Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Wenn die Dienerin Gottes, eine Rächerin zur Stra-
fe über den der Böses thut, sich von dem Vorbe-
merkten etwas zu Schulden kommen läßt, so ist
sie keine Dienerin Gottes mehr, sondern eine Die-
nerin des Teufels, dem wir Christen beim Empfange
der heiligen Taufe feierlich allen Gehorsam aufgekün-
digt haben.

Der heilige Paulus war übrigens, als er je-
ne so oft von Zwingherren und Pfaffen gemiß-
brauchte Stelle niederschrieb, mit sich über die Be-
fugnisse der obrigkeitlichen Gewalt noch gar nicht
im Klaren; dies beweisen die vagen Ausdrücke, in
denen diese Ermahnung an die römischen Christen
abgefaßt ist. Die Handlungen des Apostels zeigen,
daß er dem Grundsatz vom blinden Gehorsam kei-
neswegs huldigte, denn sonst hätte er weder den
Juden, noch den Römern, noch den Griechen das
Evangelium verkündigen müssen.

Jene Anmahnung an die römischen Christen,
die unter den Verfolgungen der heidnischen Römer
schon dazumal litten, muß überhaupt als eine po-
litische Vorsichtsmaßregel, keineswegs als ein für
alle Christen verbindlicher Befehl: sich blindlings
der Willkühr ihrer Obern und Vorgesetzten zu unter-
werfen, betrachtet werden. Hätte es das Letztere
seyn sollen, so hätte Paulus auch die andern Chri-
sten in seinen übrigen Briefen zum blinden Gehor-
sam ermahnen müssen. Das alte Testament lehrt

Wenn die Dienerin Gottes, eine Raͤcherin zur Stra-
fe uͤber den der Boͤſes thut, ſich von dem Vorbe-
merkten etwas zu Schulden kommen laͤßt, ſo iſt
ſie keine Dienerin Gottes mehr, ſondern eine Die-
nerin des Teufels, dem wir Chriſten beim Empfange
der heiligen Taufe feierlich allen Gehorſam aufgekuͤn-
digt haben.

Der heilige Paulus war uͤbrigens, als er je-
ne ſo oft von Zwingherren und Pfaffen gemiß-
brauchte Stelle niederſchrieb, mit ſich uͤber die Be-
fugniſſe der obrigkeitlichen Gewalt noch gar nicht
im Klaren; dies beweiſen die vagen Ausdruͤcke, in
denen dieſe Ermahnung an die roͤmiſchen Chriſten
abgefaßt iſt. Die Handlungen des Apoſtels zeigen,
daß er dem Grundſatz vom blinden Gehorſam kei-
neswegs huldigte, denn ſonſt haͤtte er weder den
Juden, noch den Roͤmern, noch den Griechen das
Evangelium verkuͤndigen muͤſſen.

Jene Anmahnung an die roͤmiſchen Chriſten,
die unter den Verfolgungen der heidniſchen Roͤmer
ſchon dazumal litten, muß uͤberhaupt als eine po-
litiſche Vorſichtsmaßregel, keineswegs als ein fuͤr
alle Chriſten verbindlicher Befehl: ſich blindlings
der Willkuͤhr ihrer Obern und Vorgeſetzten zu unter-
werfen, betrachtet werden. Haͤtte es das Letztere
ſeyn ſollen, ſo haͤtte Paulus auch die andern Chri-
ſten in ſeinen uͤbrigen Briefen zum blinden Gehor-
ſam ermahnen muͤſſen. Das alte Teſtament lehrt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0224" n="224"/>
Wenn die Dienerin Gottes, eine Ra&#x0364;cherin zur Stra-<lb/>
fe u&#x0364;ber den der Bo&#x0364;&#x017F;es thut, &#x017F;ich von dem Vorbe-<lb/>
merkten etwas zu Schulden kommen la&#x0364;ßt, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie keine Dienerin Gottes mehr, &#x017F;ondern eine Die-<lb/>
nerin des Teufels, dem wir Chri&#x017F;ten beim Empfange<lb/>
der heiligen Taufe feierlich allen Gehor&#x017F;am aufgeku&#x0364;n-<lb/>
digt haben.</p><lb/>
        <p>Der heilige Paulus war u&#x0364;brigens, als er je-<lb/>
ne &#x017F;o oft von Zwingherren und Pfaffen gemiß-<lb/>
brauchte Stelle nieder&#x017F;chrieb, mit &#x017F;ich u&#x0364;ber die Be-<lb/>
fugni&#x017F;&#x017F;e der obrigkeitlichen Gewalt noch gar nicht<lb/>
im Klaren; dies bewei&#x017F;en die vagen Ausdru&#x0364;cke, in<lb/>
denen die&#x017F;e Ermahnung an die ro&#x0364;mi&#x017F;chen Chri&#x017F;ten<lb/>
abgefaßt i&#x017F;t. Die Handlungen des Apo&#x017F;tels zeigen,<lb/>
daß er dem Grund&#x017F;atz vom blinden Gehor&#x017F;am kei-<lb/>
neswegs huldigte, denn &#x017F;on&#x017F;t ha&#x0364;tte er weder den<lb/>
Juden, noch den Ro&#x0364;mern, noch den Griechen das<lb/>
Evangelium verku&#x0364;ndigen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Jene Anmahnung an die ro&#x0364;mi&#x017F;chen Chri&#x017F;ten,<lb/>
die unter den Verfolgungen der heidni&#x017F;chen Ro&#x0364;mer<lb/>
&#x017F;chon dazumal litten, muß u&#x0364;berhaupt als eine po-<lb/>
liti&#x017F;che Vor&#x017F;ichtsmaßregel, keineswegs als ein fu&#x0364;r<lb/>
alle Chri&#x017F;ten verbindlicher Befehl: &#x017F;ich blindlings<lb/>
der Willku&#x0364;hr ihrer Obern und Vorge&#x017F;etzten zu unter-<lb/>
werfen, betrachtet werden. Ha&#x0364;tte es das Letztere<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;ollen, &#x017F;o ha&#x0364;tte Paulus auch die andern Chri-<lb/>
&#x017F;ten in &#x017F;einen u&#x0364;brigen Briefen zum blinden Gehor-<lb/>
&#x017F;am ermahnen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Das alte Te&#x017F;tament lehrt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0224] Wenn die Dienerin Gottes, eine Raͤcherin zur Stra- fe uͤber den der Boͤſes thut, ſich von dem Vorbe- merkten etwas zu Schulden kommen laͤßt, ſo iſt ſie keine Dienerin Gottes mehr, ſondern eine Die- nerin des Teufels, dem wir Chriſten beim Empfange der heiligen Taufe feierlich allen Gehorſam aufgekuͤn- digt haben. Der heilige Paulus war uͤbrigens, als er je- ne ſo oft von Zwingherren und Pfaffen gemiß- brauchte Stelle niederſchrieb, mit ſich uͤber die Be- fugniſſe der obrigkeitlichen Gewalt noch gar nicht im Klaren; dies beweiſen die vagen Ausdruͤcke, in denen dieſe Ermahnung an die roͤmiſchen Chriſten abgefaßt iſt. Die Handlungen des Apoſtels zeigen, daß er dem Grundſatz vom blinden Gehorſam kei- neswegs huldigte, denn ſonſt haͤtte er weder den Juden, noch den Roͤmern, noch den Griechen das Evangelium verkuͤndigen muͤſſen. Jene Anmahnung an die roͤmiſchen Chriſten, die unter den Verfolgungen der heidniſchen Roͤmer ſchon dazumal litten, muß uͤberhaupt als eine po- litiſche Vorſichtsmaßregel, keineswegs als ein fuͤr alle Chriſten verbindlicher Befehl: ſich blindlings der Willkuͤhr ihrer Obern und Vorgeſetzten zu unter- werfen, betrachtet werden. Haͤtte es das Letztere ſeyn ſollen, ſo haͤtte Paulus auch die andern Chri- ſten in ſeinen uͤbrigen Briefen zum blinden Gehor- ſam ermahnen muͤſſen. Das alte Teſtament lehrt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/224
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/224>, abgerufen am 03.05.2024.