und ins Leben rufen. Diese Masse von Ansichten ist nicht das Werk einzelner Schriftsteller, sondern das Werk mancher Regierungen selbst, die durch heftigen Druck den Zunder in Flammen setzten, welchen sie jetzt durch noch heftigern Druck gerne auslöschen möchten, und immer mehr anfachen.
Durch strenge politische Censuren und durch Verbote sogenannter demagogischer oder jakobini- scher Schriften kann man keine gewaltsame Staats- umwälzungen verhüten, von denen der Keim in der schlechten Verfassung oder der Nichtverfassung eines Staats selbst liegt, und durch die Verletzung der Menschen- und Volksrechte und das Nichthalten ge- gebener Verheissungen, deren Erfüllung als noth- wendig gefühlt wird, bei den Völkern entwickelt ward. "Jhr glaubt," (sagt ein sehr geistreicher Schriftsteller, der Verfasser des Manuskripts aus Süddeutschland, dessen Buch man gleich- falls verbot, ohne es unterdrücken zu können,) Jhr glaubt, wenn Jhr die Diplomaten beruhigt habt, so sei Alles ruhig? Jhr vergeßt, daß hinter den Diplomaten noch Völker stehen, die ihre Jnteressen, ihre Bedurfnisse, sogar ihren eigenen Verstand ha- ben. Jhr möget das demokratische Prinzip aus al- len geschriebenen Konstitutionen ausstreichen; Gott hat es in die Natur der Dinge geschrieben, die länger dauern und mächtiger seyn wird, als alle Bann- formeln, die den Geist mit funfjährigem Jnterdikt
und ins Leben rufen. Dieſe Maſſe von Anſichten iſt nicht das Werk einzelner Schriftſteller, ſondern das Werk mancher Regierungen ſelbſt, die durch heftigen Druck den Zunder in Flammen ſetzten, welchen ſie jetzt durch noch heftigern Druck gerne ausloͤſchen moͤchten, und immer mehr anfachen.
Durch ſtrenge politiſche Cenſuren und durch Verbote ſogenannter demagogiſcher oder jakobini- ſcher Schriften kann man keine gewaltſame Staats- umwaͤlzungen verhuͤten, von denen der Keim in der ſchlechten Verfaſſung oder der Nichtverfaſſung eines Staats ſelbſt liegt, und durch die Verletzung der Menſchen- und Volksrechte und das Nichthalten ge- gebener Verheiſſungen, deren Erfuͤllung als noth- wendig gefuͤhlt wird, bei den Voͤlkern entwickelt ward. »Jhr glaubt,« (ſagt ein ſehr geiſtreicher Schriftſteller, der Verfaſſer des Manuſkripts aus Suͤddeutſchland, deſſen Buch man gleich- falls verbot, ohne es unterdruͤcken zu koͤnnen,) Jhr glaubt, wenn Jhr die Diplomaten beruhigt habt, ſo ſei Alles ruhig? Jhr vergeßt, daß hinter den Diplomaten noch Voͤlker ſtehen, die ihre Jntereſſen, ihre Bedurfniſſe, ſogar ihren eigenen Verſtand ha- ben. Jhr moͤget das demokratiſche Prinzip aus al- len geſchriebenen Konſtitutionen ausſtreichen; Gott hat es in die Natur der Dinge geſchrieben, die laͤnger dauern und maͤchtiger ſeyn wird, als alle Bann- formeln, die den Geiſt mit funfjaͤhrigem Jnterdikt
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und ins Leben rufen. Dieſe Maſſe von Anſichten
iſt nicht das Werk einzelner Schriftſteller, ſondern
das Werk mancher Regierungen ſelbſt, die durch
heftigen Druck den Zunder in Flammen ſetzten,
welchen ſie jetzt durch noch heftigern Druck gerne
ausloͤſchen moͤchten, und immer mehr anfachen.
Durch ſtrenge politiſche Cenſuren und durch
Verbote ſogenannter demagogiſcher oder jakobini-
ſcher Schriften kann man keine gewaltſame Staats-
umwaͤlzungen verhuͤten, von denen der Keim in der
ſchlechten Verfaſſung oder der Nichtverfaſſung eines
Staats ſelbſt liegt, und durch die Verletzung der
Menſchen- und Volksrechte und das Nichthalten ge-
gebener Verheiſſungen, deren Erfuͤllung als noth-
wendig gefuͤhlt wird, bei den Voͤlkern entwickelt
ward. »Jhr glaubt,« (ſagt ein ſehr geiſtreicher
Schriftſteller, der Verfaſſer des Manuſkripts
aus Suͤddeutſchland, deſſen Buch man gleich-
falls verbot, ohne es unterdruͤcken zu koͤnnen,) Jhr
glaubt, wenn Jhr die Diplomaten beruhigt habt,
ſo ſei Alles ruhig? Jhr vergeßt, daß hinter den
Diplomaten noch Voͤlker ſtehen, die ihre Jntereſſen,
ihre Bedurfniſſe, ſogar ihren eigenen Verſtand ha-
ben. Jhr moͤget das demokratiſche Prinzip aus al-
len geſchriebenen Konſtitutionen ausſtreichen; Gott
hat es in die Natur der Dinge geſchrieben, die
laͤnger dauern und maͤchtiger ſeyn wird, als alle Bann-
formeln, die den Geiſt mit funfjaͤhrigem Jnterdikt
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/213>, abgerufen am 22.12.2024.
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