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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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wo den Wortführern der Staatsbürger, den Abge-
ordneten und Reichsständen der Mund mit Pen-
flonen, Bestechungen und Aemtern verstopft, oder gar
durch Drohungen und Strafen verschlossen ist, wo
der Thron von einer Schaar eigennütziger, selbst-
süchtiger Minister, Höflinge, Beichtväter, Zofen sorg-
sam bewacht, jede Bittschrift, jede Klage und Be-
schwerde vor ihrer Uebergabe an den Fürsten von
seinen Belagerern untersucht wird; ob sie auch ei-
ner begünstigten Kaste, einem Minister, Beamten
oder einem Lieblinge schaden könne; wie soll der
Regent dort jemals von den Leiden, den Bedürf-
nißen und Wünschen des Volks, und der Einzelnen
desselben von den Bedrückungen, welche sich obere
und untere Beamte erlauben, von den Ungerech-
tigkeiten der bevorzügtern Klassen gegen die minder
bevorzügten unterrichtet werden? Bureaukratie und
Beamtendespotismus werden, selbst wenn der Fürst
es noch so redlich meinte, überhand nehmen, die
Bewohner des unglücklichen Landes, deren Stimme
man nicht hören, auf deren stille Seufzer und
Thränen man nicht achten wollte, zur Verzweif-
lung treiben, und sie dahin bringen, das mit den
Waffen in der Hand zu fordern, was sie mit Wor-
ten nicht fordern durften. *)

*) Möchte für Deutschland wieder eine Zeit kommen,
wo Werke, wie Schlözers vortreffliche, und noch
immer schätzbare, Staatsanzeigen und sein Brief-

wo den Wortfuͤhrern der Staatsbuͤrger, den Abge-
ordneten und Reichsſtaͤnden der Mund mit Pen-
flonen, Beſtechungen und Aemtern verſtopft, oder gar
durch Drohungen und Strafen verſchloſſen iſt, wo
der Thron von einer Schaar eigennuͤtziger, ſelbſt-
ſuͤchtiger Miniſter, Hoͤflinge, Beichtvaͤter, Zofen ſorg-
ſam bewacht, jede Bittſchrift, jede Klage und Be-
ſchwerde vor ihrer Uebergabe an den Fuͤrſten von
ſeinen Belagerern unterſucht wird; ob ſie auch ei-
ner beguͤnſtigten Kaſte, einem Miniſter, Beamten
oder einem Lieblinge ſchaden koͤnne; wie ſoll der
Regent dort jemals von den Leiden, den Beduͤrf-
nißen und Wuͤnſchen des Volks, und der Einzelnen
deſſelben von den Bedruͤckungen, welche ſich obere
und untere Beamte erlauben, von den Ungerech-
tigkeiten der bevorzuͤgtern Klaſſen gegen die minder
bevorzuͤgten unterrichtet werden? Bureaukratie und
Beamtendespotismus werden, ſelbſt wenn der Fuͤrſt
es noch ſo redlich meinte, uͤberhand nehmen, die
Bewohner des ungluͤcklichen Landes, deren Stimme
man nicht hoͤren, auf deren ſtille Seufzer und
Thraͤnen man nicht achten wollte, zur Verzweif-
lung treiben, und ſie dahin bringen, das mit den
Waffen in der Hand zu fordern, was ſie mit Wor-
ten nicht fordern durften. *)

*) Moͤchte fuͤr Deutſchland wieder eine Zeit kommen,
wo Werke, wie Schloͤzers vortreffliche, und noch
immer ſchaͤtzbare, Staatsanzeigen und ſein Brief-
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[215/0215] wo den Wortfuͤhrern der Staatsbuͤrger, den Abge- ordneten und Reichsſtaͤnden der Mund mit Pen- flonen, Beſtechungen und Aemtern verſtopft, oder gar durch Drohungen und Strafen verſchloſſen iſt, wo der Thron von einer Schaar eigennuͤtziger, ſelbſt- ſuͤchtiger Miniſter, Hoͤflinge, Beichtvaͤter, Zofen ſorg- ſam bewacht, jede Bittſchrift, jede Klage und Be- ſchwerde vor ihrer Uebergabe an den Fuͤrſten von ſeinen Belagerern unterſucht wird; ob ſie auch ei- ner beguͤnſtigten Kaſte, einem Miniſter, Beamten oder einem Lieblinge ſchaden koͤnne; wie ſoll der Regent dort jemals von den Leiden, den Beduͤrf- nißen und Wuͤnſchen des Volks, und der Einzelnen deſſelben von den Bedruͤckungen, welche ſich obere und untere Beamte erlauben, von den Ungerech- tigkeiten der bevorzuͤgtern Klaſſen gegen die minder bevorzuͤgten unterrichtet werden? Bureaukratie und Beamtendespotismus werden, ſelbſt wenn der Fuͤrſt es noch ſo redlich meinte, uͤberhand nehmen, die Bewohner des ungluͤcklichen Landes, deren Stimme man nicht hoͤren, auf deren ſtille Seufzer und Thraͤnen man nicht achten wollte, zur Verzweif- lung treiben, und ſie dahin bringen, das mit den Waffen in der Hand zu fordern, was ſie mit Wor- ten nicht fordern durften. *) *) Moͤchte fuͤr Deutſchland wieder eine Zeit kommen, wo Werke, wie Schloͤzers vortreffliche, und noch immer ſchaͤtzbare, Staatsanzeigen und ſein Brief-

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/215>, abgerufen am 04.05.2024.