lker die hef-<lb/>
tig&#x017F;ten Wider&#x017F;acher hat, und &#x017F;elb&#x017F;t in der Bibel<lb/>
nicht einmal eine zuverla&#x0364;ßige Stu&#x0364;tze &#x017F;uchen kann? <note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="*)">Nach der Schlacht von Malplaquet &#x017F;ahe &#x017F;ich Lud-<lb/>
wig <hi rendition="#aq">XIV.</hi> geno&#x0364;thigt, die großen Grundbe&#x017F;itzer gleich-<lb/>
falls mit einer &#x017F;ehr dru&#x0364;ckenden Abgabe zu belegen,<lb/>
welche er &#x017F;chon fru&#x0364;her, ohne &#x017F;ich das minde&#x017F;te Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en daraus zu machen, von dem a&#x0364;rmern Theil<lb/>
der Nation, dem Bu&#x0364;rger- und Bauern&#x017F;tande erho-<lb/>
ben hatte. Jetzt aber befragte er zuvor &#x017F;einen<lb/>
Beichtvater le Tellier und die Sorbonne: ob er<lb/>
ein Recht habe, auch die großen Gutsbe&#x017F;itzer mit je-<lb/>
ner Abgabe zu belegen? Sie antworteten ihm: die Gu&#x0364;-<lb/>
ter &#x017F;einer Unterthanen geho&#x0364;rten ihm; und er na&#x0364;hme<lb/>
nur, was &#x017F;ein wa&#x0364;re. Marmontel a. a. O. <hi rendition="#aq">Tome I.<lb/>
p.</hi> 148.<lb/>
Der Grund&#x017F;atz: daß Gut, Blut und Leben der Un-</note></p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0225] von einer ſolchen ſklaviſchen Unterwuͤrfigkeit unter den Willen der Obern gerade das Gegentheil. Da- vid, Jerobeam, Jehu und die Makkabaͤer lehnten ſich mit gewaffneter Hand gegen diejenigen auf, welche nach der gegenwaͤrtigen heiligen Legiti- mitaͤtslehre ihre rechtmaͤßigen Oberherren waren. Jm alten Teſtamente finden die legitimen Des- poten alſo wenig Troſt fuͤr ihre Willkuͤhr, und eben ſo wenig im neuen, am allerwenigſten aber in den Lehren unſers goͤttlichen Erloͤſers. Was ſoll da wohl am Ende aus dem heiligen despotiſchen Prinzip werden, welches an der Vernunft, am Gei- ſte der Zeit und der Stimme aller Voͤlker die hef- tigſten Widerſacher hat, und ſelbſt in der Bibel nicht einmal eine zuverlaͤßige Stuͤtze ſuchen kann? *) *) Nach der Schlacht von Malplaquet ſahe ſich Lud- wig XIV. genoͤthigt, die großen Grundbeſitzer gleich- falls mit einer ſehr druͤckenden Abgabe zu belegen, welche er ſchon fruͤher, ohne ſich das mindeſte Ge- wiſſen daraus zu machen, von dem aͤrmern Theil der Nation, dem Buͤrger- und Bauernſtande erho- ben hatte. Jetzt aber befragte er zuvor ſeinen Beichtvater le Tellier und die Sorbonne: ob er ein Recht habe, auch die großen Gutsbeſitzer mit je- ner Abgabe zu belegen? Sie antworteten ihm: die Guͤ- ter ſeiner Unterthanen gehoͤrten ihm; und er naͤhme nur, was ſein waͤre. Marmontel a. a. O. Tome I. p. 148. Der Grundſatz: daß Gut, Blut und Leben der Un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/225
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/225>, abgerufen am 22.12.2024.